Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter ihrem Präsidenten Thomas Jordan (59) hat 2022 einen massiven Verlust von 132 Milliarden Franken eingefahren. Dies gemäss provisorischen Berechnungen, wie die SNB am Montagmorgen schreibt. Die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone fällt damit aus.
Der Milliardenverlust ist keine Überraschung, nachdem in den ersten drei Quartalen des Jahres Verluste von 32,8 Milliarden, 62,4 Milliarden und 47,2 Milliarden resultiert hatten.
Im vierten Quartal wurde nun die Bilanz etwas aufgebessert: Unter dem Strich stand ein Gewinn von rund 10 Milliarden. Das reicht aber längst nicht, um das Jahresergebnis noch in die schwarzen Zahlen zu bringen.
Ausschüttungsreserve aufgefressen
Die SNB litt unter dem Rückgang an den Aktienmärkten. Alleine ihre Investition in den US-Elektroautokonzern Tesla unter Elon Musk (51) sollen die SNB im vergangenen Jahr 1,5 Milliarden gekostet haben.
Allein die Aufwertung des Schweizer Franken hat der SNB ein Minus von 131 Milliarden eingebrockt. Die Notenbank sitzt auf einem gewaltigen Berg an Fremdwährungen. Diese wurden zur Verteidigung des 2015 aufgegebenen Euro-Mindestkurses und danach zur Schwächung des Franken gekauft. Erst seit einigen Monaten verkauft die SNB wieder Devisen im kleinen Rahmen.
Auf dem Goldbestand resultierte ein Bewertungsgewinn von 0,4 Milliarden Franken.
Die SNB verfügte über eine Ausschüttungsreserve von 102,5 Milliarden Franken. Die Reserve wird vom Verlust nun komplett aufgefressen. Unter dem Strich resultiert ein Bilanzverlust von rund 39 Milliarden Franken.
Kantone mit knapperen Budgets
Die Finanzdirektorenkonferenz (FDK) bezeichnet das Ausbleiben der SNB-Ausschüttung als «unerfreulich». Allerdings hatten die Kantone bereits damit gerechnet: «Es ist bekannt, dass die Gewinne der SNB stark schwanken und Ausschüttungen nicht als selbstverständlich angesehen werden können», schreibt die FDK. Bereits im Geschäftsjahr 2013 seien die Gewinnausschüttungen ganz ausgefallen.
Es liege in der Kompetenz und Verantwortung jedes einzelnen Kantons, der Lage Rechnung zu tragen. Es gebe folglich Unterschiede zwischen den Kantonen betreffend Budgetierung. Generell könne man sagen, dass die Kantone in ihren Budgets für das Jahr 2023 eine geringere Gewinnausschüttung als in den Vorjahren erwartet hätten.
Letztes Jahr konnten sich die Säckelmeister von Bund und Kantonen noch über eine Gewinnausschüttung von 6 Milliarden Franken freuen – das ist der maximal mögliche Betrag. Das Geld ging zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone.
SNB bekommt trotz Rekordverlust Lob
Trotz Milliardenverlust hat die SNB ihren Job laut Experten gut gemacht: Geldpolitik-Experte Fabio Canetg (34) lobte die SNB noch vor wenigen Tagen im Blick: «Sie hat den Franken stärker werden lassen, um die Inflation tief zu halten. Das ist ihr gelungen.» Tatsächlich steht die Schweiz mit einer Teuerungsrate von 2,8 Prozent im internationalen Vergleich ausgezeichnet da.
«Dass die Nationalbank die Inflation über die Verluste stellt, ist ihr positiv anzurechnen», sagte Canetg. Auch 2023 soll die Nationalbank die geldpolitischen Ziele priorisieren. «Die SNB muss und kann es sich leisten, die Zinsen weiter zu erhöhen und Verluste einzufahren.»
Es handelt sich erst um provisorische Zahlen. Die definitiven Zahlen publiziert die SNB erst im März. Allzu viel ändern dürfte sich aber nicht mehr.
Starke Schwankungen sind die Regel
Die SNB betonte in der Vergangenheit stets, dass ihr Ergebnis überwiegend von der Entwicklung der Gold-, Devisen- und Kapitalmärkte abhängig sei. Starke Schwankungen seien deshalb die Regel.
Im Jahr 2021 etwa erzielte die SNB einen Gewinn von über 26 Milliarden Franken, im Jahr davor betrug der Überschuss gut 20 Milliarden.
Es gab aber auch schon vor 2022 Jahre mit hohen Verlusten, was jeweils vor allem mit einer schwachen Börsenentwicklung oder einem sehr starken Franken zu tun hatte. 2018 oder 2015 etwa waren solche Jahre: Da mussten die hiesigen Währungshüter Verluste von knapp 15 Milliarden beziehungsweise von über 23 Milliarden ausweisen. (SDA/sfa)