Fahrt billiger als ÖV-Ticket
Uber und Bolt liefern sich irren Preiskampf in Zürich

Seit Mai vermittelt Bolt Autofahrten in Zürich. Mit dem Platzhirsch Uber liefert sich der estnische Fahrdienst eine Rabattschlacht. Die Preise für die Fahrten purzeln so tief, dass sogar die Fahrt mit Bus und Tram mehr kostet.
Publiziert: 16.07.2024 um 17:20 Uhr
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Seit Anfang Mai vermittelt der Fahrdienst Bolt Autofahrten in Zürich.
Foto: Christian Hutter
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

In Zürich tobt ein Kampf um die günstigste Fahrt. Seit gut zwei Monaten ist das estnische Unternehmen Bolt – bekannt durch seine E-Scooter und E-Bikes – in der grössten Schweizer Stadt auch als Fahrdienst aktiv. Und fordert mit tiefen Preisen nicht nur die klassischen Taxis, sondern auch Platzhirsch Uber heraus. Beim Markteintritt verkündete Patrick Frei, Schweiz-Chef von Bolt, den Fahrtenvermittlungs-Service zu mindestens fünf Prozent tieferen Konditionen im Vergleich zur Konkurrenz anzubieten.

Der US-Konkurrent Uber wiederum reagiert auf den Wettbewerber mit zahlreichen Rabattaktionen. Mehrmals wöchentlich gehen bei Uber-Kunden Pushmitteilungen auf ihren Handys ein, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Zeitung schreibt von einer «Rabattschlacht». Denn auch Bolt wirbt mit Aktionen um neue Kundinnen und Kunden. Sie profitieren in den ersten Wochen nach der Registrierung in der App von bis zu 50 Prozent vergünstigten Fahrten.

Uber nimmt das forsche Auftreten des Herausforderers Bolt sportlich. «Wir begrüssen die Tatsache, dass die Zürcherinnen und Zürcher nun eine weitere Mobilitätsoption haben werden, die es ihnen ermöglicht, ihr eigenes Auto zu Hause zu lassen», teilt eine Uber-Sprecherin auf Anfrage mit.

Was bedeutet der Preiskampf für die Chauffeure?

Die beiden Fahrdienste treiben den Preiskampf so weit, dass einzelne Strecken günstiger sind als die gleiche Fahrt mit dem ÖV. Im Bericht wird folgendes Beispiel erwähnt: Für die Fahrt von der Goldküstengemeinde Zumikon ZH nach Zürich-Oerlikon zahlt eine vierköpfige Gruppe bei Uber bloss 17 Franken. Vier ÖV-Billette für die gleiche Strecke mit der Forchbahn und dem Zug kosten hingegen 28 Franken.

Das Rennen um den günstigsten Preis hat laut dem Artikel noch keine negativen Auswirkungen auf die Verdienste der Chauffeure gehabt. Die Vergütung von Uber und Bolt richtet sich nach den Ursprungspreisen. «Die Differenz zahlt das Unternehmen», sagt ein Fahrer, der für beide Dienstleister arbeitet, gegenüber dem «Tages-Anzeiger». 

Uber glaubt, dass die Fahrerinnen und Fahrer von der neuen Konkurrenz profitieren würden. Weil sie «mehr Optionen haben, wie sie ihre selbständige Tätigkeit ausüben können». Und Bolt lockt neue Chauffeure mit attraktiven Konditionen. «Zu Beginn werden nur fünf und später 20 Prozent Kommission statt 25 Prozent wie bei der Konkurrenz fällig», sagte Frei im Mai gegenüber Blick.

Kritik von gewerkschaftlicher Seite

Weniger Freude an der jüngsten Entwicklung hat die Gewerkschaft Unia. «Der zunehmende Preiskampf wird auf dem Rücken der Fahrerinnen und Fahrer ausgetragen», sagt Sprecher Philipp Zimmermann auf Anfrage. Und weiter: «Uber agiert in der Schweiz seit zehn Jahren mit einem illegalen Geschäftsmodell. Die aktuelle Situation ist die Konsequenz daraus, dass die Behörden geltendes Recht nicht durchsetzen.» Die Leidtragenden seien eben die Fahrerinnen und Kuriere.

Uber und illegal? Seit der Gewerkschaftsschreck 2013 mit seiner Fahrtenvermittlungs-App in Zürich gestartet ist, gibt es Kritik an der Selbständigkeit der Chauffeure – ein wichtiges Puzzleteil des Uber-Modells, weil das Unternehmen dadurch keine Sozialleistungen zahlen muss.

Im Sommer 2022 urteilte das Bundesgericht jedoch, dass Uber-Fahrer als Arbeitnehmer und nicht als Selbstständige gelten. Die US-Firma musste deshalb rückwirkend Sozialversicherungsleistungen nachzahlen. 

Uber stellt sich auf den Standpunkt, dass eine abschliessende, rechtliche Klärung des Fahrerstatus noch ausstehe – «insbesondere deshalb, weil Uber sein Geschäftsmodell und seine App in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt hat, um die Selbständigkeit der Fahrer weiter zu stärken», so die Sprecherin. 

Kürzlich hat Uber deswegen auch die Noten für die Fahrer abgeschafft – und zwar nur in der Schweiz. So können die Passagiere die Chauffeure nicht mehr bewerten. Angesichts der aktuell tiefen Preise dürften die meisten Fahrgäste mit dem Fahrer aber so oder so zufrieden sein.

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