Gopfried Stutz
Hat die BVG-Form eine Chance?

Bei der BVG-Revision spricht man immer nur von den Kosten für die Übergangsgeneration und vergisst die langfristigen Gesamtkosten. Das könnte ins Auge gehen.
Publiziert: 26.11.2022 um 21:06 Uhr
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Am Dienstag berät der Ständerat über die BVG-Revision.
Foto: keystone-sda.ch
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Eine unheilige Allianz haben wir, wenn gegensätzliche Extreme gleicher Meinung sind. Auf die Schweizer Politik übertragen heisst das, dass plötzlich SVP und SP am gleichen Strick ziehen und beide die gleiche Vorlage bekämpfen. Sie tun dies zwar aus völlig unterschiedlichen Motiven, doch das Resultat bleibt dasselbe.

Gerade die Revision der Sozialversicherungen, AHV oder BVG, schaffen mitunter unheilige Allianzen. Dank dieser wurde die AHV-Revision mit einer Anpassung des Frauenrentenalters in der Herbstsession 2010 in der Schlussabstimmung bachab geschickt. Die soziale Abfederung für Frauen ging damals der SVP zu weit, der SP zu wenig weit.

Das gleiche Schicksal droht der Revision der 2. Säule, dem BVG. Sie ist für Dienstag im Ständerat traktandiert. Der Nationalrat hat das Geschäft vor einem Jahr beraten und lehnte den Revisionsvorschlag des Bundesrats ab, der sämtliche Rentnerinnen und Rentner der Übergangsgeneration mit Zuschüssen eindecken will. Also auch jene, die trotz Senkung des gesetzlichen Umwandlungssatzes gar keine Rentenkürzung in Kauf nehmen müssten.

Für die vorberatende Kommission des Ständerats ist die Lösung des Nationalrats nicht mehrheitsfähig. Sie geht zwar nicht so weit wie der Bundesrat, aber etwas weiter als der Nationalrat. Beim Nationalratsmodell belaufen sich die Zuschüsse für die Übergangsgeneration auf 9,1 Milliarden, beim Modell der ständerätlichen Kommission auf 11,7 Milliarden Franken.

Damian Müller ist FDP-Ständerat des Kantons Luzern. Er bemängelt, dass stets nur von den Kosten für die Übergangsgeneration die Rede ist und nicht von den langfristigen Kosten insgesamt. Denn um das Rentenniveau bei einer Senkung des Umwandlungssatzes halten zu können, müssen mehr Franken ins System gepumpt werden. Doch höhere Beiträge heisst auch höhere Kosten – für Arbeitnehmer, aber auch für Arbeitgeber. Und dies nicht nur befristet für 15 oder 20 Jahrgänge.

Kommissionsmitglied Damian Müller hat deshalb einen Minderheitsantrag eingereicht, der am Dienstag behandelt werden soll. Ohne ins Detail zu gehen: Bei den Zuschüssen für die Übergangsgeneration ist er grosszügiger als der Nationalrat und die Ständeratskommission; dafür tritt er bei den Langfristmassnahmen auf die Bremse, unter anderem indem der Koordinationsabzug weniger stark gekürzt wird. So sind bei seinem Antrag die totalen Kosten tiefer als bei den bisher bekannten Modellen.

Damit erhofft sich der FDP-Mann, den Bauernstand und das Gewerbe an Bord zu holen. Denn wenn der Gewerbeverband die Vorlage bekämpft und die Gewerkschaften am Giesskannen-Modell des Bundesrats festhalten, hätten wir wieder eine unheilige Allianz. Der Absturz wäre programmiert – wenn nicht bei der Schlussabstimmung im Parlament, so doch spätestens an der Urne.

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