Der neue Mobilfunkstandard 5G spaltet die Gemüter. Die Wirtschaft pocht auf eine möglichst schnelle Einführung des hyperschnellen Netzes. Teile der Politik und besorgte Ärzte wehren sich gegen eine Erhöhung des Strahlengrenzwerts. Aber was bringt 5G wirklich? Was stimmt, was nicht? BLICK macht den Faktencheck.
Ist 5G Luxus, den niemand braucht?
Freilich, 5G ist der Ferrari unter den Mobilfunkstandards. Gleichzeitig bringt die neue Technologie technische Eigenschaften mit, die für die Digitalisierung von grosser Bedeutung sind. Fakt ist: Das bisherige 4G-Netz ist für das tägliche Surfen schnell genug. Viel wichtiger aber ist die geringe Reaktionszeit. Daten können in Echtzeit übertragen werden, auch zwischen Maschinen oder Fabriken. Mit dem kommenden Netz soll eine 100-mal höhere Datenrate als beim aktuellen 4G-Standard möglich sein.
Ist der Strahlengrenzwert reine Esoterik?
Nein. In der Schweiz regeln zwei Typen von Grenzwerten die Mobilfunkbelastung der Bevölkerung. Die Immissionsgrenzwerte (IGW) beschränken die kumulierte Strahlung aller Sendeanlagen, die an einem Ort eintreffen darf, wo sich Menschen aufhalten könnten. Diese IGW sind in der Schweiz die gleichen wie in den meisten Nachbarländern. Im Gegensatz dazu limitiert der Anlagegrenzwert, der jetzt aufgeweicht werden soll, die Strahlung jeder einzelnen Mobilfunkanlage für Orte, wo sich Menschen längere Zeit aufhalten. Das Parlament hat die Erhöhung des im internationalen Vergleich tieferen Anlagegrenzwerts 2018 abgelehnt.
Fallen mir jetzt wegen 5G die Haare aus, wenn der Grenzwert erhöht wird?
Tatsächlich ist noch unklar, welche Auswirkungen die Strahlen auf die menschliche Gesundheit haben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält es beispielsweise nicht für ausgeschlossen, dass nichtionisierende Strahlung krebserregend wirkt. Bei einer Studie am Ramazzini-Institut der Universität von Bologna (I) wurden Ratten und Mäuse Mobilfunkstrahlung ausgesetzt. Die Forscher entdeckten jeweils einen Zusammenhang zwischen Strahlung und Krebs – bei den Versuchen in den USA allerdings nur bei männlichen Ratten.
Bespitzeln uns die Chinesen bald im Badezimmer?
Die zwei grössten Mobilfunkanbieter Swisscom und Sunrise unterhalten gute Beziehungen zum chinesischen Telekomriesen Huawei. Dieser liefert Swisscom Bestandteile für das Festnetz, Sunrise wiederum setzt für den Bau des 5G-Mobilfunknetzes auf chinesische Unternehmen. Die USA versuchen die Schweiz von einer Zusammenarbeit mit Huawei beim Mobilfunknetz abzuhalten. Sie verdächtigen den Konzern, seine Infrastruktur für Spionage im Auftrag der chinesischen Regierung zu nutzen. Beweise dafür gibt es bislang nicht. Hintergrund dürfte vielmehr der Handelsstreit zwischen den USA und China sein. Die US-Regierung führt weltweit eine Kampagne gegen Huawei.
Muss ich mir jetzt ein neues Handy kaufen?
Bereits sind bei Swisscom und Sunrise erste Smartphones mit 5G erhältlich. Bis zum Sommer sollen es rund ein halbes Dutzend Modelle sein – alle im obersten Preisbereich von 850 bis 2000 Franken. Sie sind momentan vor allem für Technik-Fans gedacht, die auch bereit sind, zehn Franken pro Monat zusätzlich für ein Abo mit 5G auszugeben. Aktuelle Geräte, die 4G unterstützen, wird man auch in zehn Jahren noch nutzen können. 4G reicht für aktuelle Anwendungen problemlos, etwa um hochauflösende Videos zu streamen. In spätestens zwei Jahren werden fast alle verkauften Smartphones aber den schnellen Standard 5G unterstützen.
Bricht ohne 5G unsere Wirtschaft zusammen?
Natürlich nicht. Zwar behaupten Teile aus Politik und Wirtschaft, dass die Schweiz ohne einen 5G-Ausbau zum digitalen Entwicklungsland degeneriere. Klar ist: 5G ermöglicht schnelleren Datentransport als 4G. Damit werden autonomes Fahren, Drohnenlieferungen, Internet der Dinge und viele weitere Technologien möglich, die sich in den nächsten Jahren entwickeln werden. Aber: Über Glasfasernetze können heute schon hyperschnell Datenpakete verschickt werden. Doch der massive Ausbau des Glasfasernetzes ist teuer – und 5G ist mobiler.
Der Handelsstreit zwischen Donald Trump und China eskaliert. Als Folge kündigte Google an, dass die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Smartphone-Hersteller Huawei massiv eingeschränkt wird.
Das betrifft auch Schweizer Kunden: Die Handys von Huawei haben das Google-Betriebssystem Android installiert, dazu Apps wie Gmail, den Videodienst Youtube oder Google Maps.
Setzen die USA die Vorgaben durch, wird Huawei künftig auf diese Apps verzichten müssen und Android nur noch als unkomfortable Basisversion nutzen können.
Google und Huawei betonen, dass alle, die jetzt schon ein Huawei-Handy haben, weiter alle Apps nutzen können und Sicherheits-Updates erhalten – solange sich der Konflikt nicht verschärft. Lorenz Keller
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