HEV-Vize Monika Sommer spricht Klartext
«Eigenheimfinanzierung ohne Erbschaften oder Zuschüsse kaum möglich»

Hauseigentümerverband-Vizedirektorin Monika Sommer spricht über steigende Immobilienpreise – und erklärt, warum es bei der Verdichtung harzt.
Publiziert: 22.07.2023 um 16:01 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2024 um 14:13 Uhr
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Monika Sommer ist seit 2009 stellvertretende Direktorin des Hauseigentümerverbands (HEV).
Foto: ZVG
Marc Bürgi
Handelszeitung

Die Mieten steigen, weil sich der Referenzzinssatz erhöht. Wird dieser Anstieg von Dauer sein?
Monika
Sommer: Dies hängt von der Entwicklung der Teuerung und von der Strategie der Schweizerischen Nationalbank zur Teuerungsbekämpfung ab. Sicher ist: Die Zeit der Negativzinsen ist vorbei. Wir werden uns folglich wieder an höhere Zinssätze gewöhnen müssen. Das Zinsniveau wird unserer Meinung nach jedoch nicht kontinuierlich steigen, sondern sich auf dem heutigen Niveau einpendeln. Der Hypothekarische Referenzzinssatz liegt zurzeit bei 1,5 Prozent und die aktuellen Hypothekarzinssätze bei rund 3 Prozent. Allerdings gibt es immer noch viele bestehende Festhypotheken mit tieferen Zinssätzen.

Der Immobilienkauf über eine Hypothek ist teurer geworden. Wie stark dämpft dies die Nachfrage nach Wohneigentum?
Die gestiegenen Zinsen sind nicht das eigentliche Problem. Für die Hypothekenvergabe berechnen Banken die Tragbarkeit aufgrund eines kalkulatorischen Hypothekarzinssatzes von 4,5 bis 5 Prozent. Die aktuellen Hypothekarzinssätze sind bei rund 3 Prozent, also noch deutlich darunter. Das Hauptproblem sind die sehr hohen Preise für Wohneigentum. Seit 2002 ist der durchschnittliche Nominallohn in der Schweiz um 23 Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum sind die nominalen Eigenheimpreise um 60 Prozent gestiegen. Für die Mehrheit der Bevölkerung ist Wohneigentum dadurch zum unerreichbaren Luxus geworden. Nur etwa 10 Prozent der Mieter verfügen heute über genügend Einkommen und Vermögen, um sich ein durchschnittliches Objekt leisten zu können. Die Eigenheimfinanzierung ohne Erbschaften oder Zuschüsse der Familie ist kaum mehr möglich.

Mit der von der SVP lancierten Nachhaltigkeitsinitiative wird der Einfluss der Zuwanderung auf den Immobilienmarkt zum politischen Thema gemacht. Wie stark trägt die Zuwanderung dazu bei, dass Mietwohnungen knapp werden?
Problematisch ist das mangelnde Angebot an Wohnungen und Einfamilienhäusern.Es gibt aus unserer Sicht drei Hauptfaktoren für die Wohnraumverknappung und die damit verbundene Preissteigerung:

  • Die tiefe Wohnbautätigkeit – insbesondere im Eigentumsbereich
  • Die anhaltend starke Zuwanderung und der
  • Anstieg des Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauchs aufgrund des Anstiegs der Zahl der Einpersonenhaushalte, pandemiebedingter gesellschaftlicher Veränderungen und aus weiteren Gründen.

Wie lässt sich diese Knappheit entschärfen?
Grundsätzlich ist es ein rein mathematisches Problem. Inklusive Flüchtlingen kamen 2022 über 200'000 Personen in die Schweiz. Seit 2013 werden in der Schweiz jährlich 50'000 neue Wohnungen gebaut – grossteils Mietwohnungen –, was in Anbetracht der Zuwanderung zu wenig ist. Dies zeigt die sich abzeichnende Wohnungsknappheit. Davon ausgehend, dass es das Recht der Bürgerinnen und Bürger ist, selbst zu entscheiden, wie viel Wohnfläche sie benötigen, kann man zur Problemlösung entweder die Wohnraumproduktion fördern oder die Zuwanderung begrenzen. Letztlich muss die Politik entscheiden, an welcher Schraube gedreht wird. Kurzfristig muss jedoch gebaut werden, um Druck auf den Wohnungsmarkt abzubauen.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Jetzt, wo die Mieten steigen, gerät die Koppelung des Mietzinses an den Referenzzinssatz unter Druck. Befürworten Sie einen Systemwechsel – dass sich die Mieten beispielsweise wie früher im Gleichschritt mit der normalen Inflation verändern?
Ein Systemwechsel ist für uns zurzeit kein Thema, zumal die Koppelung an der normalen Inflation abgelöst wurde, weil dieses System eben auch nicht zufriedenstellend war. Es ist falsch, mitten im Spiel die Spielregeln zu ändern. Es ist gerade auch der Mieterverband, der immer Kostenmieten verlangt. Wenn aber die Kosten steigen, finden sie die Koppelung von Mietzinsen und Kosten – in diesem Fall die Kosten für die Hypothekarzinsen – nicht mehr gut.

Viele schlecht isolierte und mit Öl oder Gas beheizte Einfamilienhäuser werden in den nächsten Jahren saniert werden müssen. Müssen Eigentümerinnen und Eigentümer, die solche Objekte verkaufen möchten, mit einem starken Abschlag beim Verkaufspreis rechnen?
Der Verkaufspreis einer Immobilie hängt von diversen Faktoren ab. Einer der wichtigsten ist die Lage, welche den Bodenpreis bestimmt. Gerade bei Einfamilienhäusern ist der Landpreis vielfach matchentscheidend für den Wert der Liegenschaft und den Verkaufspreis. Alte Einfamilienhäuser werden häufig abgerissen, um auf dem Land einen Neubau zu erstellen. Die bestehende Heizung ist dann irrelevant. Die Investition für ein neue kostspielige Erdsonden-Wärmepumpe in ein altes Haus kurz vor dessen Verkauf rechnet sich in solchen Fällen nicht.

Der CO2-Ausstoss von Immobilien muss sinken, damit die Schweiz ihre Klimaziele erreicht. Wird dieser grüne Umbau des Gebäudeparks die Mieten und Hauspreise nach oben treiben?
Gratis ist das sicherlich nicht zu bewerkstelligen. Die Investitionen für die ökologischen Verbesserungen führen vorerst sicherlich zu höheren Wohnkosten – für Mieter wie für Wohneigentümer. Denn nur ein kleiner Teil der Investitionskosten wird durch die Fördergelder bezahlt. Gerade bei alten, schlecht isolierten Gebäuden ist es vielfach mit einem neuen Heizsystem nicht getan, sondern auch die Gebäudeisolation muss verbessert werden. Bei sehr umfangreichen Massnahmen kann auch ein Ersatzneubau angezeigt sein. Bei schlechter Ausnutzung der Parzelle lässt sich so auch mehr Wohnraum schaffen. Ob sich die Massnahmen in ökologische Heizsysteme auch finanziell für die Bewohner rechnen, hängt nicht zuletzt auch von der Entwicklung der Energiepreise ab.

Die Raumplanung setzt dem Bauen immer engere Grenzen. Wird die Schweiz zusätzliches Land einzonen müssen, wenn die Bevölkerung und der Bedarf nach Wohnraum weiterhin so stark wachsen – oder lässt sich alleine über Verdichtung genügend Wohnraum schaffen?
Die Verdichtung nach innen wäre das Gebot. Leider lässt sich dies in der Praxis nur schwerlich umsetzen. Dafür sorgen die diversen rechtlichen Vorgaben. Neubauprojekte – insbesondere in den Städten – scheiterten oft an den zu rigiden Lärmschutzmassnahmen. Eine flexiblere, weniger strikte Anwendung der Normen bei Heimat- und Denkmalschutz würde eine bessere Nutzung bestehender Gebäude sowie Neubauten ermöglichen. Bauverfahren müssen vereinfacht und verkürzt werden, auch durch Digitalisierung.

Sehen Sie weitere Hebel?
Einsprachen als reines Machtmittel müssten verhindert und Missbräuche konsequenter sanktioniert werden. Das Aufstocken bestehender Gebäude und Ersatzneubauten müssen erleichtert statt durch Mietereinsprachen behindert werden. So liessen sich mehr Menschen auf derselben Fläche unterbringen. Dazu gehören beispielsweise auch die Erleichterung von Dachstockausbauten. Die Ausnützungsziffern sind zu erhöhen. Wo der Bedarf an Wohnraum nicht durch innere Verdichtung gedeckt werden kann, werden allerdings auch Einzonungen nötig.

Monika Sommer beantwortete die Fragen schriftlich.

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