Die Ära der Negativzinsen ist vorbei. Dennoch wirft ein Sparkonto bei den meisten Banken nach wie vor wenig bis nichts ab. Dabei ist es noch gar nicht so lang her, dass man Schülerinnen und Schülern mit beeindruckenden Zinseszinsrechnungen beibringen konnte, wie sehr sich Sparen langfristig lohnt.
Wer heute eine anständige Rendite will, kommt nicht darum herum, sein Geld anzulegen. Eine neue Umfrage der Hochschule Luzern im Auftrag der Postfinance zeigt aber: Nur etwa die Hälfte der Schweizer Haushalte investiert aktuell in Wertschriften. Befragt wurden mehr als 3000 Personen aus allen Landesteilen.
Auch junge Frauen sind zurückhaltender
Was auffällt: In überdurchschnittlich vielen Fällen sind die Anlage-Abstinenzler weiblich. Während 60 Prozent der männlichen Befragten in Wertschriften investieren, sind es bei den Frauen nur 40 Prozent. Für den Finanzprofessor Andreas Dietrich (46), der die Studie verantwortet, ist vor allem überraschend, dass über Generationen hinweg kaum ein Wandel zu erkennen ist: «Auch die jungen Frauen, die oft sehr gut ausgebildet sind, legen ihr Geld deutlich seltener an als ihre männlichen Altersgenossen.»
Die Hauptgründe für dieses Nicht-Anlegen sind Desinteresse, Unwissen – und Angst: Männer geben mit 45 Prozent an, sich sehr oder eher für die Geschehnisse an den Finanzmärkten zu interessieren, Frauen lediglich zu 19 Prozent. Der Aussage, dass ihnen generell das Wissen über Anlageprodukte fehle, stimmen nur 41 Prozent der Männer zu, bei den Frauen sind es 65. Ähnlich verhält es sich mit den Aussagen zum Thema Angst: 60 Prozent der Frauen fürchten sich davor, beim Anlegen Fehler zu machen, aber lediglich 42 Prozent der Männer.
«Das Geld fehlt womöglich im Alter»
Für Dietrich ist klar, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt: «Wenn ich nicht weiss, wie viel Rendite ich von welchem Anlageprodukt erwarten kann, dann investiere ich auch nicht, sondern lasse mein Kapital einfach auf dem Bankkonto liegen.»
Vor allem bei Gering- und Normalverdienern könne das über die Jahre spürbare Folgen haben: «Dieses Geld fehlt dann womöglich im Alter, und die Gefahr ist grösser, dass man den Gürtel enger schnallen muss.»
Die Risiken an der Börse hält Andreas Dietrich für vergleichsweise gering. Zentral für Durchschnittsinvestoren sei, über einen längeren Zeithorizont von zehn bis 20 Jahren zu planen und nicht kurzfristig auf das investierte Kapital angewiesen zu sein.