Händler nutzen Knappheit aus
Die dreckige Spekulation mit sauberem Trinkwasser

Das Wetten auf Wasserpreise kann zwar hohe Gewinne bringen, wirft aber ein grosses ethisches Problem auf. Dagegen verspricht die Investition über Investmentfonds, die einen nachhaltigen Bezug zum Wasser haben, eine bessere soziale Wirkung.
Publiziert: 20.07.2023 um 21:21 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2023 um 23:49 Uhr
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Mit Wasser lassen sich Milliarden verdienen.
Foto: Getty Images
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Myret Zaki

Seit zweieinhalb Jahren ist es möglich, an der Chicagoer Börse mit Wasser zu spekulieren. Mit Weizen, Öl, Gas, Gold, Kupfer oder Zink wird schon länger spekuliert. Nun ist dies auch mit einem lebenswichtigen Gut wie Wasser möglich, insbesondere in Kalifornien.

Was Wasser für Spekulanten attraktiv macht, ist die hohe Volatilität der Preise, die durch Dürren, Brände und Überschwemmungen beeinflusst werden. Ausserdem ist Wasser ein undurchsichtiger Markt, auf dem es kaum Preisinformationen gibt. Alles Eigenschaften, die Spekulanten anziehen. Typischerweise besitzt ein Händler das Wasser, auf das er wettet, nicht, sondern spekuliert nur aus der Ferne auf den Preis. Auf steigende oder fallende Kurse.

Wie gehen Händler dabei vor?

Händler verwenden Derivate, um auf den Preis der Ressource zu verschiedenen zukünftigen Zeitpunkten zu wetten. Bei diesen Derivaten handelt es sich hauptsächlich um sogenannte Futures, eine Art Terminkontrakt, der zwei Parteien dazu verpflichtet, einen Vermögenswert zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimmten Preis zu tauschen. Diese Transaktion muss auf Termin bezahlt und geliefert werden, unabhängig vom tatsächlichen Preis bei Ablauf des Vertrags.

Zu denjenigen, die mit diesen Derivaten handeln, gehören Hedgefonds, Eigenhandelsfirmen und Einzelhändler, aber auch Vermögensverwalter und Family Offices. Matthew Diserio, Manager des New Yorker Hedgefonds Water Asset Management, macht kein Geheimnis daraus, dass er Wasser in den USA für den «grössten aufstrebenden Markt der Erde» mit einer «Marktchance im Wert von 1 Billion Dollar» hält.

Die «Zukunft» des Wassers

Doch wie gehen diese Marktteilnehmer im Falle von Wasser Wetten ein? Im Wesentlichen zielen die Händler auf die Wasserrechte der kalifornischen Unternehmen ab. So kann man an der Chicago Mercantile Exchange (CME) Futures auf die Wasserrechte von Unternehmen wie Veles erwerben. Da der kalifornische Staat eine begrenzte Versorgung den Gebieten und Nutzern zuweist, die sie am dringendsten benötigen, erwerben Händler handelbare Wasserrechte, um diese Knappheit auszunutzen und ihre Rechte an die verschiedenen Nachfrager zu verkaufen. Und dabei Gewinne zu erzielen.

Im Fall von Wetten auf Wasser ist das zentrale Argument die Knappheit: Im Jahr 2050 wird jeder vierte Mensch in einem Land leben, das von Knappheit betroffen ist. Aufgrund der globalen Erwärmung, des Wassermangels in den Böden und der Verknappung von Süsswasser werden die Wasserpreise zwangsläufig steigen. Das veranlasst Investoren dazu, langfristig Geld in Wasser zu investieren. Das «blaue Gold» ist die begehrteste Ressource der Welt.

Eine Ware? Ein universelles Recht

Die Kommerzialisierung des Wassers wirft ethische Fragen auf: Wie kann man mit einem lebenswichtigen Gut spekulieren und dabei riskieren, dass der Preis in die Höhe getrieben wird und Menschen, die sich den Zugang nicht mehr leisten können, davon ausgeschlossen werden? Derivate können die Preise manipulieren: Wenn sich zu viele Wetten auf steigende Kurse anhäufen, werden die Terminkontrakte dies auf dem Markt signalisieren und der Preis für die Ressource wird künstlich erhöht.

Laut den Vereinten Nationen (UN) haben bereits mehr als 2,2 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die UN befürchtet, dass diese spekulativen Instrumente das Problem noch verschärfen könnten. Es wurde bereits eine Verbindung zwischen der Spekulation mit Grundnahrungsmitteln und Nahrungsmittelkrisen hergestellt. Zwischen 2008 und 2010 sollen Hedgefonds die Kakaopreise um 150 Prozent in die Höhe getrieben haben.

Spekulationen hatten 2007 und 2008 auch die Preise für Weizen und Sojabohnen in die Höhe getrieben, was zu Hungerrevolten führte.


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