Der Bub aus den Bergen, volksnah, charismatisch und ein Familienmensch. Pierin Vincenz (65) gab sich oft bescheiden und prangerte die hohen Löhne anderer Banker an. Dann begann sein Höhenflug. Der Absturz war umso heftiger.
Heute ist klar: Der Ex-Raiffeisen-Boss war alles andere als bescheiden. Von 1999 bis 2015 an der Bankspitze, verdiente er gut 40 Millionen Franken, aber verprasste einen Haufen davon wieder. Vincenz soll auf einem Schuldenberg in zweistelliger Millionenhöhe sitzen.
Sein Hunger nach mehr machte auch vor Luxusimmobilien nicht halt. Gleich vier prächtige Anwesen nennt Vincenz sein Eigen: eine Villa in Teufen AR, zwei Ferienhäuser im Tessin und ein Domizil in Andiast GR, wo seine Eltern aufwuchsen. Das zeigt die Anklageschrift.
Betonpalast in Teufen
Sein Hauptwohnsitz befindet sich in Teufen, sieben Autominuten vom Raiffeisen-Hauptsitz in St. Gallen entfernt. Hier machte es sich Vincenz mit seiner Ex-Frau, Nadia Ceregato Vincenz (50), nach seinen Arbeitstagen gemütlich – bevor im Februar 2018 die Polizei vorfuhr und er in U-Haft kam.
Teufen wird auch Goldküste der Ostschweiz genannt. Laut einer Zählung aus dem Jahr 2013 ist hier jeder 16. der rund 6300 Einwohner Millionär. Vincenz' Villa sticht heraus, der Betonpalast bildet einen krassen Kontrast zur traditionellen Baukultur im Dorfkern.
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Laut Schätzungen von Brancheninsidern, die anonym bleiben möchten, ist die Luxusvilla rund zehn Millionen Franken wert. Das Anwesen kann nur via Privatstrasse erreicht werden. Das Grundstück ist riesig: Es erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 5000 Quadratmetern. Recherchen zeigten, dass der Betonpalast 800 bis 1000 Quadratmeter Wohnfläche bietet.
Villa mit Pool in Morcote
Die zwei Luxusdomizile im Tessin sind bloss neun Autominuten voneinander entfernt. Eines davon steht in Lugano TI, das andere in Morcote TI. Beide bieten eine Postkartenaussicht auf den Luganersee und sind mit einem Garten inklusive Swimmingpool ausgestattet.
Blick hat detaillierte Informationen zu den Anwesen, kennt die Grösse der Grundstücke und der Gebäude. Der aktuelle Marktpreis dieser Villen lässt sich jedoch nur schätzen. Die Villa in Morcote TI steht auf einem 2800 Quadratmeter grossen Grundstück. Sie dürfte laut einem Kenner von Luxusimmobilien im Tessin rund zehn Millionen Franken wert sein.
Vincenz' zweite Villa im Tessin ist nicht ganz so gross wie die in Morcote. Das Grundstück erstreckt sich über 1800 Quadratmeter. Auch hier könnte er sich in einer grosszügigen Gartenanlage entspannen und zur Abkühlung in den Pool springen. Das Anwesen wird von einem Brancheninsider auf mindestens 4,5 Millionen Franken geschätzt.
Ein Ferienhaus in Graubünden
Und schliesslich gehört Vincenz noch ein Feriendomizil in Andiast GR. Im Bündner 300-Seelen-Dorf baute er zusammen mit seinen drei Schwestern vor Jahren ein Ferienhaus direkt an der Skipiste. Jedes der Geschwister hat darin eine Wohnung. Auch die anderen drei Villen gehören Pierin Vincenz nicht allein, er teilt den Besitz aktuell noch mit seiner Ex-Frau.
Schwer nachvollziehbar, warum der Ex-Spitzenbanker so viele Anwesen angehäuft hat. Insbesondere weil man heute weiss: Vincenz steht deswegen bei mehreren Kollegen tief in der Kreide. Dölf Früh (70), ehemaliger Präsident des FC St. Gallen, wie auch Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler (63) und sein ehemaliger Geschäftspartner Beat Stocker (61) sollen ihm für die Villen in Teufen und im Tessin mehrere Millionen Franken vorgestreckt haben. Spuhler allein lieh ihm 6,5 Millionen Franken, die er nun offenbar subito wiederhaben will.
Villen auf Pump werden veräussert
Noch gehören die Immobilien zu Vincenz' Vermögenswerten, die im Zuge der Anklage gesperrt wurden. Um die Schulden zu tilgen, sollen das Haus in Teufen sowie die Villa in Morcote in den nächsten drei Monaten verkauft werden, wie CH Media vor kurzem berichtete.
Ob sich für die Luxusimmobilien so schnell ein Käufer finden lässt, bleibt allerdings fraglich. Für Objekte in dieser Preiskategorie wird üblicherweise mit einem Verkaufszeitraum von mindestens zwei bis drei Jahren gerechnet. «Bei Immobilien von über zehn Millionen Franken müssen wir uns immer bewusst sein: Es gibt dafür keinen Massenmarkt», sagt Ruedi Tanner (57), Präsident der Schweizerischen Maklerkammer (SMK), zu Blick. «Es handelt sich jeweils um maximal eine Handvoll Interessenten», so Tanner. Dass Vincenz die Villen nun so rasch wie möglich loswerden muss, dürfte den Verkauf erschweren und den Preis drücken.