Nicole Brändle (44) ist seit Anfang Monat Direktorin von Hotelleriesuisse. Die Ökonomin, die zuvor unter anderem bei der Credit Suisse und der Nationalbank gearbeitet hat, sprüht nur so vor Ideen. Die kann die Branche gut gebrauchen. Der starke Franken und vor allem der Fachkräftemangel machen ihr zu schaffen. Für Brändle ist denn auch klar, dass es mehr Angestellte aus dem Ausland braucht, wie sie in einem Interview mit CH Media sagt.
Die Personenfreizügigkeit mit der EU sei für Schweizer Betriebe sehr wichtig. «Wir plädieren aber auch für einen besseren Zugang zu Mitarbeitenden aus Drittstaaten. Nämlich für all jene, die schon in der Schweiz eine Ausbildung gemacht haben, auch Abgänger von höheren Fachschulen», sagt sie. Und fordert dezidiert: «Sie sollen nach ihrem Studium einfacher bleiben können.»
«Ja, die Löhne sind tief»
Vor allem mittelfristig habe man nämlich ein Problem mit fehlendem Personal. Weil viele Angestellte pensioniert werden und nur wenige nachkommen. Die Branche habe zudem ein grosses Imageproblem, so Brändle weiter. «Man muss lange arbeiten, die Löhne sind tief.» Das sei für Junge nicht attraktiv. Deshalb müsse man die Berufsbildung stärken. Unter anderem mit speziellen Abschlüssen der höheren Berufsbildung.
Denn: «Man muss in Hotels am Wochenende oder abends arbeiten, daran führt kein Weg vorbei. Die schönen Seiten aber gehen unter. Wir müssen sie mehr in den Vordergrund stellen», fordert Brändle. Sie nimmt die Hoteliers in die Pflicht. «Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen.» Hotelleriesuisse unterstütze die Mitglieder dabei, neue und flexible Arbeitszeitmodelle einzuführen sowie eine angenehme Führungskultur zu etablieren.
«Ein Restaurant am Abend schliessen»
Brändle denkt etwa an die 4-Tage-Woche. Oder daran, das Personal ganz bewusst zu schonen. «Es kann eine Lösung sein, mal ein Restaurant an einem Abend zu schliessen, eine Speisekarte am Mittag zu verkleinern oder die Öffnungszeiten zu verkürzen», sagt sie. Hoffnungen setze sie auch in die Digitalisierung. «Wenn Prozesse automatisiert werden können, braucht es etwa in den Randstunden weniger Personal an der Rezeption.»
Einen grossen Nachholbedarf macht Brändle zudem bei der Kinderfreundlichkeit aus. Schweizer Hotels seien nämlich nicht genügend kinderfreundlich. Grund dafür seien aber nicht die Hotels, sondern die Gesellschaft, sagt die Verbandschefin. «Die Schweizer Gesellschaft ist nicht sehr kinderfreundlich», so Brändle, selber Mutter dreier kleiner Kinder. Das bemerke man bereits beim Besuch eines Restaurants. In Italien oder Österreich sei das anders. Für sie müsse ein Hotel vor allem kinderfreundlich sein. «Es gibt Verbesserungspotenzial», sagt sie. (pbe)