Immobilienbesitzer suchen verzweifelt nach Mietern
«12 Mietzinse geschenkt!»

Der Markt für Büro- und Gewerbeflächen ist schon lange angespannt. Corona hat die Situation verschärft. Die Folge: aussergewöhnliche Angebote.
Publiziert: 05.07.2020 um 08:21 Uhr
|
Aktualisiert: 05.07.2020 um 14:35 Uhr
1/7
Die Bürofläche in Buchs im St. Galler Rheintal steht seit längerem leer. Nun werden potenzielle Mieter mit einem eindeutigeren Angebot geködert: «Die ersten 12 Nettomietzinse erhalten Sie geschenkt!»
Foto: ZVG
Thomas Schlittler

Das Inserat für mehrere Hundert Quadratmeter Büro­fläche in Buchs SG klingt verlockend: «Direkt an der lebendigen Bahnhofstrasse stehen Ihnen ab sofort helle und moderne Büroflächen zur Verfügung. Nutzen Sie die Chance, Ihre Kunden an zentraler und repräsentativer Lage zu empfangen.»

Doch niemand griff zu. Die ­Bürofläche im St. Galler Rheintal steht seit längerem leer. Nun werden potenzielle Mieter mit einem eindeutigeren Angebot geködert: «Die ersten zwölf Nettomietzinse erhalten Sie geschenkt!»

Der Versicherungskonzern ­Mobiliar, Eigentümer der Liegenschaft, kommentiert die ungewöhnliche Taktik so: «Rabatt-­Angebote entstehen individuell, je nach Objekt.» In Buchs SG gelte die Vermietung von Büroflächen generell als anspruchsvoll. Mit ­Corona habe das nichts zu tun.

Ungewöhnlich für die Peripherie

Doch auch anderswo locken ­mietfreie Monate für Büro- und Gewerbeflächen: In Thalwil ZH sind 306 Quadratmeter Rohbau sechs Monate gratis zu haben. In Bad Zurzach AG ein Ladenlokal von 188 Quadratmetern. Und im Westen der Stadt Bern sind neue Büroräumlichkeiten mit einer Fläche von 1460 Quadratmeter drei Monate umsonst zu haben.

Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Doch Martin Neff (59), Immobilienexperte und Chefökonom bei Raiffeisen, sagt dazu: «Drei, sechs oder gar zwölf mietfreie Monate sind selbst in der Peripherie ungewöhnlich und an der oberen Grenze.» Er gibt aber zu bedenken, dass viele Immobilieneigentümer ein grosses, breit diversifiziertes Portfolio und einen sehr langfristigen Anlagehorizont hätten: «Die Rentabilität einer Liegenschaft wird über 30 bis 50 Jahre hinweg berechnet. Da fallen ein paar mietfreie Monate kaum ins Gewicht.»

Nachfrage nach Büroflächen sinkt weiter

Klar ist aber auch: Der Markt für kommerzielle Liegenschaften ist angespannt. Das war schon vor Corona so. Doch nun hat sich die Situation nochmals verschärft.

«Vor allem kleine Geschäfte wurden von der Krise beziehungsweise von der angeordneten Schliessung hart getroffen», sagt Donato Scognamiglio (50), CEO der Immobilienberatungsfirma IAZI. Für viele dürfte es deshalb schwierig werden, die Folgen der Krise langfristig tragen zu können. «Das birgt die Gefahr von Konkursen und Leerständen.»

Unklar ist laut Scognamiglio auch, welche Auswirkungen der Trend zum Homeoffice haben wird. «Fast jeder CEO, den ich kenne, arbeitet an einem Home­office-Konzept.»

Die mögliche Folge liegt auf der Hand: die Nachfrage nach Büroflächen sinkt weiter – und Interessenten werden möglicherweise mit noch mehr mietfreien Monaten geködert.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.