Darum gehts
Der Traum vom Eigenheim kann sich sehr schnell in einen Albtraum verwandeln: Das musste auch die Familie Lance erleben. Clémence (34) und Bastien (33) sind mit ihren beiden Kindern vor zwei Jahren in ein neues Haus in Lignières NE gezogen und erleben seither einen regelrechten «Horror», wie sie gegenüber Blick im Februar erzählt haben. Neben dem Kauf zum Festpreis mussten sie zusätzlich fast 250’000 Franken in die Hand nehmen, damit sie zumindest einen Teil der massiven Pfuschereien am Haus beheben konnten. Die Baufirma ist in Konkurs gegangen.
Baumängel sind häufig und können Käuferinnen oder Bauherren in den finanziellen Ruin treiben. Man kann sich finanziell zwar nicht vollständig absichern. Dennoch gibt es einige Punkte, mit deren Einhaltung man die Gefahr von bösen Überraschungen deutlich mindern kann.
Wahl der Firmen
Wer sich beim Bau bis unters Dach mit einer Hypothek verschuldet, tut gut daran, den Architekten und die involvierten Firmen weise auszusuchen. «Man sollte nebst einem soliden Vertrag unbedingt einen Architekten und Unternehmen wählen, die man im Markt seit Jahren als seriös kennt», sagt Thomas Gysi (42), Rechtsanwalt und Partner bei Rosat Rechtsanwälte in Bern und unabhängiger Rechtsberater für Casafair, dem Verband für faire Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer. Firmen aus der Region hätten zudem den Vorteil, dass sie die lokalen Gegebenheiten kennen.
Nicht ohne Bauleiter
Fehlt einem als Bauherr die spezifische Erfahrung, sollte man beim Bau eines Einfamilienhauses auch zwingend einen Bauleiter engagieren. «Ein guter Bauleiter ist eine der besten Massnahmen, um Mängel oder Kostenüberschreitungen möglichst zu verhindern», sagt Gysi. Der Bauleiter überwacht den Baufortschritt, behält die Terminplanung im Auge und kann bei einer fehlerhaften Ausführung direkt intervenieren. «Dafür ist es zentral, dass er Zeit hat und wirklich regelmässig vor Ort ist», so der Baurechtsexperte. Es gibt auch Architekturbüros, die die nötige Erfahrung haben und die Bauleitung übernehmen.
Werkvertrag prüfen lassen
Bauherr und Firmen legen im Werkvertrag neben den zu erbringenden Leistungen auch die Bezahlung fest: Diese kann nach der effektiven Arbeit und den Aufwendungen der Firma erfolgen. Der Preis kann aber auch fix vereinbart oder mit einem Kostendach nach oben eingegrenzt werden. Festpreisangebote werden häufig von Generalunternehmern (GU) angeboten. Ein GU übernimmt oft auch die Bauleitung und alle Absprachen mit den involvierten Handwerkern und Lieferanten. Dieses Modell birgt jedoch ein Risiko: «Geht der GU in Konkurs, hat man als Bauherr ein Problem», so Gysi.
Viele GU wollen ihre Mängelhaftung im Werkvertrag ausschliessen. Auf einen vollständigen Haftungsausschluss soll man sich gemäss dem Hauseigentümerverband Schweiz auf keinen Fall einlassen. Man sollte den Vertrag unbedingt durch einen Juristen prüfen lassen.
Saubere Kostenabklärungen
Fangen die Bagger an zu graben und stossen sie dabei überraschend auf felsiges Gelände, kann der Aushub zur Kostenfalle werden. «Detaillierte Vorabklärungen wie eine Baugrundabklärung sind deshalb sehr wichtig. Sprechen Sie Ihren Architekten darauf an», rät Gysi. Zudem sollte man auf die Einholung mehrerer Offerten bestehen. «Damit kann das Risiko von übersetzten Preisen reduziert werden.»
Sperrkonto einrichten
Eine Bautreuhandschaft kann dich in gewissen Fällen vor einem grossen finanziellen Schaden bewahren. «Mit einem Sperrkonto kann man sicherstellen, dass das Geld tatsächlich bei den Handwerkern ankommt. Sollte der Generalunternehmer finanzielle Probleme haben, könnte er das Geld sonst dafür nutzen, die eigenen Löcher zu stopfen», so Gysi. Mit einem solchen Konto kann man das Doppelzahlrisiko des Bauherrn zumindest teilweise absichern. Ebenfalls wichtig: Lass dich vom Bauleiter regelmässig über den Stand der Baukosten informieren.
Versicherungen für die Bauphase
Die Bauherrenhaftpflicht schützt dich im Fall von Schäden gegenüber Dritten – zum Beispiel an Nachbargrundstücken – oder wenn sich unbeteiligte Personen auf der Baustelle verletzen. Schäden am eigenen Bauwerk deckt die Bauwesenversicherung ab. Beispiele hierzu können der Einsturz einer Decke oder ein Rohrbruch sein. «Vor Beginn der Bauphase ist der Abschluss einer Bauwesen- und Bauherrenhaftpflichtversicherung empfehlenswert», sagt Pascal Huber (41), Leiter Vertriebssupport beim Versicherungsmakler Neutrass mit Hauptsitz in Rotkreuz ZG. Die Prämie für die Bauwesenversicherung bei einem Objekt mit einer Bausumme von einer Million Franken betrage ungefähr 1500 Franken, je nach Risikosituation.
Baumängel und SIA-Norm
Ohne vertragliche Regelung gilt bei Baumängeln bis anhin, dass nach der Abnahme des Bauwerks entdeckte Mängel sofort, das heisst innerhalb von wenigen Tagen gemeldet werden müssen. Diese Regelung führt bei Bauherren ohne professionelle Hilfe immer wieder zu finanziellen Schäden und grossem Ärger. «Bauherren müssen sich bewusst sein, dass beim Bauen kein gesetzlicher Konsumentenschutz besteht, obwohl sie möglicherweise die grösste Investition ihres Lebens tätigen», sagt Gysi. Einigt man sich auf die SIA-Norm 118, gilt eine Rügefrist von zwei Jahren. «Lässt sich eine Firma beispielsweise nicht auf die SIA-Norm ein, kann dies ein Signal für einen nicht seriösen Betrieb darstellen», so der Experte.
Baumängel zusätzlich absichern
Im Werkvertrag kann zudem vereinbart werden, dass der Unternehmer nach Beendigung seiner Arbeiten eine Werkgarantieversicherung abschliesst. «Diese kann durch den Bauherren beansprucht werden, falls innerhalb der Garantiezeit Baumängel auftreten und diese durch den Unternehmer nicht mehr behoben werden können – beispielsweise infolge Konkurs», so Pascal Huber von Neutrass. Er empfiehlt die Vereinbarung einer Werkgarantie gerade für grössere Auftragspositionen. Die Versicherungssumme liegt hier normalerweise bei 10 Prozent des Auftragsvolumens des jeweiligen Handwerkers.