Vom Schulbankdrücken hat dieser stämmige Teenager definitiv genug. «Endlich richtig arbeiten», platzt es aus Silvio Giger (15) heraus, als der Stift auf seiner ersten Baustelle steht. Gestern begann er seine Lehre als Dachdecker bei der Firma Müggler in Altstätten SG. Zusammen mit Janis Oliva (16), der gegenüber BLICK zugibt, am ersten Arbeitstag durchaus etwas nervös zu sein.
Die beiden Stifte aus dem St. Galler Rheintal teilen das Los mit über 55'000 weiteren Teenagern, die heute zum ersten Mal bei ihrem Lehrbetrieb pünktlich zur Arbeit antreten mussten. Die Zahl der Lehranfänger wird bis in den Herbst noch ansteigen, in der Romandie und im Tessin beginnt die Berufslehre traditionellerweise später als in der Deutschschweiz.
Corona hat noch wenig Einfluss auf Lehrstellen
Noch hat die Corona-Krise den Lehrstellenmarkt nicht mit voller Wucht erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr sind Stand Ende Juli nur drei Prozent weniger Lehrverträge abgeschlossen worden. So richtig deftig dürfte sich die Pandemie erst in den kommenden Jahren auswirken, bis 2025 könnte sich die Zahl der abgeschlossenen Lehrverträge um bis zu 20'000 vermindern, wie Experten befürchten (BLICK berichtete).
Doch das muss Silvio und Janis alles nicht mehr kümmern, sie haben ihren Lehrvertrag bereits im letzten Herbst unterschrieben – als Corona noch weit weg und die wirtschaftliche Zukunft eine rosige war. Obwohl sich seither vieles geändert hat, ist für Lehrmeister Arthur Müggler (56) klar: «Die Lehrlinge sind unsere Zukunft. In diese müssen wir investieren.» Rund zwei Drittel aller Lehrstellen in der Schweiz werden von KMU angeboten.
Arbeitsbeginn ist morgens um sieben Uhr. In der ersten zwei Arbeitsstunden lernen die beiden neuen Lehrlinge den Betrieb mit seinen 25 Angestellten kennen, fassen Arbeits- und Schutzausrüstung und bekommen ihren Spind zugeteilt. Dann geht es ab auf die Baustelle. Für Silvio war Dachdecker von Anfang an der Traumberuf. Trotz regnerischen Montagvormittags sagt er: «Ich bin gerne draussen. Zudem haben Dachdecker immer die beste Aussicht.»