Die Preise für Schweizer Wohnimmobilien sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr – sogar Nationalbank-Präsident Thomas Jordan warnt vor einem Preisrutsch. Werden die Preise tatsächlich fallen?
Roland Süsstrunk: Die Preise für Renditeimmobilien im Wohnbereich sind bereits gefallen, allerdings geringfügig. Beim Wohneigentum gab es bislang keine Anzeichen einer grösseren Preiskorrektur. Die weitere Preisentwicklung hängt stark von der Zinsentwicklung in den nächsten Monaten ab. Ich sehe keine Gefahr, dass die Preise von Renditeimmobilien im Wohnsektor ins Rutschen geraten, denn die Nachfrage nach Wohnraum steigt, und die Vermieterinnen und Vermieter können die Mieten an höhere Referenzzinssätze anpassen. Zudem hat die Schweizerische Nationalbank im Dezember des vergangenen Jahres eine geldpolitische Wende signalisiert. Ökonomen, Ökonominnen und andere Kapitalmarktteilnehmende erwarten wieder Zinssenkungen ab Mitte 2024.
Der Ständerat will das Bauen in lärmigen Gebieten erleichtern und das Umweltgesetz entsprechend ändern. Könnte eine solche Gesetzesänderung dem Wohnungsbau Schub verleihen?
Allein in der Stadt Zürich ist der Bau von rund tausend Wohnungen durch Lärmschutzvorgaben blockiert. Ich begrüsse alle Massnahmen, die geeignet sind, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Die Erleichterung des Bauens in lärmigen Gebieten allein wird allerdings nicht ausreichen, dem Wohnungsbau den nötigen Schub zu verleihen.
Nachfrage und Angebot bei Mietwohnungen klaffen auseinander. Wird der Wohnungsbau auf den grossen Bedarf reagieren?
Die Marktmechanismen legen nahe, dass der Mietwohnungsbau stark zunehmen müsste. Vorauslaufende Indikatoren zeigen allerdings nicht in diese Richtung. Das hängt auch damit zusammen, dass das revidierte Raumplanungsgesetz die Einzonung von unbebautem Land einschränkt und gleichzeitig die Verdichtung vielerorts ausgebremst wird. Die Politik ist gefordert, hier bessere Lösungen zu ermöglichen.
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Sie fädeln auch Club Deals ein, also eine Finanzierungsform mit mehreren Investierenden. Wie populär sind solche Vehikel, und wie sehen die Vorteile aus?
Club Deals haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Sie bilden im Immobilienbereich jedoch ein Nischenprodukt, bei dem ein paar wenige Investorinnen und Investoren gemeinsam die Finanzierung eines Immobilienprojektes übernehmen. Zur Umsetzung beauftragen sie eine professionelle Beraterin. Diese Form der Investition ermöglicht es den Anlegenden, gemeinsam grössere Projekte zu finanzieren und gleichzeitig ihre individuellen Risiken zu minimieren. Jeder Club Deal wird speziell auf die Bedürfnisse der beteiligten Investoren zugeschnitten. Die Investoren können in der Regel auf der Basis eines detailliert ausgearbeiteten Businessplans auf die Strategie und Entscheidungen direkt Einfluss nehmen.
Auch für Wohnbaugenossenschaften sind Sie tätig. Fällt den Genossenschaften das Bauen leichter, weil sie von ihrem guten Ruf in Politik und Gesellschaft profitieren?
Der Zweck einer Wohnbaugenossenschaft ist in erster Linie, ihren Mitgliedern preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Genossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag zur Diversifikation des Wohnungsangebots und damit zur sozialen Durchmischung von städtischen Quartieren oder Gemeinden. Unabhängig von ihrem guten Ruf können Genossenschaften jedoch nicht mit tieferen Hürden oder günstiger bauen als private Bauherrschaften. Tendenziell bauen Genossenschaften sogar etwas teurer, weil sie mehr Flächen für soziale Begegnungen zur Verfügung stellen und grosses Gewicht auf Nachhaltigkeit legen.
Vorteile haben Genossenschaften jedoch, wenn sie Grundstücke im Baurecht übernehmen können – oder bei der Finanzierung von Bauvorhaben. Es gibt mehrere Finanzierungsinstrumente spezifisch für Genossenschaften. Genossenschaften stellen relativ günstigen Wohnraum zur Verfügung, aber nur in einem begrenzten Umfang. Sie allein können das Problem der Wohnungsknappheit nicht lösen.
Die Schadstoffemissionen von Immobilien müssen sinken, damit die Schweiz ihre Klimaziele erreichen kann. Wird dieser grüne Umbau Mieten und Immobilienpreise nach oben treiben?
Nicht unbedingt. Bei neu erstellten Objekten hängen die erzielbaren Preise von den Marktgegebenheiten und weniger von den Kosten ab. Und bei bestehenden Liegenschaften können nur wertvermehrende Investitionen auf die Miete überwälzt werden. Der Ersatz einer Öl- oder Gasheizung durch erneuerbare Energiequellen ist beispielsweise nicht per se wertvermehrend. Andere «grüne» Investitionen können zwar auf die Mieten überwälzt werden, jedoch führt dies in der Regel zu geringeren Nebenkosten, von denen Mieterinnen und Mieter anschliessend profitieren.
Roland Süsstrunk beantwortete die Fragen schriftlich.