Fiese Masche mit Identität von Verstorbenen
Die vier Tricks der Tutti-Betrüger

Kriminelle übernehmen die Identität von verstorbenen Personen. Unter ihrem Namen kaufen sie Waren, um an Zahlungsdaten der Verkäufer zu kommen – und an ihr Geld. Wie kannst du dich schützen?
Publiziert: 19.03.2025 um 11:42 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2025 um 12:06 Uhr
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Betrug auf Tutti.ch: Eigentlich wollte Ursula Brecht nur ihren unbenutzten Tortenbehälter auf dem Kleinanzeigen-Portal verkaufen.
Foto: Screenshot (Tutti.ch)

Darum gehts

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Otto Hostettler
Beobachter

Ursula Brecht wollte auf Tutti ihren unbenutzten Tortenbehälter für 60 Franken verkaufen. Am Schluss war die Frau, die eigentlich anders heisst, fast 5000 Franken los. Um an das Geld zu kommen, reihten Betrüger eine Kaskade von Tricks geschickt aneinander, wie die Rekonstruktion des Beobachters zeigt.

Das Inserat für den «Tupper Tortentwist» von Ursula Brecht war nur ein paar Tage online, da meldete sich eine Person namens Fatima, wie Brecht dem Beobachter erzählt: «Hey, ich habe eure Anzeige gesehen und finde das Angebot echt ansprechend. Ich hätte ein paar Punkte zu klären und würde das gerne kaufen, falls alles in Ordnung ist.»

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Mit vier Tricks zum Geld

Trick eins: Fatima erwähnte gleich auch, sie habe leider in den nächsten Tagen keinen Zugang zum Computer. Sie würde deshalb gern per Whatsapp kommunizieren. Wobei sie den Namen des Messengerdienstes falsch schrieb: «VVhatsz App». Später sollte sich zeigen: Mit dieser offensichtlich bewusst falschen Schreibweise umgehen Betrüger automatisierte Betrugserkennungstools von Verkaufsplattformen.

Trick zwei: Im Whatsapp-Chat war von Fatima keine Rede mehr. Der Käufer hiess jetzt Franz und gab Ursula Brecht für den Versand des Tortenbehälters seine Privatadresse in Gersau SZ an. Gleichzeitig schrieb er der Verkäuferin, er melde sich, sobald der Tortenbehälter eingetroffen sei. Sie könne dann auf einen Link «Geld erhalten» klicken, um die Auszahlung via Twint auszulösen.

Was Ursula Brecht nicht wusste: Eine solche «Geld erhalten»-Funktion gibt es weder bei Tutti noch bei Twint. Der Link führte zu einer gefälschten Postfinance-Website und hatte einzig den Zweck, die Zugangsdaten von Ursula Brecht (und anderen Opfern) abzugreifen. Phishing nennt sich diese Betrugsmethode. So verschafften sich die Betrüger Zugang zu Brechts Twint-Konto. Innerhalb einer halben Stunde räumten sie es mit zehn Transaktionen leer. Der Schaden für Ursula Brecht: 4870 Franken.

Check bei Verdacht auf Phishing
  • Achtung bei E-Mails ohne persönliche Anrede und mit unbekannter Absender-Mailadresse.
  • Vorsicht bei Aufforderungen, einen Link anzuklicken. Fahre mit der Maus über den Link, so siehst du die womöglich kuriose beziehungsweise falsche Internetadresse.
  • Schweizer Firmen verwenden kein deutsches «ß», sondern schreiben «ss».

Hast du auch betrügerische E-Mails und SMS erhalten? Melde deinen Fall dem Beobachter (redaktion@beobachter.ch). So können andere Konsumentinnen und Konsumenten vor möglichen Betrügereien gewarnt werden. Mehr Informationen zum Thema findest du hier. 

  • Achtung bei E-Mails ohne persönliche Anrede und mit unbekannter Absender-Mailadresse.
  • Vorsicht bei Aufforderungen, einen Link anzuklicken. Fahre mit der Maus über den Link, so siehst du die womöglich kuriose beziehungsweise falsche Internetadresse.
  • Schweizer Firmen verwenden kein deutsches «ß», sondern schreiben «ss».

Hast du auch betrügerische E-Mails und SMS erhalten? Melde deinen Fall dem Beobachter (redaktion@beobachter.ch). So können andere Konsumentinnen und Konsumenten vor möglichen Betrügereien gewarnt werden. Mehr Informationen zum Thema findest du hier. 

Trick drei: Um die Spuren zu verwischen, überwiesen die Betrüger das Geld nicht auf ihr eigenes Konto, sondern kauften bei K-Kiosk von Valora Guthabenkarten (etwa Apple Pay, Paypal). So konnten die Betrüger das Geld unerkannt auf andere Konten bei Bezahldienstleistern verschieben.

Trick vier: Den Tortenbehälter hatte Ursula Brecht unterdessen nach Gersau geschickt. Doch den angeblichen Käufer Franz gab es nicht – er war wenige Wochen zuvor gestorben.

Dieser Fall zeigt: Offensichtlich scannen Betrüger das Internet nach Todesanzeigen ab und bestellen anschliessend Produkte unter den Namen der Verstorbenen. Doch um die Produkte geht es gar nicht – sie wollen nur an die Daten des Twint-Accounts des Verkäufers kommen.

Päckliflut für die Witwe

Äusserst unangenehm war der Namensmissbrauch auch für die Witwe in Gersau. Die betagte Frau erhielt nach dem Tod ihres Mannes über 20 Pakete zugestellt: ein Bügelbrett, Plüschtiere, ein Radio, Kleider und andere Waren. Die Polizei sah sich ausserstande, etwas gegen die ungebetene Päckliflut zu unternehmen. Schliesslich verweigerte die Witwe kurzerhand die Annahme – worauf die Waren an die Verkäufer zurückgesandt wurden.

Tutti-Sprecherin Mojca Fuks bestätigt dem Beobachter: «Unter dem Namen der Person aus Gersau wurden auf Tutti mehrere betrügerische Benutzerkonten erstellt.» Tutti konnte das Konto noch am Tag der Registrierung blockieren. Für Ursula Brecht aber war es da bereits zu spät.

So schützt du dich auf Verkaufsplattformen
  • Prüfe das Profil des Käufers/Verkäufers.
  • Vorsicht, wenn Benutzername und Kontaktadresse nicht übereinstimmen!
  • Nutze den Kommunikationskanal der Verkaufsplattform.
  • Achte auf eigenartige (bewusste) Schreibfehler (zum Beispiel VVhatsz App).
  • Klicke nie auf Links und scannen Sie keine QR-Codes, die Ihnen ein Käufer/Verkäufer zuschickt.
  • Weder Twint noch Tutti verfügen über eine «Geld erhalten»-Funktion.
  • Prüfe das Profil des Käufers/Verkäufers.
  • Vorsicht, wenn Benutzername und Kontaktadresse nicht übereinstimmen!
  • Nutze den Kommunikationskanal der Verkaufsplattform.
  • Achte auf eigenartige (bewusste) Schreibfehler (zum Beispiel VVhatsz App).
  • Klicke nie auf Links und scannen Sie keine QR-Codes, die Ihnen ein Käufer/Verkäufer zuschickt.
  • Weder Twint noch Tutti verfügen über eine «Geld erhalten»-Funktion.
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