Hypotheken-Ärger für Schweizer Auswanderer Thomas Gürster
«Verliere ich nun mein Haus in der Schweiz?»

Thomas Gürster lebt in Kanada, hat aber noch ein Haus in der Schweiz, in das er im Ruhestand einziehen will. Weil er nicht in der Schweiz wohnt, kündigt ihm die Raiffeisen die Finanzierung. Die Bank will Kunden im Ausland nicht mehr betreuen. Er ist kein Einzelfall.
Publiziert: 12.12.2022 um 00:34 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2022 um 18:53 Uhr
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Thomas Gürster (56) vor seinem Haus in Münchwilen AG.
Foto: zVg
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

Es ist Anfang Dezember. In der Kleinstadt Princeton in der kanadischen Provinz British Columbia liegt bereits ein halber Meter Schnee. Die Temperatur: bei frostigen minus 20 Grad. Zum nächsten Laden sind es 30 Kilometer. Hier, weitab von der Zivilisation, hat der Auslandschweizer Thomas Gürster (56) seit 20 Jahren ein Haus im Stil eines Schweizer Chalets.

«Doch im Alter ist das Leben im Winter dort beschwerlich», sagt Gürster zu Blick. «Deshalb habe ich geplant, die Wintermonate künftig in der Schweiz zu verbringen.»

Gürster will sein Haus behalten

Denn der Schweizer besitzt in Münchwilen AG noch ein Haus. Bis vor kurzem war es vermietet, nun will es der Auslandschweizer vorerst im Winter jeweils für sich nutzen.

Solange er noch nicht pensioniert ist, sieht Gürster seinen Lebensmittelpunkt in Kanada. Der ehemalige Handwerksmeister der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) kauft dort Häuser, höhlt sie aus, saniert sie, um sie dann wieder zu verkaufen oder zu vermieten.

Hypothek vor Vertragsende gekündigt

Seine Pläne für einen Lebensabend mit milden Wintermonaten in der Schweiz stehen nun plötzlich auf der Kippe. Der Grund: Die Raiffeisenbank, bei der Gürster die Hypothek für sein Schweizer Haus abgeschlossen hat, hat ihm den Hypothekarvertrag gekündigt. Die Geschäftsbeziehung soll bereits am 31. Dezember 2022 aufgelöst werden.

Gürster ist vor den Kopf gestossen. «Seit über 15 Jahren bin ich bei der Raiffeisen und habe nie eine Zahlung verpasst», sagt er. Eigentlich läuft seine Festhypothek noch bis 30. Juni 2023. Das Haus in Münchwilen hat laut Gürster einen Marktwert von einer Million Franken. Die Hypothek darauf beträgt nur 340'000 Franken.

Raiffeisen schmeisst Auslandschweizer raus

Was ist geschehen? Die Bank begründet den Schritt im Kündigungsschreiben, das Blick vorliegt, wie folgt: «Das Führen von Geschäftsbeziehungen mit Kunden mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz wird aufgrund von zunehmenden regulatorischen Vorschriften immer komplexer. Durch die daraus resultierenden Massnahmen wird es für uns als lokal tätige Raiffeisenbank immer schwieriger, Kunden im Ausland zu betreuen.»

Kurz: Die Raiffeisen will nicht mehr alle Länder bewirtschaften. Gürster fürchtet um sein Wohnsitz in der Heimat. Denn auf Anfragen bei anderen Schweizer Banken hagelt es Absagen. Bisher findet er kein anderes Geldhaus, das ihm eine Hypothek geben möchte. «Verliere ich nun mein Haus in der Schweiz?», fragt sich der 56-Jährige verzweifelt.

Viele Auswanderer wollen in die Schweiz zurück

Er dürfte bei weitem nicht der einzige Auslandschweizer sein, dem eine Auflösung einer laufenden Hypothek droht. Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) wohnen rund elf Prozent der Schweizer Bevölkerung im Ausland. 2021 waren es 788'000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Gemessen an den Einwohnerzahlen würden sie den viertgrössten Kanton der Schweiz bilden.

«Viele dieser Auslandschweizer haben in der Schweiz noch eine Wohnung oder ein Haus», weiss Ariane Rustichelli (48), Direktorin der Auslandschweizer-Organisation Swiss Community. Denn die Zahlen vom BFS zeigen auch: Immer mehr Schweizer gehen nur für eine begrenzte Zeit ins Ausland und kehren dann wieder in ihre Heimat zurück. «Da macht es Sinn, das Eigenheim zu behalten», so Rustichelli.

Mehrere Länder betroffen

Wie viele Kunden, in welchen Ländern davon betroffen sind, dazu schweigt Raiffeisen auf Anfrage von Blick. Von seiner Kundenberaterin erfährt Gürster, dass sie allein in der Region Frick-Mettauertal über 90 Bankbeziehungen auflösen muss. Es dürfte sich dabei nicht nur um Hypothekarkunden handeln, sondern auch um andere Arten von Bankbeziehungen mit Auswanderern.

Gürster ist Ende November in die Schweiz gereist. Er muss sich nun dringend um eine Lösung für seine Hypothek kümmern. Als er mehrmals bei Raiffeisen nachhakt, lenkt diese ein: Seine Hypothek wird nicht auf Ende Jahr aufgelöst, sondern läuft noch bis zum vereinbarten Vertragsende am 30. Juni 2023.

Die verlängerte Galgenfrist löst Gürsters Problem nicht. Der Auslandschweizer sucht weiterhin auf Hochtouren nach einem Anbieter, der ihm eine Hypothek für sein Haus gibt.

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