Was verdient ein Landwirt? Manche vermuten, dass es wenig ist, während andere auf den Reichtum in Form von Bodenbesitz und hohe Subventionszahlungen verweisen, die Bauern «reich» machen.
Die Bauern finden jedenfalls, ihre Einkommen seien zu tief. Erst vor wenigen Tagen hatten Schweizer Bauern gegen die «Regulierungswut» des Bundes protestiert. Dazu gab es diverse Traktorversammlungen, bei denen Bauern für einen höheren Milchpreis protestierten.
Der Bundesrat hat inzwischen einen Bericht zu den Einkommen der Bauernfamilien vorgelegt. Blick fasst die wichtigsten Punkte zusammen.
Wie setzt sich das landwirtschaftliche Einkommen zusammen?
Im Jahr 2022 lag der Mittelwert des landwirtschaftlichen Einkommens bei 79'700 Franken pro Betrieb und Jahr. Das sind 1,3 Prozent weniger als 2021. Allerdings war der Wert zuvor seit 2015 um fast 32 Prozent gestiegen.
Positiv entwickelten sich die Preise für Milch, Geflügel und Rindfleisch, und 2022 war ein gutes Erntejahr. Negativ wirkte sich die starke Teuerung der Produktionsmittel aus, sowie der Zerfall des Schweinefleischpreises.
Zum Gesamteinkommen der landwirtschaftlichen Haushalte kommen aber noch «ausserlandwirtschaftliche Einkommen» hinzu. Mit diesen kamen die Betriebe 2021 auf ein Einkommen von durchschnittlich 111'284 Franken pro Jahr. 31 Prozent des Einkommens kamen also «ausserlandwirtschaftlich« herein.
Im Tal mehr Verdienst als auf dem Berg
Es bestehen grosse regionale Gefälle. 2021 lag das landwirtschaftliche Einkommen in der Talregion mit 99'948 Franken pro Jahr um 37 Prozent höher als in der Hügelregion (73’075 Franken) und um 63 Prozent höher als in der Bergregion (61’139 Franken).
Die Familien-Jahresarbeitseinheit
Auf dem Bauernhof packt die ganze Familie an. Der Arbeitsverdienst je Familien-Jahresarbeitseinheit (FJAE) berücksichtigt den Arbeitseinsatz der Familie. Eine Familienarbeitskraft wird als eine volle Jahresarbeitseinheit gezählt, wenn sie mindestens 2800 Arbeitsstunden pro Jahr auf dem landwirtschaftlichen Betrieb leistet. Der Mittelwert des Arbeitsverdienstes je FJAE lag 2021 für alle Regionen bei 59'822 Franken. Der Arbeitsverdienst pro Stunde betrug in der Talregion 23.01 Franken, in der Hügelregion 15.50 Franken, in der Bergregion 12.86 Franken und im Mittel aller Regionen 17.02 Franken. Das ist im Vergleich mit den Einkommen im 2. und 3. Sektor niedrig.
2022 ist der FJAE-Mittelwert um 6,3 Prozent auf 56'100 Franken gesunken. Der Schweizer Bauernverband (SBV) bezeichnet diese Entwicklung als «äusserst alarmierend».
Die Löhne in anderen Berufen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette – Veterinärwesen, Fleisch- und Milchverarbeitung, Transport, Gastgewerbe – zeigt, dass die dortigen Löhne höher liegen.
Das verdienen Angestellte
Der Anteil der angestellten Beschäftigten liegt aktuell bei 24 Prozent. In vielen Kantonen beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit 55 Stunden, sprich 10 Stunden pro Tag bei 5,5 Arbeitstagen pro Woche. Mindestlöhne für die Landwirtschaft gibt es nur in den Kantonen Neuenburg (17.07 Franken), Genf (17.10 Franken), Waadt (15.71 Franken) und Wallis (13.90 Franken).
Die Grösse des Betriebs ist entscheidend
Die Höhe des landwirtschaftlichen Einkommens hängt stark von der Betriebsgrösse ab: Je mehr landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) ein Betrieb bewirtschaftet, desto höher ist das erwirtschaftete Einkommen. Ein Betrieb in der Hügelregion mit 50 Hektar LN erzielte 2021 im Durchschnitt ein fünfmal höheres Einkommen als ein Betrieb mit weniger als 10 Hektar LN.
Mit der Abnahme der Anzahl Betriebe – jährlich um 1,8 Prozent über die letzten fünf Jahre – steigen die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche und der Tierbestand. Oder anders formuliert: Viele kleinere Betriebe müssen schliessen, was grösseren Betrieben zugutekommt.
Inzwischen gibt es weniger als 50'000 Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz. Davon werden über 28 Prozent im Nebenerwerb geführt.
Was soll der Bund tun?
Der Bericht kommt zum Schluss, dass der Bund die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft positiv beeinflussen kann, indem er die Landwirtschaft bei der Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition auf dem Lebensmittelmarkt unterstützt, gute Rahmenbedingungen für Innovationen schafft und die Komplexität der agrarpolitischen Massnahmen reduziert. Dazu soll eine gute Ausbildung sowie betriebswirtschaftliche Kompetenz als Voraussetzung für finanzielle Unterstützungen verlangt werden.
Um die Entwicklung der Einkommen der Bauernfamilien künftig noch besser verfolgen zu können, erachtet der Bundesrat eine methodische Überarbeitung des Einkommensvergleichs als angezeigt.