Fleischpreise sorgen für Ärger
Kunden beissen im Supermarkt vermehrt bei Billig-Fleisch an

Schweizer Konsumenten legen sich immer öfter günstiges Fleisch in den Einkaufskorb. Das drückt die Nachfrage nach Label-Produkten, während Discounter eine Preisschlacht beim Billigfleisch führen. Die Preisstrategie der Händler sorgt für Kritik.
Publiziert: 19.02.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2025 um 10:58 Uhr
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Die Kundschaft der Migros achtet beim Fleischkauf vermehrt auf die Preise.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

  • Konsumenten greifen häufiger zu günstigem Fleisch, Nachfrage nach Label-Produkten sinkt
  • Detailhändler initiieren Preisschlacht bei Billigfleisch, Preise bei Label-Produkte bleiben stabil
  • Coop und Migros haben zusammen 70 Prozent Marktanteil bei Lebensmitteln
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Schweizer Haushalte greifen im Supermarkt immer häufiger zum günstigen Pouletbrüstli, Plätzli oder Schweinskotelett. Das bestätigen die beiden grossen Detailhändler Migros und Coop. Die Nachfrage verschiebt sich weg vom Label-Fleisch. Der Wettbewerbsdruck ist hoch, und die Märkte werden mit einer zurückhaltenden Konsumstimmung konfrontiert sein, heisst es beim Grossfleischverarbeiter und Coop-Tochter Bell. «Dies führt zu einer weiteren Verlagerung hin zu Angeboten mit niedrigeren Preispunkten», sagt CEO Marco Tschanz (50) letzte Woche gegenüber Medien.

Die Kundschaft ist preissensibler geworden. Die Teuerung der letzten Jahre hat sichtlich Spuren hinterlassen. Der Detailhändler hat darauf reagiert und in den letzten Monaten eine regelrechte Preisschlacht beim Billigfleisch losgetreten. Der Discounter Aldi ging im September voran und vergünstigte die Frischfleischprodukte um bis zu 36 Prozent. Denner, Lidl und die Grossverteiler legten nach. Bei den Label-Produkten blieben die Preise im Laden dagegen mehrheitlich stabil.

Präsident von Faire Märkte Schweiz übt Kritik

Es seien die Kundinnen und Kunden, die das Bedürfnis nach billigerem Fleisch hätten, argumentiert der Detailhandel. Dem widerspricht Stefan Flückiger (64), Präsident von Faire Märkte Schweiz, vehement. «Nicht die Kundschaft ist schuld am Griff zum Billigfleisch, sondern der Handel», sagt er.

Sein Vorwurf: Der Detailhandel würde den Konsumenten den Griff zum Billigfleisch viel zu schmackhaft machen. «Die Anbieter fahren bei Label-Produkten eine Hochpreisstrategie und setzen beim Discount-Standard auf Tiefpreise. Bei einer derart grossen Preisdifferenz ist es nur logisch, dass die preissensible Kundschaft zu den deutlich günstigeren Produkten wechselt.»

Nächste Preisrunde bei Coop

Coop-CEO Philipp Wyss (59) lanciert die nächste Preissenkungsrunde im Detailhandel. «Nächste Woche senken wir dauerhaft die Preise von 100 Markenartikel in unseren Supermärkten», sagt Wyss an der Jahresmedienkonferenz am Dienstag. Dabei seien seit Jahresbeginn bereits 300 Produkte reduziert worden. Wie im letzten Jahr will Coop auch im 2025 gut 100 Millionen Franken in tiefere Preise stecken. Im Fokus: die Billiglinie Prix Garantie mit 1500 Produkten des täglichen Bedarfs und 500 Markenprodukte auf Discount-Niveau. «Senkt ein Discounter die Preise, ziehen wir noch am selben Tag nach», verspricht Wyss auf Nachfrage von Blick. Die Billiglinie von Coop ist im letzten Jahr überdurchschnittlich gewachsen. Sie spreche besonders Familien und junge Erwachsene an. Eier, Poulet und Bananen sind die Verkaufsrenner bei Prix Garantie. Die ganze Coop-Gruppe erzielt 2024 einen Gewinn von 585 Millionen Franken, ein Plus von 10 Millionen im Vorjahresvergleich. Coop zählt aktuell 97'040 Angestellte und will bis 2026 schweizweit 1000 Supermärkte betreiben.

Coop-CEO Philipp Wyss (59) lanciert die nächste Preissenkungsrunde im Detailhandel. «Nächste Woche senken wir dauerhaft die Preise von 100 Markenartikel in unseren Supermärkten», sagt Wyss an der Jahresmedienkonferenz am Dienstag. Dabei seien seit Jahresbeginn bereits 300 Produkte reduziert worden. Wie im letzten Jahr will Coop auch im 2025 gut 100 Millionen Franken in tiefere Preise stecken. Im Fokus: die Billiglinie Prix Garantie mit 1500 Produkten des täglichen Bedarfs und 500 Markenprodukte auf Discount-Niveau. «Senkt ein Discounter die Preise, ziehen wir noch am selben Tag nach», verspricht Wyss auf Nachfrage von Blick. Die Billiglinie von Coop ist im letzten Jahr überdurchschnittlich gewachsen. Sie spreche besonders Familien und junge Erwachsene an. Eier, Poulet und Bananen sind die Verkaufsrenner bei Prix Garantie. Die ganze Coop-Gruppe erzielt 2024 einen Gewinn von 585 Millionen Franken, ein Plus von 10 Millionen im Vorjahresvergleich. Coop zählt aktuell 97'040 Angestellte und will bis 2026 schweizweit 1000 Supermärkte betreiben.

Label-Fleisch teilweise doppelt so teuer

Flückiger hält diese Preisstrategie für gefährlich. «Die Detailhändler übertreiben bei den Preisunterschieden völlig. Bei den Label-Produkten mit höheren Tierwohlstandards wird einfach verlangt, was die Kunden zu zahlen bereit sind. Die Preise basieren nicht auf den effektiven Produktionskosten.»

Er nennt das Beispiel Rindsplätzli: Hier kostet das Kilogramm Discount-Standard gemäss Auswertung von Faire Märkte Schweiz in der Produktion 10.70 Franken und wird im Supermarkt für 33.95 Franken angeboten. Beim Bio-Standard liegt der Produzentenpreis nur 2 Franken höher. Verkauft wird das Kilogramm aber für 66.25 Franken – also den doppelten Preis. «Die beiden marktmächtigen Detailhändler wären hier in der Verantwortung», sagt Flückiger. Coop und Migros kommen bei Lebensmitteln zusammen auf einen Marktanteil von rund 70 Prozent.

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Geht der Preiskampf zulasten der Bauern?

Im Detailhandel weist man den Vorwurf von sich. Die Preisdifferenz zwischen Label und konventionell habe ganz andere Gründe, heisst es vonseiten der Migros: «Wir kaufen ein ganzes Label-Tier zum Label-Preis ein. Vermarkten können wir jedoch nur einen Teil davon als Label-Produkte, der Rest fliesst in den konventionellen Kanal. Zudem entstehen auch in der Verarbeitung und im Handel höhere Kosten für Label-Produkte.» Etwa durch die separate Verarbeitung, andere Verpackungen oder Zertifizierungskosten. Die geringeren Mengen würden zudem die Skaleneffekte verkleinern.

Der Preiskampf an der Fleischtheke sorgt in der Landwirtschaft für Unruhe. Die Detailhändler, allen voran Aldi, beteuerten letzten Herbst, dass die Preissenkungen nicht auf dem Rücken der Bauern ausgetragen werden. Die Migros bezahle die geforderten Richtpreise, nimmt der Detailhändler Stellung. Die Lieferanten, insbesondere die Schweizer Bauern, würden durch diese Massnahme nicht belastet. Bei Coop-Tochter Bell betont man, dass die Preise wie bis anhin vom Angebot und von der Nachfrage bestimmt werden. Wegen der hohen Nachfrage bei Rindfleisch und Geflügel wären die Rohmaterialpreise im letzten Jahr gestiegen. Der Preisdruck sei aber nicht neu. Deshalb schraube man permanent an der Effizienz.

Senkt Migros Standards beim Importfleisch?

«Aktuell sehen wir bei den inländischen Produzentenpreisen nicht, dass der Detailhandel die tieferen Preise auf die Bauern abwälzt», sagt Flückiger. Der Druck liege derzeit vor allem auf dem Importfleisch. Mit der Lancierung der Tiefpreisstrategie berichteten Medien, dass die Migros beim Importfleisch nicht mehr die gleichen Mindeststandards wie beim Schweizer Fleisch garantiere.

Landet also bald noch mehr günstiges Fleisch zu noch tieferen Preisen in den Läden? Migros betont, dass man weiterhin, wo immer möglich, auf Schweizer Fleisch setzt. Die Preisanpassungen würden vor allem Schweizer Produkte betreffen, und man plane nicht, vermehrt auf Importe zu setzen, um die Preise zu senken. Zudem sei auch beim Import das Tierwohl wichtig. Laut einer Sprecherin konnte die Migros bei diversen tierischen Produkten erreichen, dass auch die Importe mindestens dem Schweizer Tierschutzgesetz entsprechen. «Wir werden auch künftig Tierschutzanforderungen an Importprodukte stellen», versichert die Sprecherin.

Beim Pouletfleisch liegt der Importanteil bei Migros bei rund 15 Prozent. Doch hier kann der heimische Markt die wachsende Nachfrage schlicht nicht bedienen.

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