Frau will sich vor neugierigen Blicken schützen
So nahm der Wahnsinn um einen doppelten Zaun seinen Lauf

Eine Frau will sich vor neugierigen Blicken schützen. Dann nimmt der Wahnsinn seinen Lauf – nun stehen zwei Zäune Rücken an Rücken.
Publiziert: 16.09.2023 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 10:24 Uhr
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Doppelt gemoppelt nützt in diesem Fall nicht viel. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock
Daniel Faulhaber
Beobachter

Frau S.* wohnt seit 40 Jahren in einem Reihenhaus im beschaulichen Schaffhausen. Dann trübt der Gang des Lebens den Frieden mit den Nachbarn, und heute ist – metaphorisch gesprochen – Feuer im Dach. Es geht um die Höhe eines Zauns. Ein Zoff um Zentimeter, der sich so oder sehr ähnlich in vielen Schweizer Quartieren zuträgt. Als Folge der abgekühlten Beziehung zur Nachbarschaft wünschte sich Frau S. mehr Privatsphäre. Sie wurde nämlich – so empfindet es Frau S. – zunehmend zur Darstellerin in einem Stück namens Alltag, das von der Nachbarin mit Vergnügen, ja, mit «lustvollem Gaffen» zur Kenntnis genommen wird. Damit solle Schluss sein, fand Frau S. und wollte zwecks Sichtschutz einen Zaun auf der Grenze zum Nachbargrundstück installieren. Da nahm die Absurdität ihren Lauf.

Denn die Nachbarn ihrerseits haben bereits einen Zaun. Allerdings ist der in der Sichtschneise zwischen Grundstück A (Nachbarn) und Grundstück B (Frau S.) nur 150 Zentimeter hoch. Nur ganz oben, auf einzelnen aufragenden Streben, liegt noch ein Balken auf 250 Zentimeter Höhe. Die Lücke dazwischen sei viel zu gross, sagt Frau S., man könne «gäbig» hindurchschauen.

Frau S. wollte höher hinaus als die 150 unteren Zentimeter der Nachbarn und baute einen 180 Zentimeter hohen Zaun. Kosten: 1700 Franken. Es standen nun also in einem Wohnquartier in Schaffhausen zwei Gartenzäune Rücken an Rücken, einer mit 150 plus Aufliegerbalken, der andere mit 180 Zentimeter Höhe. Derlei Sichtschutzelemente werden in der Gartenzaunszene auch «Umfriedung» genannt, was den gewünschten Effekt hübsch auf den Punkt bringt: Ruhe, Einkehr, innerer Frieden.

Örtliche Baupolizei schaltet sich ein

Das erhoffte sich auch Frau S. Doch der Friede hielt nicht lange. Nach Einsprache der Nachbarn bei der örtlichen Baupolizei flatterte plötzlich eine «Wiederherstellungsverfügung» ins Haus. Ihr Zaun sei zu hoch, hiess es. Er müsse darum nachträglich entfernt oder auf eine Höhe von 150 Zentimeter zurückgestutzt werden.

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An dieser Stelle wichtig zu wissen: Die bewilligungspflichtige Höhe von Zäunen, Mauern und anderen Sichtschutzelementen ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Im Kanton Schaffhausen ist alles über 150 Zentimeter bewilligungspflichtig. Warum aber haben die Nachbarn – ohne Baubewilligung – einen Balken auf 250 Zentimeter Höhe? Hier spielt, auch das muss man erst wissen, das Privileg des Alters: Der Nachbarszaun steht länger als 30 Jahre, womit er sich – mit dem technischen Vokabular der Baubehörde gesprochen – das Baurecht «ersessen» hat.

Geschenke gibt es nicht

Der Zaun von Frau S. dagegen ist neu und hat die bewilligungsfreie Höhe überschritten. Aber nicht nur das: Der Zaun steht direkt an der Grundstücksgrenze, was eine weitere Bestimmung der kantonalen Zaunordnung verletzt. Demnach muss ein Zaun um halb so viele Zentimeter ins Grundstückinnere verlegt werden, wie er die Freigrenze von 150 Zentimeter überschreitet. Im Fall von Frau S. und dem 180 Zentimeter hohen Zaun müsste dieser also um 15 Zentimeter ins Grundstückinnere verlegt werden.

Eine Ausnahme wäre möglich, wenn die Nachbarn den Zaun an der Grenze tolerierten. Tun sie aber nicht. Denn auch das gehört zu den Gesetzmässigkeiten von Nachbarschaftskonflikten: Es werden keine Geschenke gemacht.

Frau S. wird den Zaun zurückstutzen. Und so stehen bald in einem Wohnquartier in Schaffhausen zwei Gartenzäune -Rücken an Rücken. Einer mit 150 (plus Auflieger), der andere ebenfalls mit 150 Zentimeter Höhe.

* Name der Redaktion bekannt

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