Immer mehr Enttäuschung, Ärger und Frust
Darum fühlen sich Hauskäufer schlecht beraten

Das Geschäft mit Hypotheken boomt. Immer mehr Anbieter wollen Hauskäufern unter die Arme greifen. Banken setzen auf Digitalisierung und automatisierte Prozesse. Das Resultat: Verärgerte Kunden, die sich schlecht beraten fühlen.
Publiziert: 12.07.2021 um 17:22 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2021 um 10:51 Uhr
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«Wir erleben es immer häufiger, dass Kunden nach Gesprächen mit Bankberatern enttäuscht zu uns kommen», sagt Adrian Wenger (49), Spezialist für Hypotheken beim VZ Vermögenszentrum.
Foto: zVg
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Dorothea Vollenweider

Das Rentnerehepaar will sein Einfamilienhaus verkaufen, liebäugelt stattdessen mit einer ebenerdigen Eigentumswohnung. Es geht zu seiner Hausbank, um sich beraten zu lassen. «Wir hatten viele Fragen», sagt Anton M.* zu Blick. Das Ehepaar möchte seinen Namen und den seiner Bank nicht in der Zeitung lesen.

Bei einem Gesprächstermin wollten sie klären, ob es der richtige Zeitpunkt sei, das Einfamilienhaus zu verkaufen. Und ob sie mit einer neuen Liegenschaft eine gute Rendite erzielen könnten. Doch der Bankangestellte hat keine Antworten auf ihre Fragen. Er klärt mittels eines Standard-Fragebogens ihre finanzielle Lage und drückt ihnen am Ende des Gesprächs eine Offerte für eine Hypothek in die Hand. Die Pensionäre sind verwirrt und keinen Schritt weiter.

Schlechte Erfahrungen häufen sich

Das Ehepaar ist kein Einzelfall, auch immer mehr andere Hypothekarnehmer machen derzeit schlechte Erfahrungen. «Wir erleben es immer häufiger, dass Kunden nach Gesprächen mit Bankberatern enttäuscht zu uns kommen», sagt Adrian Wenger (49), Spezialist für Hypotheken beim VZ Vermögenszentrum.

Eine Kundin aus Wil SG wollte mit einer neuen Hypothek auch Fragen zum Nachlass klären, weil sie Land als Erbvorbezug bekommen habe. «Doch der Berater drückte mir einfach eine Offerte in die Hand», so die Kundin.

Wenger vom VZ erzählt weiter: «Einer unserer Kunden kam mit einem riesigen Bauprojekt im Umfang von mehreren Millionen Franken zu uns.» Er wollte eine Einschätzung zum Projekt mit den wichtigsten Kennzahlen wie beispielsweise die Marktmieten in dieser Region.

Verkäufer statt Finanzspezialisten

Die Beratung bei seiner Hausbank lief ins Leere. Der Bankberater erklärte dem Kunden, das Bauprojekt sei nicht finanzierbar. Haarsträubend: Am Ende des Gesprächstermins drückte er dem Kunden trotzdem eine Offerte für eine Hypothek in die Hand. «Der Kunde verstand die Welt nicht mehr. War das Projekt nun finanzierbar oder nicht?», so Wenger.

Bankberater sind heute oft gut geschulte Verkäufer. «Das Fachwissen spielt immer weniger eine Rolle», weiss der Immo-Experte. Eine Hypothek kann schliesslich auch im Internet abgeschlossen werden. Es ist ein standardisiertes Produkt, mit dem sich immer mehr Anbieter eine goldige Nase verdienen wollen.

Hypothek für den Mainstream

Auch bei persönlichen Gesprächen mit Bankberatern kommen immer häufiger Tablets zum Einsatz. «Bei einer 08/15-Hypothek funktioniert das wunderbar», so Wenger. Doch sobald das Bedürfnis der Kunden von der Standardlösung abweiche, seien solche automatisierten Abläufe nicht mehr hilfreich.

«Auch zu uns kommen vermehrt Kunden, die bei der Bank unzureichend beraten wurden», sagt Ruedi Tanner (56), Präsident der Schweizerischen Maklerkammer (SMK). Aus seiner Sicht gibt es neben der Vereinheitlichung des Produkts für den Massenmarkt ein weiteres Problem: Heute werden Hypotheken von Anbietern verkauft, die zusätzlich auch gleich noch eine Versicherung und ein Zügelunternehmen vermitteln.

Sorglospakete hinterfragen

«Grosse Finanzinstitute bauen ganze Ökosysteme rund um den Immobilienkauf auf – das finde ich heikel», so Tanner. «Da fragt man sich, wie unabhängig ein solches Sorglospaket noch sein kann.» Kümmert es den Hypothekenanbieter in diesem Fall noch, ob der Hauskäufer längerfristig eine gute Entscheidung trifft? Oder will er einfach nur seine Zusatzleistungen verkaufen?

Wenger vom VZ Vermögenszentrum rät Hypothekarnehmern: «Grundsätzlich sollte man sich immer fragen, wer einem das Produkt verkaufen will.» Es gebe einige Testfragen, die laut Wenger sofort entlarven, wer einem gegenübersitzt: ein Verkäufer oder ein Finanzspezialist.

* Name der Redaktion bekannt

So entlarven Sie schlechte Finanzberater

Nicht jeder Kunde braucht den Rat eines Finanzspezialisten, um eine Hypothek abzuschliessen. Wer selbst etwas von Hypotheken versteht und auf der Suche nach einer Standardlösung ist, dem wird es reichen, die Produkte verschiedener Anbieter zu vergleichen. Für Wohn- oder Bauprojekte, die nach einer massgeschneiderten Lösung verlangen, braucht es jedoch ein Beratungsgespräch mit einem Spezialisten.

Wie gut ein Berater über sein Finanzprodukt Bescheid weiss, lässt sich mit einigen Fragen schnell klären. «Haken Sie nach, wenn Ihnen eine Standardlösung angeboten wird», sagt Adrian Wenger (49), Spezialist für Hypotheken beim VZ Vermögenszentrum. Fragen Sie beispielsweise: Wie sieht die Tragbarkeit aus, wenn ich in Pension gehe? Oder: Was passiert, wenn ich das Eigenheim vor Vertragsende verkaufen muss? «Gute Berater können auch Fragen beantworten, auf die es auf ihrem Tablet keine Antwort gibt», sagt Wenger. «Ausweichende Antworten sind ein Zeichen fehlender Kompetenz.» (dvo)

Nicht jeder Kunde braucht den Rat eines Finanzspezialisten, um eine Hypothek abzuschliessen. Wer selbst etwas von Hypotheken versteht und auf der Suche nach einer Standardlösung ist, dem wird es reichen, die Produkte verschiedener Anbieter zu vergleichen. Für Wohn- oder Bauprojekte, die nach einer massgeschneiderten Lösung verlangen, braucht es jedoch ein Beratungsgespräch mit einem Spezialisten.

Wie gut ein Berater über sein Finanzprodukt Bescheid weiss, lässt sich mit einigen Fragen schnell klären. «Haken Sie nach, wenn Ihnen eine Standardlösung angeboten wird», sagt Adrian Wenger (49), Spezialist für Hypotheken beim VZ Vermögenszentrum. Fragen Sie beispielsweise: Wie sieht die Tragbarkeit aus, wenn ich in Pension gehe? Oder: Was passiert, wenn ich das Eigenheim vor Vertragsende verkaufen muss? «Gute Berater können auch Fragen beantworten, auf die es auf ihrem Tablet keine Antwort gibt», sagt Wenger. «Ausweichende Antworten sind ein Zeichen fehlender Kompetenz.» (dvo)

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