Globetrotter-Chef André Lüthi zum Hotelplan-Verkauf nach Deutschland
«Sind wir Schweizer nicht mehr fähig?»

Globetrotter-Chef André Lüthi ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Auch nicht bei der Migros, die ihre Reise-Ikone Hotelplan nach Deutschland verkauft hat.
Publiziert: 14.02.2025 um 00:36 Uhr
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Aktualisiert: 14.02.2025 um 12:34 Uhr
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Globetrotter-Chef André Lüthi spricht im Interview über den «Ausverkauf der Schweiz».
Foto: Siggi Bucher

Auf einen Blick

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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Der Verkauf der Schweizer Reise-Ikone Hotelplan ins Ausland – ein Jahr nach der Ankündigung durch die Migros – geht auch dem Globetrotter-Chef nahe. «Ich ziehe den Hut vor den Mitarbeitenden und dem Kader der Hotelplan Group», sagt André Lüthi (65). «Trotz der unglücklichen Kommunikationsstrategie der Migros-Spitze beim Verkauf haben die meisten dem Unternehmen die Treue gehalten.» Er kritisiert den «Ausverkauf der Schweiz», der vor der Reisebranche nicht haltmache.

BLICK: Herr Lüthi, Ihre Globetrotter Group ist nun das einzige grosse Reiseunternehmen in Schweizer Besitz. Wann stellen Sie Ihr Unternehmen ins Schaufenster?
André Lüthi: Ich bedauere sehr, was jetzt mit Hotelplan passiert ist. Mit unseren zwölf Unternehmen sind wir nach dem Verkauf von Hotelplan, wie es aussieht, nun das grösste Reiseunternehmen im Land. Dieses ist zu 100 Prozent in Schweizer Besitz – und dabei wird es auch bleiben.

Dertour übernimmt Hotelplan, mit Kuoni und Tui sind die drei grössten Reiseunternehmen der Schweiz jetzt in deutscher Hand.
Wo bleibt unser Stolz? Die Swiss ist verkauft, ausländische Investoren schnappen sich Schweizer Ski-Ressorts etc. Der Ausverkauf der Schweiz ist eine Tatsache, der wir ins Auge schauen müssen.

Wie kommts zu diesem Ausverkauf der Heimat?
Ich frage mich schon: Sind wir Schweizer nicht mehr fähig, auch mit grossen Tourismus-Unternehmen Geld zu verdienen? Oder reichen uns die bescheidenen Gewinnmargen im Tourismus einfach nicht aus?

Wie konnte es bei Hotelplan so weit kommen?
Die Treue der Mitarbeitenden spricht für eine gesunde Unternehmenskultur. Offenbar kommt die maximale Rendite vor Schweizer Eigengewächs und stolzen Mitarbeitenden. Dass renommierte Beratungsunternehmen die Zukunft und das Heil nur noch im Massengeschäft, in Skalierungen, Synergien und Volumen sehen, ist zu bedauern. Excel-Tabellen wird mehr vertraut als dem gesunden Menschenverstand.

Was bräuchte es aus Unternehmenssicht?
Wo bleibt der Unternehmergeist, der Mut der Verwaltungsräte, nicht gleich bei etwas Gegenwind das Heil in Beratungsunternehmen zu suchen – im Speziellen, wenn ein Unternehmen erfolgreich unterwegs ist und eine gewisse Rendite abwirft. Wo bleibt der unternehmerische Mut, ohne Verkauf des Unternehmens die Zukunft zu gestalten? Doch wird die optimale Rendite nicht abgeworfen, lieber weg damit.

Persönlich: André Lüthi

Der Chef der Globetrotter Group hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. André Lüthi (65) ist ursprünglich gelernter Bäcker/Konditor. Doch nach der Lehre zog es den Berner in die Ferne. Danach schaffte er den Einstieg in die Reisebranche, stieg vom Sachbearbeiter zum Mitbesitzer und Präsidenten von Globetrotter auf, dem grössten unabhängigen Reiseanbieter in der Schweiz. Lüthi war über 45-mal im Himalaja, mit dem Kanu in Alaska und auf diversen Berggipfeln in Russland und Südamerika.

Der Chef der Globetrotter Group hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. André Lüthi (65) ist ursprünglich gelernter Bäcker/Konditor. Doch nach der Lehre zog es den Berner in die Ferne. Danach schaffte er den Einstieg in die Reisebranche, stieg vom Sachbearbeiter zum Mitbesitzer und Präsidenten von Globetrotter auf, dem grössten unabhängigen Reiseanbieter in der Schweiz. Lüthi war über 45-mal im Himalaja, mit dem Kanu in Alaska und auf diversen Berggipfeln in Russland und Südamerika.

Sie appellieren an die gesellschaftliche Verantwortung?
Verantwortung zu übernehmen, die Herausforderungen mit einem tollen Management-Team anzupacken, ist eine Tugend, die leider immer mehr verloren geht. Konklusion im aktuellen Fall: Schade, geht Hotelplan nach Deutschland.

Die Migros und auch die neue Eigentümerin Dertour versprechen, dass es zu keinen Entlassungen und Filialschliessungen kommt. Nehmen Sie das ihnen ab?
Das jetzige Versprechen, dass alles so weiterläuft, kann und muss nur so lauten. Doch es ist davon auszugehen, dass mittelfristig Dertour nicht alle seine rund 70 Reisebüros und die rund 80 von Hotelplan in der Schweiz weiterführen wird. Aber auch im Touroperating wird es wohl zu Zusammenschlüssen kommen – Dertour will Kosten sparen –, ein logischer unternehmerischer Entscheid. Auch bei den IT-Systemen gibt es Doppelspurigkeiten.

Wären Sie bei Globetrotter bereit, Hotelplan-Mitarbeitende oder gar Filialstandorte zu übernehmen?
Dies würden wir situativ in der Group-Geschäftsleitung anschauen. Aber wir brauchen immer gute Reiseprofis und schätzen die guten Mitarbeitenden von Hotelplan sehr.

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