Vielen Köchen und Köchinnen schlägt der Beruf auf den Magen. Fehlende Wertschätzung, lange Arbeitstage, Stress, die oftmals tiefe Entlöhnung und die Arbeit am Abend sowie an Wochenenden setzt den Angestellten zu. «Die Gäste haben keine Ahnung, wie das bei uns in der Küche abläuft», sagte die gelernte Köchin Miriam Fassbind (19) im SonntagsBlick. Manche zwingt der Frust in der Küche gar zum Berufsausstieg.
Gastrobetriebe leiden seit Jahren unter einem Fachkräftemangel, nicht nur in der Küche, sondern auch im Service ist gutes Personal äusserst schwierig zu finden. Doch wie viel davon ist hausgemacht?
Vier-Tage-Woche und bargeldloses Bezahlen gegen Fachkräftemangel
«Gastronomieberufe sind nicht mehr genügend attraktiv, besonders nicht für junge Menschen mit Familie», sagt Mediensprecherin Judith Reidenbach von der Familie Wiesner Gastronomie. Das Gastrounternehmen beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter in 32 Betrieben in Zürich, Bern, Basel, Zug, Luzern, Uster ZH und Winterthur ZH. Damit sie die Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten kann, führt die Gastrokette gegenwärtig eine Vier-Tage-Woche ein. Ende 2023 stellen die Betriebe zudem auf ein bargeldloses Bezahlungssystem um. Damit soll den Angestellten im Service mehr Zeit für die Betreuung der Gäste bleiben, was der Zufriedenheit aller diene.
Küchenchef Jérôme Baschung (44) führt seit sieben Jahren mit seiner Partnerin und Geschäftsführerin Nadine Bielitz (46) das Restaurant Convivio in Zürich. «Die Löhne für Köche sind in Anbetracht der strengen Arbeit sicher oft zu tief, gerade in Zürich bei den hohen Mieten», sagt er. Gute Leute sind gefragt. Deshalb hätten diese in den letzten Jahren eine bessere Verhandlungsposition. «Doch wir Arbeitgeber müssen bei den Mieten enorme Kosten stemmen und auch hochwertige Lebensmittel sind sehr teuer, deshalb ist der Spielraum bei den Löhnen begrenzt», so Baschung. Schliesslich sei bei den Preisen irgendwann auch eine Decke erreicht. Auch bei der Familie Wiesner Gastronomie sieht man beim Preisniveau keinen Spielraum mehr nach oben.
Arbeitsklima wichtiger als Lohn
Die Betriebe müssen also anderswo ansetzen. Der Lohn sei aber sowieso nicht das zentrale Element, ist Casimir Platzer (61), Präsident des Branchenverbandes Gastrosuisse, überzeugt: «Gerade letzte Woche habe ich an einer Tagung teilgenommen, wo die fünf wichtigsten Faktoren für junge Leute der Generation Z präsentiert wurden, um im Job motiviert zu sein und die geforderte Leistung zu erbringen. Ein höherer Lohn kam erst an fünfter Stelle.» Viel wichtiger wären andere Faktoren wie ein gutes Verhältnis im Team, flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten und Wertschätzung.
Auf ein gutes Arbeitsklima legt auch der Berner Gastronom Tobias Burkhalter (54) viel Wert. «Seit ich mich vor 20 Jahren selbständig gemacht habe, sind mir die Wertschätzung und gegenseitige Unterstützung wichtig. In der Stadt kann man sich ein schlechtes Betriebsklima schon lange nicht mehr erlauben. Sonst findet man kein Personal», sagt er. Auch bei der Familie Wiesner Gastronomie hebt man das familiäre Betriebsklima hervor.
Betriebe, die viele dieser Faktoren erfüllen, haben es bei der Mitarbeitersuche deutlich leichter. Der gravierende Personalmangel in vielen Restaurants zeigt jedoch, dass dies lange nicht überall der Fall ist.