Fieses Spiel mit Hausbesitzern
Immo-Firma drängt zu Panik-Verkäufen

In einem Schreiben fordert die Immobilienfirma Amax mehrere Hauseigentümer zum Handeln auf. Und dazu, ihre Immobilie zu verkaufen. Das kommt nicht überall gut an. Experten raten zur Vorsicht.
Publiziert: 14.04.2020 um 23:02 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2020 um 11:16 Uhr
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Christian Oberholzer (54) erhielt vor kurzem ein verbindliches Kaufangebot für seine Liegenschaften. Der Absender, die Immobilienfirma Amax, macht im Schreiben mit einer Rezession als Folge der Corona-Krise mächtig Druck.
Foto: Zvg
Dorothea Vollenweider

Das Schreiben, das BLICK-Leser Christian Oberholzer (54) vor kurzem per Post erhielt, macht ihn fassungslos. Es ist ein verbindliches Kaufangebot für seine Liegenschaften. Der Absender, die Immobilienfirma Amax, macht darin mit einer Rezession als Folge der Corona-Krise Druck: «Es ist Zeit zu handeln», heisst es etwa.

Und schürt Ängste unter den Eigenheimbesitzern: «Eine Rezession mit Massenarbeitslosigkeit ist kaum abzuwenden. Wenn die Menschen in unserem Land aufgrund der Rezession und der Massenarbeitslosigkeit die Mieten nicht mehr bezahlen können, wird sich der Wert der Liegenschaft dramatisch verringern.»

Unseriöses Schreiben

Das Schreiben sei nicht nur unseriös, sondern auch noch schlecht recherchiert, sagt Oberholzer im Gespräch mit BLICK. Er ist im Vorstand einer selbstverwalteten Wohnbaugenossenschaft. Der Genossenschaft gehören vier Liegenschaften mit insgesamt 34 Mietwohnungen in Wettingen AG. Auch andere Mitglieder des Vorstands haben das Kaufangebot erhalten.

Der Brief sei eine Sauerei, so Oberholzer. «Das ist eine verfehlte Panikmache.» Er glaubt, die Immobilienfirma hat seine Kontaktdaten aus dem Handelsregister. Und dass Amax den Brief auch an weitere Empfänger versendet hat. «Es gibt bestimmt Empfänger, die aufgrund des Schreibens Angst um den Wert ihrer Liegenschaft bekommen und auf das Kaufangebot eingehen», so der 54-Jährige.

Panikmache oder Realität?

«Das ist keine Panikmache, sondern Realität», sagt hingegen Thilo Hergott, Verfasser des Kaufangebots und Verwaltungsratspräsident von Amax. «Die Immobilien werden je nach Lage und Art der Objekte dramatisch an Wert verlieren.» Bereits jetzt hätten Zigtausende Unternehmen Kurzarbeit beantragt.

«Was passiert, wenn die Menschen kein Geld mehr haben oder deutlich weniger Geld zur Verfügung steht? Mietzahlungen werden gestoppt oder zumindest deutlich reduziert», so Hergott. Kapitalanleger und Immobilienbesitzer darauf hinzuweisen, sei seriös. Es sei sein Auftrag als Profi, vorausschauend auf Entwicklungen aufmerksam zu machen. Deshalb habe er seit dem Lockdown rund 40 Schreiben mit verbindlichen Kaufangeboten versendet.

Im Fall von Oberholzer lockte er mit einem «Kaufpreis in Höhe der
26-fachen Jahresmietzinseinnahmen». Und: Das Angebot sei befristet bis zum 15. April.

HEV rät von überstürzten Verkäufen ab

Monika Sommer, stellvertretende Direktorin des Hauseigentümerverbands Schweiz (HEV), hält Hergotts’ Angebot für fragwürdig. «Ausschliesslich aufgrund einer Rezession generell auf einen Wertzerfall einer Immobilie zu schliessen, ist nicht sehr qualifiziert», sagt Sommer.

Sie rät den Immobilieneigentümern, sich nicht zu einem überstürzten Verkauf drängen zu lassen, sondern von einer unabhängigen Stelle beraten zulassen. Dies könnten beispielsweise die regionalen Sektionen des HEV tun.

Keine Preiskorrekturen bei Mehrfamilienhäusern

Ursina Kubli (40), Leiterin Immobilien Research der Zürcher Kantonalbank, hält das Angebot ebenfalls für unseriös. «Die Absicht, den Preis zu drücken, ist offensichtlich», sagt sie. Kubli ist nicht der Ansicht, dass es kurzfristig zu grossen Preiskorrekturen bei Mehrfamilienhäusern kommt.

«Erstens können die Mieter ihre Mieten dank Kurzarbeit bezahlen, und zweitens wird viel eher die Liquidität sinken.» Das heisst, es wird in den kommenden Monaten kaum Transaktionen geben. «Das ist schon fast eine Drohung, auf welche ich persönlich nie eingehen würde», sagt Kubli über das Amax-Schreiben.

Oberholzer wird auf das Kaufangebot nicht eingehen

«Kann ich auch nicht, da die Liegenschaften der Genossenschaft gehören. Wenn der Absender etwas genauer recherchiert hätte, wüsste er das auch», sagt er zu BLICK. Bei einer Genossenschaft benötigt es für jede Veränderung einen Beschluss der Generalversammlung.

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