Matthias Reinhart ist Mitgründer, Mehrheitsaktionär und Verwaltungsratspräsident der VZ-Gruppe. Vor einigen Wochen erzählte er in den «VZ News» von einem Bekannten. Dieser soll ihm erklärt haben, was er am Private Banking schätze. Seine Bank an bester Adresse sei schon von aussen imposant, die Einrichtung gediegen und gespickt mit wertvoller Kunst. Er werde regelmässig zu schicken Events und Essen eingeladen, und mit seinem Berater führe er Gespräche über Gott und die Welt.
So schildert es Matthias Reinhart in seiner Kolumne «Mein Tipp». Er soll den Bekannten danach darauf hingewiesen haben, «dass er für diesen Glamour teuer bezahlt». Die Kosten solcher Annehmlichkeiten steckten in den Gebühren und verschlechterten seine Nettorendite. «Die Beratung verbessere sich damit nicht – eher im Gegenteil», schreibt Reinhart.
Nichts gegen Erbsenzähler. Doch hat der Bekannte von Matthias Reinhart – falls es den Mann überhaupt gibt – nicht ausdrücklich gesagt, wie er es schätze, regelmässig zu stilvollen Events und Essen eingeladen zu werden?
Solche Leute gibt es. Ein Austausch mit dem Banker übers Marktgeschehen ist ihnen wichtig. Zudem dürften Personen, die sich zum Bekanntenkreis des Gründers, Mitbesitzers und obersten Chefs der VZ zählen dürfen, eh nicht auf eine Superrendite angewiesen sein. Es zählt halt nicht immer nur die Rendite. Das Wohlbefinden ist manchmal mindestens so wichtig.
Ich kenne auch einen älteren Herrn, der regelmässig mit einem Privatbanker im Austausch ist und dafür höchstwahrscheinlich hohe Gebühren zahlt. Ich sehe ihn ab und zu morgens in der Dorfbeiz, in dem ich mit Kaffee und Zeitung den Tag beginne. Ich habe ihn nie gefragt, ob er mit seinem Berater auch über Gott und die Welt redet. Ich weiss aber, dass er an mondäne Events eingeladen wird, weil er mir davon erzählt. Sicher ist auch, dass er wöchentlich mit seinem Berater über einzelne Aktienanlagen redet. Er erzählte mir davon und möchte auch meine Meinung wissen.
Ich sage ihm, ich sei Swissair-geschädigt und halte nichts von einzelnen Aktien. Ich schwöre auf börsenkotierte Aktienfonds. Und zwar passiv gemanagte, die 1:1 einen Index abbilden, kein Heer von Analystinnen und Analysten beschäftigten und deshalb tiefe Gebühren aufwiesen.
Er findet das langweilig. Wenn ich dann auch noch vom Risiko-Ertrag-Verhältnis und den Gebühren schwafle, schüttelt er nur ungläubig den Kopf. Er interessiert sich halt für Firmen, für deren Strategien, für deren Erfolgsaussichten, für die entsprechenden Gewinnerwartungen und deren Dividendenpolitik.
«Börsele» ist für den Rentner eben auch ein Spiel, gewissermassen ein Hobby. Warum auch nicht? Golf spielt er meines Wissens nicht. Das wäre womöglich teurer und kann, was zumindest meine Erfahrung ist, mindestens so frustrierend sein wie ein Kursverlust auf einer vermeintlichen Aktienperle.