In der Schweiz haben 850'000 Menschen eine Cumulus-Kreditkarte. Der Grund für deren Beliebtheit: Die Kreditkarte der Migros gibt es ohne Jahresgebühr.
Bis jetzt vertrieb der Detailhandelskonzern die Kreditkarte in Zusammenarbeit mit der Cembra Money Bank. Diese Woche wurde bekannt, dass der orange Riese sie ab kommendem Sommer selbst herausgeben wird, beziehungsweise mit der hauseigenen Migros Bank.
Für Cembra hatte die Ankündigung heftige Konsequenzen. Das Unternehmen verlor an der Börse 30 Prozent an Wert. Viele Anleger trauen Cembra vermutlich nicht zu, auch ohne die Cumulus-Kreditkarte zufriedenstellende Gewinne zu erwirtschaften.
Die Reaktion der Börse offenbart: Die Cumulus- und auch andere «Gratis»-Kreditkarten sind nie wirklich gratis. Die Herausgeber verdienen mit ihnen gutes Geld. 2020 dürfte Cembra mit der Cumulus-Kreditkarte einen Netto-Ertrag von 50 bis 75 Millionen Franken erwirtschaftet haben.
Kritik an hohen Gebühren
Ein grosser Teil dieser Einnahmen stammt aus Transaktionsgebühren, die bei jedem Einkauf anfallen. Diese Kosten spüren die Konsumenten nicht direkt, da sie im Produktpreis enthalten sind.
Ganz anders bei den Rechnungs- und Mahngebühren sowie den Verzugszinsen für nicht vollständig bezahlte Rechnungen. Hier werden meist Menschen zur Kasse gebeten, die nur über ein geringes Einkommen verfügen oder ihre Finanzen nicht im Griff haben.
Umstritten ist vor allem, dass auf Kreditkartenschulden bis zu zwölf Prozent Zinsen anfallen. «Dieser Zinssatz ist im aktuellen Umfeld viel zu hoch», kritisiert Pascal Pfister (44), Geschäftsleiter von Schuldenberatung Schweiz. Verzugszinsen generierten oft hohe Kosten, worüber sich viele Kundinnen und Kunden nicht im Klaren seien.
Problematisch findet Pfister zudem, dass bei Kreditkarten nur eine vereinfachte Kreditfähigkeitsprüfung vorgeschrieben sei. «So erhalten auch Risikopersonen leicht mehrere Kreditkarten, deren Limiten oft sehr hoch angesetzt sind.» Es sei schon vorgekommen, dass überschuldete Personen mehrere Kreditkarten mit Limiten von 10'000 Franken hatten. «Damit steigt die Gefahr, sich übermässig zu verschulden.»
Cembra verweist an die Politik
Cembra legt nicht offen, wie sich die Einnahmen bei der Cumulus-Kreditkarte zusammensetzen, betont aber, dass sämtliche Gebühren transparent ausgewiesen würden.
Im Hinblick auf den Verzugszinssatz von zwölf Prozent verweist Cembra an die Politik. «Der Maximalzinssatz wird jährlich vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement überprüft und bestimmt.» 2016 sei der Maximalzinssatz für Kreditkarten von 15 Prozent auf zwölf Prozent gesenkt worden, bei Barkrediten und Leasing auf zehn Prozent.
Ob die Migros tiefere Verzugszinsen verlangen wird, sobald sie die Karte selbst herausgibt, ist offen. Das Unternehmen will noch keine Details verraten. Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass die Politik die Maximalsätze in absehbarer Zeit senkt – trotz Negativzinsen.
«Bereits bei der letzten Senkung gab es massiven Widerstand der Kreditkarten- und Konsumkredit-Unternehmen», sagt Sara Stalder (54) Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. Sie empfiehlt deshalb, wenn immer möglich auf klassische Kreditkartenzahlungen zu verzichten.
Dieser Appell scheint allerdings nur bei den wenigsten anzukommen: Waren in der Schweiz vor zehn Jahren noch rund fünf Millionen Kreditkarten in Umlauf, sind es mittlerweile mehr als acht Millionen.