Bis zu 15 zusätzliche Klassen wegen Corona-Krise
Berufsschulen rüsten sich für Lehrabgänger-Ansturm

Die Unsicherheit auf dem Stellenmarkt treibt Lehrabgänger an die Berufsschulen. Im Kanton Zürich rüstet man sich für den grossen Ansturm.
Publiziert: 21.06.2020 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2020 um 21:25 Uhr
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Die Unsicherheit auf dem Stellenmarkt treibt Lehrabgänger an die Berufsschulen.
Foto: keystone-sda.ch
Sven Ziegler

Auf die Berufsschulen im Kanton Zürich kommen 2021 massiv mehr Schüler zu. «Wir rechnen mit etwa 10 bis 15 zusätzlichen Klassen», so ­Niklaus Schatzmann vom kantonalen Mittelschul- und Berufsbildungsamt.

Das entspricht einem Anstieg von mehr als 30 Prozent – und könnte an einer vorübergehenden Änderung des Aufnahmeverfahrens liegen, die durch die Corona-Pandemie notwendig wurde: Mussten Schüler bislang für eine Aufnahmeprüfung antreten, entfällt diese nun ab einem bestimmten Notenschnitt.

Voraussichtliches Resultat sind mehr Anmeldungen von Schülern und ein Engpass bei Lehrpersonen. Schatzmann beruhigt jedoch: «Die Rekrutierung der zusätzlich benötigten Lehrpersonen ist auf Kurs. Die Schulen melden, dass sie die zusätzlichen Klassen stemmen können.»

Allgemeiner Trend zur Berufsmaturität

Auch im Kanton St. Gallen ist ein Trend zur Berufs­maturität festzustellen. Der Verantwortliche Serge Ludescher sagt: «Die zusätz­liche Anstellung einer Lehrperson war meines Wissens nur an einer Schule nötig. Ansonsten wurde der Zusatzaufwand mit der Aufstockung von Unterrichtspensen aufgefangen.»

Stefan Wolter, Bildungsökonom an der Uni Bern, sieht die Angst vor krisenbedingter Arbeitslosigkeit als Auslöser. «Viele Jugendliche befürchten, dass es im Sommer keine Arbeitsstellen gibt und sie nach der Lehre nicht von ihrem Lehrbetrieb weiter beschäftigt werden können.» Normalerweise blieben mehr als 50 Prozent der Lehr­abgänger im Ausbildungs­betrieb. In diesem Jahr sei dies kaum realistisch.

Erhöhte Jugendarbeitslosigkeit

Urs Casty von der Lehrstellen-Plattform Yousty: «Viele Jugendliche wollen sich schneller weiterbilden, die Arbeitnehmer suchen auch nach gebildeten Lehrabgängern. Aber die Vermutung liegt nahe, dass manche sich aufgrund der verschärften Situation für eine Weiterbildung entscheiden.»

Daher dürfte die Situa­tion für die Lehrabgänger schwieriger werden. Casty: «Es werden zwar mehr Stellen ausgeschrieben als erwartet, aber viele der offenen Stellen sind nicht für Lehrabgänger gedacht. Wir rechnen daher mit einer vorübergehend erhöhten Jugendarbeits­losigkeit. Wir rufen die Betriebe auf, so viele Lehrabgänger wie möglich zu behalten.»

Betriebe dürfen Lehr­abgänger im Betrieb halten, obwohl sie Kurzarbeit an­gemeldet haben, sagt Wolter. Das sei der Corona-Krise eingeführt worden.

Weniger dramatisch ist die Situation für Lehrstellen­suchende: 81 Prozent aller offenen Lehrstellen konnten bereits besetzt werden. Die Situation gestaltet sich damit ähnlich wie in den Vorjahren.

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