Ist deine Firma geizig oder grosszügig? Hier zahlst du 2.40 Fr für deinen Pausenkaffee
Grosse Umfrage zeigt Kaffeepreise von Schweizer Arbeitgebern

In vielen Schweizer Büros ist der Kaffee gratis. Doch einige Unternehmen verlangen mehr als 2 Franken pro Tasse. Dabei ist das beliebte Wachmacher-Getränk keine Nebensache.
Publiziert: 16.04.2024 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2024 um 13:47 Uhr
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Kaffeepausen fördern die Kreativität – und auf Dauer auch den Unternehmenserfolg.
Foto: imago/Westend61
Tina Fischer
Handelszeitung

Nektar der Götter, Aroma der Morgendämmerung, Tropfen der Inspiration – in der Lyrik überschlagen sich die Begriffe für Kaffee. Was für Schriftsteller, Dichterinnen, aber auch für Wirtschaftsgranden und Normalsterbliche gilt: Ein guter Start in den Tag bedingt eine Tasse vom Schwarzgold. Es weckt die Lebensgeister, revitalisiert den Körper und fördert das Denken.

Für viele gehört denn auch der Kaffee am Arbeitsplatz zum Alltag. Nur: Der Bürokaffee verkommt immer wieder zur Kampfzone. Kaffeepausen mit Gratiskaffee erwarten viele. Doch die Recherche der «Handelszeitung» zeigt: Das ist gar nicht so selbstverständlich. Die Firmen gehen höchst unterschiedlich mit dem Kaffeethema um. 

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

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Der Café-crème-Index

Die Kaffeewelt ist ein heiss diskutiertes Thema. Eine Einigkeit findet sich nicht. Von 112 angefragten Firmen liessen 27 die Anfrage unbeantwortet, 6 wollten explizit keine Antwort geben. Nicht wenige vergewisserten sich zuerst, dass es sich bei der Anfrage nicht um einen Aprilscherz handelt.

Bei 48 von 79 antwortenden Firmen ist der Kaffee gratis. Die meisten erwähnen zusätzlich, dass Tee, Früchte, Wasser oder – zumeist im Falle von Schokoladenfirmen – auch heisse Schokolade gratis zur Verfügung stehen.

Spannend wird es da, wo der Kaffee kostet. Im befragten Sample gaben fast 40 Prozent der Firmen an, dass sie den Kaffee zwar quersubventionierten, ihre Belegschaft den Kaffee aber mitberappe.

Einsame Spitzenreiter ist dabei das Universitätsspital Zürich: Sie verlangen stolze 2.40 Franken pro Café crème. Dicht auf den Fersen folgen die Luzern Kantonalbank mit 2.20 Franken und die Unfallversicherung Suva mit 2 Franken.


Vier Firmen bewegen sich zwischen 1 und 2 Franken pro Kaffee. Bei sechs weiteren – Postfinance, St. Galler Kantonalbank, Post, Bell, Amag und Valora – kostet ein Café crème einen Einfränkler. Unter der 1-Franken-Grenze tummelt sich mit 17 Firmen mehr als die Hälfte. Die Preisspanne reicht von 50 bis 90 Rappen.

Kaffee als Zeichen der Wertschätzung

39 Prozent erheben also eine Kaffeegebühr. Eine hohe Zahl, die Kathrin Neumüller, Expertin für Mitarbeitendenbefragungen beim Schweizer Marktforschungsinstitut Value Quest, überrascht: «In den letzten Jahren sind viele Büros zur Wohlfühloase geworden – Gratiskaffee ist hier kaum mehr wegzudenken», so die Forscherin.

Für sie ist Kaffee kein Plus, sondern ein Muss. Vor allem auch, weil er für viel mehr steht, als die Firmen denken: «Gratiskaffee am Arbeitsplatz symbolisiert Wertschätzung, Fürsorge und fördert den sozialen Austausch unter Kolleginnen und Kollegen. Er ist nicht nur ein Wachmacher, sondern auch ein Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit vonseiten des Arbeitgebers.»

Neumüller dreht den Spiess kurzerhand um: «Ist Kaffee kostenpflichtig, so wirkt das als recht kleinlich.» Das könne eine rein transaktionale Firmenkultur befördern, bei der alles in Rappen und Franken abgerechnet werde. Die Mitarbeiterin überlegt sich dann, den Stift um punkt 17 Uhr fallen zu lassen und Dienst nach Vorschrift zu leisten, wenn sie sogar den Kaffee selber bezahlen muss. «Firmen verlangen immer mehr Leistung von ihren Mitarbeitenden, und im Gegenzug verlangen diese auch mehr von ihren Arbeitgebern», resümiert Neumüller.

Kaffeepausen als soziokultureller Austausch

Doch nicht nur der Kaffee führt zu Konflikten. Auch die Kaffeepausen – oder im Falle der Raucher und Raucherinnen die Rauchpausen – sind immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Kaffeepausen regen zwar die Kreativität an, sie fressen aber auch Arbeitszeit. Obwohl nach gängiger Auslegung der Arbeitsregeln Kaffeepausen nicht zur Arbeitszeit gehören, drücken die meisten Firmen ein Auge zu.

Das ist auch im Sinne Neumüllers: «Wer den monetären Verlust der Kaffeepausen mit einer reduzierten Mitarbeitendenleistung gleichsetzt, denkt zu eng und zu kurzfristig. Kaffeepausen sind essenziell, um ein konstruktives und positives Arbeitsklima herzustellen.»

Eine «soziokulturelle Rolle» attestiert Neumüller den Pausen. In Kaffeepausen, Rauchpausen und weiteren informellen Pausen finden Mitarbeitende oftmals Inspiration. Am Kaffeetischchen wird über das Geschäft geredet und gemeinsam über mögliche Lösungsansätze diskutiert. Das fördert die Arbeitsleistung, die Mitarbeiterkreativität und schlussendlich den Unternehmenserfolg. 

Es ist möglich, dass Mitarbeitende in Kaffeepausen verhocken und so das Geschäft verlangsamen – doch wo dies der Fall ist, nimmt die Forscherin die Firmen in die Pflicht: «Unternehmen sollten vielmehr über andere Wege nachdenken, die helfen, dass Mitarbeitende eigenverantwortlich mit ihrer Arbeitszeit umgehen. Klare Zielsetzungen, ein dynamisches Arbeitsumfeld und ein erfüllender Arbeitsinhalt machen es von vornherein gar nicht notwendig, Arbeitszeit durch langwierige Kaffeepausen totzuschlagen.»

Dieser Text wurde nach Publikation überarbeitet: In einer ersten Version hiess es, die Swisscom verlange 2.40 Franken pro Café crème. Die Preisangabe basierte auf einem Missverständnis auf Seiten der Swisscom Medienstelle.

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