Dem Bundesparlament steht ein zähes Ringen um das Budget für das kommende Jahr bevor. Der Ständerat hat am Dienstag beschlossen, deutlich mehr für Landwirtschaft und ÖV auszugeben als vom Bundesrat beantragt. In der Folge ist der Voranschlag in seiner jetzigen Form nur dank eines Tricks mit der Schuldenbremse konform.
In der Gesamtabstimmung nahm das Stöckli den entsprechenden Bundesbeschluss zwar mit deutlicher Mehrheit an. Voraus ging aber eine grundsätzliche Diskussion um Sinn und Zweck der Schuldenbremse.
Kreditsperre beschlossen
Dies, weil die kleine Kammer nach der Aufstockung der Ausgaben eine Kreditsperre beschloss – also eine Anweisung an den Bundesrat, die bewilligten Kredite nicht auszuschöpfen.
Mehr zur Schuldenbremse
Die Sperre gilt für den Fall, dass das Parlament bei der weiteren Beratung des Budgets keine mit der Schuldenbremse vereinbare Lösung findet. Nur so könnten die verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden, argumentierte die Befürworterseite.
Das eigentliche Problem sei die Schuldenbremse selbst, kritisierte dagegen der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga (64). Sie lege der Finanzpolitik in Lagen ein Korsett an, in denen ein klarer Bedarf nach Bundesgeldern bestehe.
«Hoffnung stirbt zuletzt»
FDP-Ständerätin Johanna Gapany (35, FR), Präsidentin der Finanzkommission, widersprach. Nur dank der Schuldenbremse habe die Schweiz in der Pandemie über die nötigen Mittel verfügt. Für Steuererhöhungen sei es der falsche Moment, da die Bevölkerung durch die Teuerung ohnehin schon belastet sei.
«Die Hoffnung stirbt zuletzt», kommentierte FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59). De facto bedeute die Kreditsperre eine lineare Kürzung über die ganze Bundesverwaltung. Zugleich widersprach Keller-Sutter Sommaruga: Die Schuldenbremse habe sich bewährt. In der Vergangenheit seien auch mit der Schuldenbremse die nötigen Investitionen möglich gewesen, etwa bei der Bahninfrastruktur und der Forschung.
Mehr Geld für Zuckerrüben
Die grössten Mehrausgaben im Vergleich zum Vorschlag des Bundesrats beschloss der Ständerat bei der Landwirtschaft und beim regionalen Personenverkehr. Konkret will das Stöckli gleich viele Mittel für Direktzahlungen zur Verfügung stellen wie 2023 – rund 2,8 Milliarden Franken und 54,8 Millionen mehr als von der Landesregierung beantragt.
«Direktzahlungen sind eigentlich Einkommen», gab der SVPler Jakob Stark (65, TG) zu bedenken. Schon heute seien die landwirtschaftlichen Einkommen vergleichsweise tief. Zudem stiegen durch die Teuerung die Produktionskosten für Bäuerinnen und Bauern. Anders als bei anderen Punkten des Budgets handle es sich hier um eine echte Kürzung, nicht um ein Bremsen des Wachstums der Ausgaben.
Mehr Geld sprach der Ständerat auch für weitere Massnahmen im Bereich der Landwirtschaft – unter anderem die Förderung des Absatzes von Schweizer Wein, den Herdenschutz oder die Förderung der Zuckerrübenproduktion. Insgesamt summieren sich die Mehrausgaben exklusive Direktzahlungen auf 17,2 Millionen Franken.
«Mit dem Rasenmäher»
Ausserdem erhöhte die kleine Kammer die Mittel für den regionalen Personenverkehr gegenüber dem bundesrätlichen Antrag um 55 Millionen Franken. Der grüne Ständerat Mathias Zopfi (39, GL) sagte, es drohe eine Reduktion des Angebots in den ländlichen, strukturschwachen Regionen. Denn dort sei die Übernahme ungedeckter Kosten durch den Bund entscheidend. «Hier gehen wir mit dem Rasenmäher über das Land und mähen Dinge nieder, die wir für die Entwicklung dieser Regionen brauchen.»
Mitte-Ständerat Benedikt Würth (55, SG) mahnte vergeblich an, die Transportunternehmen müssten das bestellte Angebot mit den bestehenden Mitteln produzieren. Diese Forderung sei absolut legitim.
Schneller mehr für die Armee
Die vom Ständerat beschlossenen Kompensationsmassnahmen wiegen die Mehrausgaben bei Landwirtschaft und ÖV nicht auf. Namentlich will das Stöckli für die Sozialhilfe für Asylsuchende und Flüchtlinge 30 Millionen Franken weniger ausgeben als der Bundesrat. Zudem möchte der Ständerat die vom Bundesrat beschlossene Querschnittskürzung um zwei Prozent auch auf die Bundesversammlung, das Bundesgericht sowie das Bundesverwaltungsgericht anwenden. Das bedeutet Einsparungen von insgesamt 5,1 Millionen Franken.
Thema in der Debatte waren auch die finanziellen Aussichten bis 2027. In den Jahren 2025 bis 2027 rechnet der Bundesrat ohne Kürzungen mit strukturellen Defiziten von zwei bis drei Milliarden Franken pro Jahr. Dabei wirken sich insbesondere die Ausgaben für Geflüchtete aus der Ukraine, für die Prämienverbilligungen und die AHV sowie das Wachstum der Armee-Ausgaben vor dem Hintergrund aus.
Der Ständerat will das Budget der Armee schneller aufstocken als der Bundesrat. Bereits im Jahr 2030 und nicht erst im Jahr 2035 soll die Schweiz ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für die Landesverteidigung ausgeben. Er stimmte im Rahmen der Budgetdebatte einem entsprechenden Minderheitsantrag zu. Wie die Mehrausgaben finanziert werden sollen, entschied das Stöckli aber nicht.
Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Dieser debattiert das Budget ab Donnerstag. (SDA)