Auf einen Blick
Sie nennen sich Neo-Banken, Smartphone-Banken oder auch Online-Banken: Mit wenigen Klicks eröffnet man online ein Konto, das über eine App verwaltet wird. Physische Bankschalter gibt es nicht. Weil die Banken so wenig Aufwand betreiben, sind die Gebühren entsprechend tief – oder fallen sogar ganz weg. Das macht sie bei vielen beliebt – kann aber für Kundinnen und Kunden fatale Nachteile haben, wie Recherchen des «Beobachters» zeigen.
Die erste Schweizer Smartphone-Bank war Zak, 2018 von der Bank Cler lanciert. 2019 kam Neon dazu, ein Jahr später Yapeal. 2021 folgten Yuh und weitere. Schon länger präsent sind in der Schweiz die ausländischen Anbieter Revolut, Wise (früher Transferwise) und N26.
Neo-Banken haben Hunderttausende von Kunden
Bereits über 900’000 Personen benutzen eine solche Bank in der Schweiz, zeigt eine Erhebung der Hochschule Luzern. Auf 250’000 Nutzerinnen und Nutzer kommt allein Yuh, ein Produkt der Bank Swissquote.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Probieren Sie die Mobile-App aus!
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Eliane Steiner ist Kundin bei Yuh. Die Frau, die eigentlich anders heisst, nutzt die App für ihre Börsengeschäfte.
Am 1. Oktober 2024 konnte sie sich plötzlich nicht mehr einloggen. Sie rief den Kundendienst von Yuh an und erfuhr: Ihr Konto war gesperrt worden, weil das Guthaben auf null war. Betrüger hatten mehr als 50’000 Franken auf Kryptokonten transferiert.
Die Täter handelten sehr schnell
Offenbar war Eliane Steiner auf eine Phishing-Mail hereingefallen. Transaktionsbelege zeigen: Innerhalb weniger Minuten kommt es zu mehr als einem Dutzend Transaktionen an zwei Personen, «Calbi Joel Salvatore» und «Fabienne Binder». Ob es sich bei diesen Namen um reale Personen handelt, kann Eliane Steiner nicht herausfinden.
Denn während bei normalen Banktransaktionen immer eine IBAN des Empfängers bekannt ist und sich dieser damit identifizieren lässt, ist bei Kryptowährungen eine Kryptobörse dazwischengeschaltet. Die Identität der Empfänger könnte nur in einem aufwendigen juristischen Verfahren offengelegt werden.
«Unübliche Aktivitäten»
Stossend in diesem Fall: Yuh wusste von Unregelmässigkeiten auf Steiners Konto. Am Tag der betrügerischen Transaktionen wurde um 9.03 Uhr aufgrund «unüblicher Aktivitäten» die Debitkarte gesperrt. Yuh informierte Eliane Steiner aber nicht darüber. Mehr noch: Weil nur ihre Karte, nicht aber das Konto gesperrt wurde, begann der Geldabfluss.
Die Bank sagt dazu, das sei «gängiges Vorgehen», so habe der Kunde weiterhin Zugriff auf das Konto, falls die Karte gesperrt sei. Doch Eliane Steiner nutzte ihre Debitkarte nie, sie hatte sie nicht einmal aktiviert.
Als Yuh schliesslich am 1. Oktober das Konto sperrte und Eliane Steiner sich nicht mehr einloggen konnte, kam es zum zweiten Fehler. Am besagten Morgen stellte die Bank zwar auf Steiners Konto um 8.24 Uhr «unübliche Aktivitäten» fest. Doch sie informierte die Kundin nicht darüber. Als Eliane Steiner kurz darauf – nichts ahnend – wegen der Sperrung reklamierte, wurde das Konto wieder freigegeben. Mit fatalem Resultat: Zwischen 9.12 Uhr und 9.15 Uhr wurden gleich nochmals betrügerische Zahlungen ausgelöst.
Yuh-Bank will keine Fehler gemacht haben
Die Yuh-Bank sieht bei sich keine Fehler und betont gegenüber dem «Beobachter»: Man warne die Nutzerinnen und Nutzer in der App und auf der Website «regelmässig eingehend vor solchen oder ähnlichen Angriffen». Eliane Steiner ist frustriert: «Wie soll ich mich als Kundin vor Missbrauch schützen, wenn ich nicht über den Grund einer Karten- und Kontosperre informiert werde?»
Diese Frage lässt die Bank unbeantwortet. Ebenso Steiners Begehren, man möge ihr weitere Details zu den betrügerischen Transaktionen und den Geldempfängern liefern.
Schon fast zynisch mutet der Hinweis von Swissquote an, man habe «umgehend Massnahmen eingeleitet, um die Gelder zurückzuführen». Der Witz daran: Einem solchen «Recall of Funds» bei der Empfängerbank müsste der Empfänger zustimmen, was bei Betrügern selbstredend illusorisch ist. Sprich: Das Geld ist verloren.
Revolut-Kunde chancenlos
Ebenfalls Opfer eines Betrugs wurde Heinrich Berger. Bei seiner Online-Bank Revolut funktioniert der Kundendienst sogar fast vollständig automatisiert. Berger, der hier ebenfalls anonymisiert erwähnt ist, wohnt im deutschen Konstanz, ist aber häufig in der Schweiz unterwegs. «Ich nutze Revolut, weil ich oft nicht genügend Bargeld in der anderen Währung bei mir habe.»
Im vergangenen Frühling wurden auf seinem Konto innerhalb von elf Minuten 17 betrügerische Transaktionen ausgelöst – für Bestellungen beim chinesischen Online-Händler Aliexpress. Bis das Guthaben der Karte aufgebraucht war. 2000 Euro waren weg.
Das Identifikationssystem ausgetrickst
Auch Heinrich Berger wurde vermutlich Opfer von Phishing. Unbekannten gelang es, Bergers Debitkarte mit der Apple-Pay-Funktion auf dem Smartphone der Betrüger zu verknüpfen. So konnten sie Bergers Zwei-Faktor-Authentifizierung umgehen.
Obschon er bisher nie bei Aliexpress Waren bestellt hat, sind der Bank die Transaktionen nicht aufgefallen. Die Karte wurde erst gesperrt, als das Guthaben aufgebraucht war.
Kundendienst scheint nicht erreichbar zu sein
Für den Revolut-Kunden besonders ärgerlich: Den Kundendienst zu kontaktieren, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Eine Mailadresse oder eine Telefonnummer ist auf der Website nicht zu finden. Er meldete die falschen Überweisungen schliesslich über eine Funktion auf der App. Die automatisierte Antwort lautete: «Streitfall abgelehnt. Wir können dir die Transaktion nicht zurückerstatten.» Der Grund: «Nach sorgfältiger Prüfung wurde keine Spur von betrügerischen Aktivitäten auf deinem Konto gefunden.»
Auf Fragen des «Beobachters» lobt sich Revolut: «Wenn Kunden Opfer von Betrug werden, stehen unsere Mitarbeiter rund um die Uhr zur Verfügung, um Unterstützung zu leisten […].»
Heinrich Berger hat das anders erlebt: Die Unterstützung des Kundendienstes blieb vollständig aus. Ebenso bleibt unklar, warum das Konto erst gesperrt wurde, als kein Guthaben mehr auf der Karte war. Sicher ist nur: Das Geld ist weg.