«Mein Leben ist Scheisse, seit ich auf der Welt bin [...] Ich werde mich wahrscheinlich umbringen.» Diese Äusserungen eines Genfer Linienpiloten, die er 2019 in einer Whatsapp-Gruppe äusserte, hatten seine Freunde und Bekannten beunruhigt. Sein damaliger Arbeitgeber, die Fluggesellschaft Easyjet, hatte bestätigt, dass man ihn im Rahmen einer internen Untersuchung ordnungsgemäss suspendiert und schliesslich entlassen hatte. «Wir haben ihm auch unsere Unterstützung angeboten», sagte ein Easyjet-Sprecher für die Schweiz.
Damals hatte der Fall in den europäischen Medien ein gewisses Echo ausgelöst. Dies vor allem aufgrund der Erinnerung an die tödliche Tragödie bei einem Germanwings-Flug im Jahr 2015: Ein depressiver Co-Pilot hatte sich allein im Cockpit eingeschlossen und das mit Passagieren voll besetzte Flugzeug zum Absturz gebracht. Niemand überlebte.
Der Genfer soll seither immer wieder arbeitslos gewesen sein und als Privatpilot gearbeitet haben. Im Internet gibt er 15 Jahre Erfahrung in der Luft an, die er auf der ganzen Welt gesammelt hat. Vier Jahre nach dem ersten Alarm wurden jedoch erneut Bedenken bezüglich seiner geistigen Gesundheit laut.
Strafanzeigen und Untersuchung im Jahr 2023
Im August 2023 erstatteten mehrere Personen in den Kantonen Waadt und Genf Strafanzeige gegen ihn, nachdem sie bedroht worden waren. Denis Mathey, Anwalt von zwei Waadtländer Klägern – ein Ehepaar, das von dem Piloten bedroht worden war – beschreibt den Ernst der Lage: «Die Äusserungen waren äusserst schwerwiegend und richteten sich auch gegen die Familien.»
Als sich eine Person im vergangenen Sommer erneut Sorgen um den psychischen Zustand des Mannes machte, alarmierte sie Ärzte, was den Piloten in Rage brachte. Bei einem vermeintlichen Rückfall äusserte er sich in strittiger Weise über die Personen, die ihn angeblich verpfiffen hatten. Diese neuen Anschuldigungen führten zu einer Beschwerde des Waadtländer Ehepaars, was die Behörden zu einer raschen Reaktion veranlasste.
Auf der Waadtländer Seite wurde der Fall schnell in die Hand genommen, der Pilot wurde von der Polizei angehört und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wurden ihm mitgeteilt. Ähnliche Beschwerden in Genf führten zu einem Gerichtsstandsfeststellungsverfahren, wodurch der Straffall im September 2023 an die Genfer Staatsanwaltschaft überging. Seitdem haben die Parteien keinerlei Informationen über den Fortgang erhalten und das trotz unter anderem offizieller Schreiben des Waadtländer Vertrauensanwalts. «Ich habe nicht einmal erfahren, ob der Angeklagte von der Staatsanwältin angehört wurde», so Mathey.
Zehn Monate nach der Übergabe des Dossiers an Genf bleibt das Schweigen der Justizbehörden für die Kläger unverständlich. Blick erhielt von der Genfer Staatsanwaltschaft ein «no comment» (kein Kommentar), da es sich um einen laufenden Fall handle. Die einzig gute Nachricht ist, dass die Kläger seit der Einleitung der Ermittlungen keine beunruhigenden Äusserungen mehr erhalten haben. Sie möchten jedoch wissen, wie weit die Justiz in diesem Fall ist.
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
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- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net
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Aufmerksamkeit führt zu mehr Meldungen
Ein anderer Genfer Beschwerdeführer, der lieber anonym bleiben möchte, sagt: «Es ist nie angenehm, Drohungen zu erhalten. Die Langsamkeit der Justiz kann etwas Frustrierendes sein, aber ich bin mir der Vielzahl der laufenden Gerichtsverfahren bewusst. Und es ist besser, innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu handeln, als auf Methoden zurückzugreifen, die der Stammesrache ähneln.»
Auf Fragen zu den medizinischen Kontrollen von Piloten erklärt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl), dass die Regeln für die medizinische Überwachung von Piloten in der Schweiz sowohl in der privaten als auch in der kommerziellen Luftfahrt strikt angewendet werden, da sonst Lizenzen entzogen würden. Antonello Laveglia, Sprecher des Bazl, erklärt: «Die Intervalle zwischen den medizinischen Untersuchungen für Piloten sind in den Bundesvorschriften detailliert festgelegt: Piloten bis 40 Jahre alle fünf Jahre. Von 40 bis 49 Jahren alle zwei Jahre und ab 50 Jahren jährlich.»
Die vom Bazl beauftragten Ärzte melden etwa 30 Fälle pro Jahr, Tendenz steigend. «Diese Zahl umfasst nicht nur Piloten, sondern auch das Kabinenpersonal und die Personen bei der Luftraumkontrolle. Mit der Wiederaufnahme des Flugverkehrs nach der Corona-Pandemie wurde eine Welle von neuem Personal ausgebildet und eingestellt, was die Zahl der medizinischen Untersuchungen und der gemeldeten Fälle erhöhte», betont Antonello Laveglia. Die erhöhte Aufmerksamkeit, die die Fluggesellschaften diesen Themen widmen, trägt seiner Meinung nach ebenfalls zum Anstieg der Meldungen bei. Sicherheit und medizinische Betreuung scheinen in der Zivilluftfahrt weiterhin Priorität zu haben.
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