Heute Mittwoch kommt eine der wohl bekanntesten Immobilien der Schweiz auf den Markt. Noch bekannter ist deren ehemaliger Bewohner: Pierin Vincenz (65), Ex-Raiffeisen-Boss, verurteilt wegen Betrugs, Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung. Der gefallene Raiffeisen-König wohnt schon lange nicht mehr in seinem einstigen Wohnsitz in Teufen AR. Seine Ex-Frau Nadja Ceregato (51) – ihr gehört das noble Anwesen zusammen mit dem Ex-Banker – allerdings schon.
Trotzdem soll die Luxusvilla nun verkauft werden, wie der Luxusimmobilienmakler Ginesta Immobilien mit Sitz in Küsnacht ZH bestätigt. Dieser schwärmt in der Verkaufsdokumentation, die Blick vorliegt, über das prestigeträchtige Objekt: «Die Villa verbindet architektonische Brillanz mit einem zeitgemässen, sehr luxuriösen Wohnkomfort.» Grosse Töne für eine Immobilie, die auch schon als «Betonpalast», die einen krassen Kontrast zur traditionellen Baukultur im Dorfkern darstellt, bezeichnet wurde.
Betonvilla mit «zeitloser Schlichtheit»
«Durch die zeitlose Schlichtheit fügt sich der moderne Bau ideal in die ländliche Umgebung ein», heisst es in den Unterlagen weiter. Einige Anwohner von Teufen wären wohl anderer Meinung. «Perfekte Proportionen und das stimmige Materialkonzept sind ein Blickfang und in der Region Ostschweiz aussergewöhnlich». Das immerhin lässt sich nicht bestreiten: Die Betonvilla ist ein Blickfang.
Sie liegt an sonniger Hanglage in der steuergünstigsten Gemeinde der Ostschweiz. Teufen wird auch Goldküste der Ostschweiz genannt. Die Villa steht auf einem über 5'600 Quadratmeter grossen Grundstück, umfasst 8,5 Zimmer und über 1'000 Quadratmeter Wohnfläche.
Rund um das Anwesen ist es grün. Im Winter dient der Hügel den Dorfkindern als Schlittelhang. Die Privatsphäre ist trotzdem gewährleistet: Das Grundstück steht am Ende einer Privatstrasse.
Kostenpunkt: über 12 Millionen Franken
Auch nicht zu verachten: Vom Garten aus bietet sich eine Fernsicht auf den Alpstein. Der genaue Kaufpreis für die Luxusvilla will Ginesta auf Anfrage von Blick nicht nennen. CEO Claude Ginesta (50) sagt nur so viel: «Der Kaufpreis liegt im oberen Preissegment, also über zwölf Millionen Franken.»
Dafür zeitnah einen Käufer zu finden, dürfte trotz aller Vorzüge schwierig werden. Denn die Ausgangslage ist denkbar ungünstig. Das ganze Land weiss: Vincenz ist hoch verschuldet. Vor dem Prozess betrug sein Schuldenberg 23 Millionen Franken, wie er vor Gericht aussagte. Mit dem Urteil kommen weitere Millionenforderungen auf ihn zu.
Vincenz braucht Geld
Zu den Gläubigern gehören neben Firmen auch Prominente Namen wie Peter Spuhler (63). Der Stadler-Rail-Patron hat seinem Freund Vincenz mit einem Darlehen von über 6,5 Millionen Franken aus der Patsche geholfen. Diese riesige Summe diente dem Ex-Banker zur Ablösung einer Hypothek, um seine Villa in Teufen zu finanzieren, wie aus der Anklageschrift hervorging.
Und noch ein Ostschweizer Unternehmer wartet auf Rückzahlung eines Darlehens: Dölf Früh (70), der ehemalige Präsident des FC St. Gallen. Auch dieses Darlehen ist beträchtlich: 4,3 Millionen Franken.
Vincenz lebt eigenen Angaben zufolge aktuell von einer AHV-Rente von etwas mehr als 2000 Franken. Wann der Berufungsprozess am Obergericht weitergeht, ist noch nicht bekannt. Es dürfte Vincenz also ein Anliegen sein, so schnell wie möglich an Geld zu kommen. Die Zeit drängt. Wie sehr, zeigt die Ausschreibung der Villa.
Vermögenswerte sind eingefroren
Denn eigentlich ist die Immobilie Teil der Vermögenswerte von Vincenz, die nach wie vor eingefroren sind. «Das betrifft auch die Grundstücke, hier bestehen Grundbuchsperren», heisst es beim Bezirksgericht Zürich auf Anfrage von Blick. Eigentlich bedeutet das: Die Grundstücke können nicht verkauft werden.
Doch Vincenz versucht nun offensichtlich, diese Grundbuchsperre aufzuheben. «Es ist vorgesehen, bei Vorliegen konkreter Kaufinteressenten beim Gericht die Aufhebung der Grundstücksperre zu beantragen», heisst es darauf angesprochen beim Immobilienmakler.
Schwierige Marktlage
Erschwerend kommt hinzu: Die Lage auf dem Schweizer Immobilienmarkt ist angespannt. Hauskäufer sind mit stark steigenden Hypothekarzinsen konfrontiert. Dazu kommen wirtschaftlich unsichere Zeiten. Mitte Juni hob die Schweizerische Nationalbank den Leitzins überraschend um einen halben Prozentpunkt an.
Das dürfte am Luxusimmobilienmarkt nicht spurlos vorbeigehen. Denn in Wirtschaftskrisen ist das Luxussegment Preiskorrekturen meist stärker ausgesetzt.
Ginesta gibt sich trotz allem zuversichtlich: «Der Markt für Luxusimmobilien ist nach wie vor robust», sagt er. Gerade architektonisch hochwertige Villen mit viel Privatsphäre und guter Lage seien begehrt. «Das ausgeschriebene Objekt erfüllt diese Kriterien», sagt der Immobilienmakler. Das Anwesen sei eine seltene Gelegenheit, um in der zweitgrössten Gemeinde des Kantons Appenzell Ausserrhoden sesshaft zu werden.