Gegen Ein-Pilot-System – Kampagne hebt WC ins Cockpit
«Kannst du mit zwei Notfällen gleichzeitig umgehen?»

Das fliegende Personal wehrt sich gegen das Ein-Piloten-System mit einem auffälligen Poster, auf dem sie eine Toilette kurzerhand ins Cockpit holen. Blick hat nachgefragt, wie Lokführerinnen und Busfahrer das WC-Problem lösen.
Publiziert: 26.07.2024 um 16:15 Uhr
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So sieht die Kampagne des europäischen Pilotenverbands aus.
Foto: European Cockpit Association
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

Braucht der Pilot oder die Pilotin eine WC-Pause, ist das kein Problem. Der Kollege nebenan kann sofort einspringen, wenn die Flugkapitänin mal dringend muss. Denn das Cockpit ist derzeit bei allen Flügen immer doppelt besetzt. Nur: Es gibt Bestrebungen, dies zu ändern.

Die Flugzeugbauer und mehrere Airlines drängen auf eine Cockpit-Revolution. Das Ziel: Künstliche Intelligenz übernimmt vermehrt das Steuer, während des Flugs braucht es dann nur noch einen Piloten aus Fleisch und Blut an Bord. Das fliegende Personal kritisiert dieses Vorhaben – und bringt seine Bedenken nun mit einem auffälligen Plakatsujet zum Ausdruck. 

«Kannst du mit zwei Notfällen gleichzeitig umgehen?», heisst es in englischer Sprache auf dem Poster, das an verschiedenen Flughäfen aufgehängt werden soll. Darüber prangt das Bild einer Toilettenschüssel mitten im Cockpit. Die vom europäischen Pilotenverband ECA insinuierte Gefahr: Was passiert, wenn der einzige Pilot an Bord dringend aufs WC muss – und das während eines Notfalls? 

«Wir planen unsere WC-Pausen genau»

Einen Einblick, was auf die Piloten künftig zukommen könnte, liefert die Situation beim hiesigen Verkehrspersonal. Die WC-Problematik ist im Führerstand der Schweizer Züge ein grosses Diskussionsthema, wie Hanny Weissmüller (51), die oberste Lokführerin der Schweiz, auf Anfrage von Blick mitteilt. Ist es klug, vor Arbeitsantritt noch etwas zu trinken? Und wann kann ich heute aufs «Hüsli»? Alles Fragen, die sich das Lokpersonal täglich stellt. «Bevor wir unsere Schicht antreten, planen wir die Toilettenpausen genau. Besonders wir Frauen», so die Präsidentin des Schweizerischen Lokpersonals.

Wegen des Lokführermangels habe der Stress in den letzten Jahren zugenommen, ergänzt sie. «Wir haben kaum mehr Zeit, um uns auszuruhen. Das ist in einem Sicherheitsjob wie unserem heikel.» Eine Pause dauere aktuell nur 20 Minuten. «Da müssen wir uns entscheiden, ob wir etwas essen oder aufs WC gehen.»

Die Busfahrer fordern «WC statt Gebüsche»

Gerade auf Langstreckenflügen sind Piloten viele Stunden unterwegs. Doch auch im Schweizer Schienennetz gibt es lange Strecken. Die längste ist die rund 4,5-stündige Fahrt von St. Gallen nach Genf. «Diese ohne Pause durchzuhalten, ist fast unmöglich», sagt Weissmüller. 

Kürzere Strecken haben die Schweizer Busfahrerinnen und Busfahrer. Doch im Pendlerverkehr kann es zu Verspätungen kommen, dann fallen die Pausen schnell mal weg. Und in gewissen Regionen fehlen an den Endhaltestellen immer noch WC-Anlagen, wie die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) mitteilt. Deshalb hat sie vor einigen Jahren die Kampagne «WC statt Gebüsche» gefahren. 

Regelmässig führt die SEV eine Gesundheitsumfrage unter den Busfahrern durch – zuletzt 2022. Das Ergebnis: Die drittgrösste Erschwernis war der lange Verzicht auf eine WC-Pause. «Auch wenn die Zunahme von Busfahrerinnen indirekt dazu geführt hat, dass an den Wendepunkten mehr Toiletten zur Verfügung gestellt wurden, schränken die engen Fahrpläne und die Verspätungen deren Benutzung ein, weshalb die einen oder anderen nichts mehr trinken, selbst bei grosser Hitze», wurde der damalige SEV-Vize Christian Fankhauser (60) im Bericht dazu zitiert.

Müssen, aber nicht können, ist beim ÖV-Personal also durchaus ein Problem. Damit wollen sich die Piloten nicht herumschlagen – damit sie keine Toilette ins Cockpit einbauen müssen.

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