Die Schweizerische Nationalbank pumpt Geld in die Wirtschaft. Das hat sie am Donnerstag nicht nur im übertragenen Sinn getan. Auch wenn es ein Zufall ist, aber kurz nach Verkündigung der überraschenden Leitzinssenkung auf 1,5 Prozent wird es auf dem Bürkliplatz hinter dem Zürcher Sitz der Nationalbank plötzlich unruhig.
Schwer bewaffnete Polizisten schwärmen aus, sichern einen betont neutral aussehenden Lastwagen. Dieser holt Bargeld von der SNB ab, um es auch real in die Wirtschaft zu pumpen. Denn trotz aller digitalen Bezahlmöglichkeiten ist Bargeld immer noch das beliebteste Zahlungsmittel in der Schweiz.
Geschenk der SNB
In seiner gewohnt nüchternen Art verkündet der scheidende Nationalbank-Präsident das verfrühte Ostergeschenk für die Schweiz. Thomas Jordan (61) wehrt sich vehement dagegen, eine geldpolitische Entscheidung als «Abschiedsgeschenk» oder gar «als mutigen Entscheid» einzustufen. Lieber spricht er davon, dass so die «monetären Bedingungen angemessen bleiben». Mehr Thomas Jordan geht nicht.
Denn natürlich ist die Zinswende ein Geschenk für die Schweiz: für die Mieter und die Häuschenbesitzer, für die Exportindustrie ebenso wie für die Sparer. Sie profitieren zwar nicht von höheren Zinsen auf dem Konto, aber von einer tieferen Inflation. Diese knabbert viel weniger am realen Wert des Ersparten als noch vor einem Jahr. Keine Notenbank war erfolgreicher im Bekämpfen der Teuerung als die SNB.
Das SNB-Direktorium präsentierte die Zinswende in aufgeräumter Stimmung. Die drei Herren scheinen gut zu harmonieren. Auf die Frage eines Journalisten, was denn Vizepräsident Martin Schlegel (48) anders machen würde, sollte er tatsächlich SNB-Präsident werden, flachste Jordan dazwischen: «Diese Antwort würde mich jetzt auch interessieren.» Natürlich gab es keine Antwort, dafür viel Gelächter. Und auch der Neue – Antoine Martin (54) – hat sich im exklusiven Männerclub gut eingelebt, wie er auf Nachfrage bestätigte.
Ideale Ergänzung gesucht
Bei jeder Vakanz im Direktorium werden allerlei Begehrlichkeiten geäussert, ist auch immer wieder die Vergrösserung des Gremiums ein Thema. Auch das ehemalige Direktoriumsmitglied Andréa Mächler (55) hatte ihren Anteil an der erfolgreichen Bekämpfung der Teuerung in der Schweiz. Stünde nun eine ausgewiesene Geldpolitikerin zur Verfügung, um das Direktorium zu ergänzen, umso besser. Falls nicht, ist es auch kein Unglück. Es geht jetzt darum, eine Person zu finden, die das Gremium ideal ergänzt, damit die erfolgreiche Geldpolitik eine Fortsetzung findet.
In einem kleinen, verschwiegenen Dreier-Gremium, das sich von niemandem dreinreden lässt, unabhängig entscheidet, sich durch schlankere Strukturen als andere Notenbanken auszeichnet.
Auch wenn sich viele das wünschen, die Nationalbank muss in gesellschaftlichen Fragen nicht zwingend eine Leuchtturmfunktion haben. Viel wichtiger ist es, dass sie eine für die Schweiz und ihre Wirtschaft gute und stabile Geldpolitik betreibt. Und immer mal wieder für eine Überraschung sorgt.