Der Fitness-Besuch für Ungeimpfte wird zum aufwendigen Spass! Ab Montag ist das Corona-Zertifikat in Schweizer Sport-Tempeln Pflicht. Das heisst, wer keine Genesung oder Impfung nachweisen kann, muss vor dem Training mindestens einen Antigen-Test vorweisen.
Jetzt, wenige Tage bevor die Regelung in Kraft tritt, wird das Ausmass des Schadens sichtbar. «Die Stimmung bei meinen Mitgliedern ist miserabel», weiss Claude Ammann (53). Jeden Tag erhalte er Anrufe von Betreibern, die sich über die zahlreichen Abo-Kündigungen beklagten. Für die nächsten Monate müsse die Branche mit 25 bis 30 Prozent weniger Umsatz rechnen.
«Kunden künden vorsorglich»
«Viele Kundinnen und Kunden lösen ihre Verträge vorsorglich auf Anfang Oktober auf», sagt der Präsident des Schweizerischen Fitness- und Gesundheitsverbandes (SFGV) zu Blick. Denn ab dann müssen Schweizerinnen und Schweizer die Corona-Tests wieder selbständig berappen. Damit wird das Fitness-Training nicht nur kompliziert sondern auch noch teuer.
Fitness-Unternehmer Thomas Tholey (50) kriegt die Kündigungswelle besonders heftig zu spüren. Einst bediente der Inhaber des Zenith Gesundheitszentrums in Hunzenschwil AG mehr als 500 zahlende Kunden. Inzwischen sind daraus weniger als 200 geworden. «Seit der Bundesrat die Zertifikatspflicht angekündigt hat, haben weitere 20 Kunden ihren Vertrag aufgelöst», klagt er.
Dabei ärgert Tholey besonders: «Die Ansteckungsgefahr ist in den Fitnesscenters gar nicht höher.» Das zeige sein Messgerät, das die CO2-Konzentration in seinen Räumen misst. «Die Werte stimmen in etwa mit denen von Aussenräumen überein», sagt er und zeigt Blick ein Foto zum Beweis.
«Für viele der endgültige Todesstoss»
Besonders bitter für die Branche: Erneut steht mit den kalten Wintermonaten die umsatzkräftigste Zeit des Jahres auf der Kippe. Bis zu 50 Prozent erwirtschaftet Thomas Tholey in dieser Zeit. Er weiss: «Die Zertifikatspflicht versetzt vielen in der Branche den endgültigen Todesstoss.» Auch für sein Gesundheitszentrum muss der Unternehmer über die Bücher. Weitere Kündigungen könne er nicht ausschliessen. Denn vor allem der fehlende Mieterlass macht ihm arg zu schaffen – er hofft auf Unterstützung vom Bund.
Etwas mehr Verständnis für die jüngste Entscheidung des Bundesrates hat Carlo Eichenberger (59). Er ist Geschäftsführer und Inhaber des Ladies Gym in Dietikon ZH. Obwohl auch er finanziell auf Zahnfleisch läuft, sagt er: «Ohne Impfung kommen wir aus diesem Schlamassel nicht wieder raus.» Er wolle einfach wieder normal geschäften können.
Kündigungen habe er bisher keine erhalten. Aber: «Einige Kundinnnen fragen mich, ob sie die Zeit mit Zertifikatspflicht vergütet bekommen.» Leisten kann er sich das eigentlich nicht. Denn bereits die Zeit während des letzten Lockdown haben die Fitnesscenters ihren Kundinnen und Kunden vergütet – und somit während mehreren Monaten de facto gratis gearbeitet. Eichenberger will nun die Empfehlungen des Verbandes abwarten.
«Zertifikatspflicht für Mitarbeiter kommt nicht in Frage»
Und die sollen schon bald kommen. Am Sonntag will SFVG-Präsident Ammann seine Mitglieder mit Schutzkonzepten und Unterstützungsmassnahmen bedienen. Darin würde dann auch eine allfällige Empfehlung über die Ausweitung der Zertifikatspflicht auf Mitarbeitende geregelt werden.
Doch für Betreiber Tholey ist bereits jetzt klar: «Ich werde von keinem meiner Angestellten ein Zertifikat verlangen.» Stattdessen wolle er weiterhin auf Schutzmasken und Abstand setzen. «Das haben wir gemeinsam besprochen. Das Team steht voll hinter mir», so Tholey.