Auf einen Blick
Die Meldung kam wie ein Paukenschlag: Der deutsche Nestlé-CEO Mark Schneider tritt per sofort ab, sein Nachfolger ist der Franzose Laurent Freixe. Erst ein Deutscher an der Spitze des Schweizer Konzerns, jetzt folgt ein Franzose. Schweizer Vertreterinnen und Vertreter finden sich im 16-köpfigen Führungsgremium von Nestlé keine.
Der Fall Nestlé ist extrem, aber nicht exotisch. Die Situation in anderen grossen Unternehmen sieht ähnlich aus. Eine vorläufige Auswertung des Personalberaters Guido Schilling zeigt, dass der Anteil internationaler Mitglieder auf Geschäftsleitungsstufe von SMI-Firmen dieses Jahr bei 73 Prozent liegt.
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Geringer fällt der Anteil bei den hundert grössten Schweizer Firmen aus. Hier stammen nur 40 Prozent der Geschäftsleitungsmitglieder aus dem Ausland. Nachvollziehbar, denn die Wertschöpfung vieler dieser Firmen konzentriert sich grossmehrheitlich auf die Schweiz.
Heute finden sich auf Stufe der Geschäftsleitung der grossen Schweizer Firmen 47 Nationalitäten, 2015 waren 33 Nationalitäten auf der Topebene vertreten. Woran liegt das? Finden sich hierzulande zu wenige Talente?
Können Schweizerinnen und Schweizer zu wenig?
Personalberater Schilling kennt mehrere Gründe für den hohen Ausländeranteil: «Es gibt in der Schweiz zwar einige führende Firmen, doch deren Anzahl ist gering. Das führt zu einem eingeschränkten Talentpool, da niemand sonst die benötigte Erfahrung aufweist.» Nestlé ist auch hierfür ein Beispiel: Der Lebensmittelkonzern ist die grösste Firma der Schweiz und macht nach Börsenwert 16 Prozent des SMI aus.
Andere Unternehmen wie Lindt und Sprüngli, Aryzta oder Emmi können bei Nestlé nach Talenten Ausschau halten. «Doch wenn Nestlé Positionen auf der obersten Führungsstufe füllen muss, finden sie hierzulande keine Leute mit vergleichbarer Erfahrung in Bezug auf die Firmengrösse.»
Zweitens fällt auf: Langjährige Karrieren in einem Konzern wie diejenige von Freixe werden seltener. Der neue Nestlé-CEO ist seit bald vierzig Jahren im Konzern, hat diverse Stationen durchlaufen und kennt das Geschäft in- und auswendig. «Früher schickten global tätige Firmen ihre Leute nach England, nach Lateinamerika und an weitere Standorte», erklärt Schilling. «Heute macht das genau noch eine Hilti.» Sie pflege als eines der wenigen diese Kultur, die meisten anderen Unternehmen setzten ihre Leute nach rund drei Jahren des Herumreisens an einem Ort fest.
«Die Arbeit mit Expats ist stark zurückgegangen», so Schilling. «Das beobachtet man besonders bei Firmen im industriellen Umfeld, aber auch im Banking. Sie entwickeln ihre Kader noch, aber nicht mehr so forciert wie früher. Mitunter aus Spargründen.»
Frauen verweilen kürzer im Führungsgremium
Die Königsdisziplin laut Schilling ist, Toptalente ins mittlere bis obere Kader zu holen und sie von da nach ganz oben zu entwickeln. Ein von ihm angeführtes Beispiel ist Yves Serra, der heutige Präsident des Industriekonzerns Georg Fischer.
Vor langer Zeit arbeitete Serra als Botschaftsangestellter in Manila, wechselte dann in die Industrie zu Sulzer. Dann warb ihn Georg Fischer ab, machte ihn zum Chef zweier Divisionen, bevor er ganz oben ankam.
Die Königsdisziplin gibt es heute immer seltener. Viele werben ihre Führungspersonen von anderen ab. Das wiederum beeinflusst aber auch die Dauer, in der die Personen im Gremium verweilen – insbesondere bei Frauen. Männer sitzen in der Regel sieben Jahre in Geschäftsleitungen, Frauen dagegen nur drei Jahre. Dann wartet eine nächste Herausforderung auf sie.
Managerinnen haben häufig einen ausländischen Pass
Sowieso, Schweizer Frauen auf Führungspositionen sind eine Rarität. Während ihre männlichen Kollegen zu 45 Prozent einen ausländischen Pass aufweisen, sind es bei den Frauen in den Top hundert und in den SMI-Firmen fast 60 Prozent.
Unabhängig vom Geschlecht stammen die meisten Ausländer in den hiesigen Geschäftsleitungen aus Deutschland. Mit dem Abgang von Mark Schneider ist es ein Deutscher weniger, dafür kommt mit Freixe ein Franzose dazu. Franzosen bilden nach den Amerikanern die drittgrösste Gruppe.
Dass die Amerikaner die zweitgrösste Gruppe bilden, überrascht auf den ersten Blick. Die bürokratischen Hürden, um hierzulande zu arbeiten, sind markant höher für Nichteuropäerinnen und Nichteuropäer als für Personen aus dem Schengen-Raum. «Viele Firmen hierzulande werden in einem angelsächsischen Stil gemanagt», erklärt Schilling. «Deshalb sitzen bei vielen Industrien Angelsachsen an der Spitze. Sie ziehen ihr Netzwerk nach.»
Englisch als Firmensprache
Das bringt eine weitere Hürde mit: die Sprache. Ob in Zürich, Vevey oder Basel – in den Gängen hört man immer häufiger Englisch. Eine Anfrage bei Schweizer SMI-Firmen zeigt, dass sie praktisch das gesamte Potpourri an Sprachen führen.
Als Grundlagen gelten hierzulande die drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Englisch gewinnt jedoch klar an Gewicht. Investoren-Calls erfolgen in der Regel nur noch auf Englisch, Geschäftsergebnisse werden auf Englisch und Deutsch publiziert. Im Falle der ABB zusätzlich auf Schwedisch. Viele Firmen wie beispielsweise Roche kommunizieren ihre Jahresergebnisse zwar auf Englisch, bieten aber gleichzeitig eine Simultanübersetzung ins Deutsche an.
«I invite you»: Viele Schweizerinnen und Schweizer nutzen diesen Ausdruck, um beim Geschäftsessen die Rechnung des Gegenübers zu übernehmen. Richtig wäre «It’s on me» oder «Let me get this».
«I will email you until next Friday»: «Until» in diesem Zusammenhang ist schlichtweg falsch, denn es bedeutet, dass man bis Freitag nichts anderes macht, als fortlaufend jemanden anzurufen. Korrekt heisst es «I will email you by Friday».
«We see us next week»: Populär in der Wirtschaftswelt, aber grammatikalisch falsch. Geht es um eine Gruppe, lautet die korrekte Lösung «We will see us next week», bei zwei Personen heisst es schlicht «See you next week».
«Can you give me some informations/advices?»: Informationen haben im Englischen ebenso wie Ratschläge keinen Plural. Entsprechend heisst es «I need some information» oder «Can you give me some advice?»
«I came with the train»: Wer das sagt, bringt sein englischsprachiges Gegenüber zum Lachen. Denn übersetzt bedeutet die Aussage, dass man den Zug mitgenommen und jetzt dabei hat. Auf Englisch heisst es korrekt: «I took the train» oder «I caught the train».
«We discussed about last month’s figures»: Eine eingedeutschte Version von «über etwas diskutieren». Auf Englisch aber entfällt das deutsche «über», es heisst also «We discussed last month’s figures». Steht jedoch das Nomen «discussion» davor, folgt ein «über»: «We had a discussion about last month’s figures.»
«I invite you»: Viele Schweizerinnen und Schweizer nutzen diesen Ausdruck, um beim Geschäftsessen die Rechnung des Gegenübers zu übernehmen. Richtig wäre «It’s on me» oder «Let me get this».
«I will email you until next Friday»: «Until» in diesem Zusammenhang ist schlichtweg falsch, denn es bedeutet, dass man bis Freitag nichts anderes macht, als fortlaufend jemanden anzurufen. Korrekt heisst es «I will email you by Friday».
«We see us next week»: Populär in der Wirtschaftswelt, aber grammatikalisch falsch. Geht es um eine Gruppe, lautet die korrekte Lösung «We will see us next week», bei zwei Personen heisst es schlicht «See you next week».
«Can you give me some informations/advices?»: Informationen haben im Englischen ebenso wie Ratschläge keinen Plural. Entsprechend heisst es «I need some information» oder «Can you give me some advice?»
«I came with the train»: Wer das sagt, bringt sein englischsprachiges Gegenüber zum Lachen. Denn übersetzt bedeutet die Aussage, dass man den Zug mitgenommen und jetzt dabei hat. Auf Englisch heisst es korrekt: «I took the train» oder «I caught the train».
«We discussed about last month’s figures»: Eine eingedeutschte Version von «über etwas diskutieren». Auf Englisch aber entfällt das deutsche «über», es heisst also «We discussed last month’s figures». Steht jedoch das Nomen «discussion» davor, folgt ein «über»: «We had a discussion about last month’s figures.»
Die Intranets der verschiedenen Firmen werden hierzulande mindestens in drei Sprachen geführt. Die meisten führen sie gar in fast jeder Landessprache, in der sie tätig sind.
Warum nicht mit Übersetzer arbeiten?
Die Menge an Sprachen erhöht nicht nur die Komplexität der Kommunikation, sie birgt auch gesellschaftliche Hürden sowie Verständigungsprobleme. Englisch hat sich zur Hauptsprache gewandelt, doch nicht alle sind mit der Sprache so vertraut, wie es notwendig wäre für die Führung einer Unternehmung.
Umso wichtiger ist, dass Führungspersonen sich trotzdem greifbar machen und ihre Mitarbeitenden in den Aussenstandorten besuchen. Dass sie, soweit möglich, versuchen, sich mit ihnen auszutauschen und bei Verständnisschwierigkeiten Übersetzer dabei haben. Denn gemeinsame Elemente und greifbare CEO kommen bei der Belegschaft stets besser an als neutrale Communiqués im Intranet.