Auf einen Blick
Auf Social Media kursieren immer wieder fragwürdige Gesundheitstrends. Von wirkungslosen Praktiken bis hin zu gefährlichen Methoden ist alles dabei. Blick hat die skurrilsten Trends ausfindig gemacht und von Expertinnen einordnen lassen.
Mouth Taping
Beim Mouth Taping klebt man sich nachts den Mund mit einem Streifen Klebeband zu. Dabei soll verhindert werden, dass man beim Schlafen durch den Mund atmet. Die angeblichen Vorteile dieser Methode reichen laut Social-Media-Beiträgen von erholsamerem Schlaf bis hin zu einer schmaleren Kieferlinie.
Laut Zahnärztin Judith Aufenanger (49) könnte Mouth Taping zwar gegen lästiges Schnarchen helfen, aber sie bezweifelt, dass man dadurch tatsächlich besser schlafe. Sie warnt: «In jedem Fall sollte Mouth Taping niemals ohne vorherige Abstimmung mit einem Arzt oder Zahnarzt ausprobiert werden. Gerade Menschen, die bereits im Wachzustand Probleme mit der Nasenatmung haben, etwa durch krumme Nasenscheidewände oder Allergien, sollten nicht auf eigene Faust loskleben.»
Mewing
Eine definierte Kieferlinie verspricht auch das sogenannte «Mewing» (zu Deutsch «miauen»). Mit der deutschen Übersetzung hat der Trend aber nicht viel gemein. Den Namen hat die Technik ihrem englischen Gründervater John Mew zu verdanken. Beim Mewing drückt man seine Zunge flach an den Gaumen und schliesst die Lippen. Das störende Doppelkinn soll damit der Vergangenheit angehören und das Gesicht straffer erscheinen.
Die Technik ist perfekt fürs Gruppenfoto oder Selfie, denn sie kommt mit Soforteffekt. In den sozialen Medien kursieren dazu verblüffende Vorher-Nachher-Aufnahmen.
Zahnärztin Aufenanger beurteilt diese Bilder allesamt als fake. «Solche extremen Ergebnisse halte ich mit der Methode für unmöglich», stellt sie klar. Wissenschaftlich belegt sei die Wirksamkeit der Mewing-Technik nicht. Für kurze Zeit sei sie vermutlich unbedenklich. Aber: Wenn man es übertreibe, kann eine unnatürliche Zungen- und Kieferhaltung zu Schmerzen im Mund und Nacken führen. Sogar eine Fehlstellung der Zähne sei eine mögliche Konsequenz des umstrittenen Schönheitstrends, erklärt die britische Zahnärztin Tara Francis gegenüber «Glamour Deutschland».
Chlorophyll Water
Chlorophyll – der grüne Farbstoff in unseren Pflanzen – wird in den sozialen Medien gerne als Wundermittel angepriesen. Sei es gegen Hautunreinheiten oder für ein gestärktes Immunsystem. Den Pflanzenfarbstoff gibts fixfertig in Fläschchen abgefüllt zu kaufen. Eine Pipette Chlorophyll in etwas Wasser auflösen und trinken. Nur ein Glas täglich soll schon nach kurzer Zeit Veränderung bringen.
Gemäss Ernährungsexpertin Sarah Pritz (30) hat das Pflanzenpigment zwar entzündungshemmende Wirkungen, ist aber definitiv kein Allheilmittel. «Ob es tatsächlich wirksamer ist als andere entzündungshemmende Substanzen wie Curcuma oder Omega-3, bleibt fraglich», ordnet sie den Hype ein. Ausserdem müsse man für ausreichend Chlorophyll keine überteuerten Tröpfchen kaufen, sondern könne einfach mehr grünes Gemüse essen, rät sie.
Butthole-Tanning
Der Name ist hier Programm: Wer diesen Trend mitmachen will, legt sich untenrum frei nach draussen und streckt den Allerwertesten der sengenden Sonne entgegen. Befürworter behaupten, von gesteigerter Energie, besserem Schlaf und erhöhter Libido zu profitieren. Zusätzlich soll die Aufnahme von Vitamin D maximiert werden.
Wissenschaftlich untersucht sei von den proklamierten Wirkungen keine, stellt Dermatologin Daniela Kleeman klar. Besonders im Genitalbereich, wo die Haut keinen Eigenschutz gegen UV-Strahlen aufweist, sei eine starke Sonnenbelastung gefährlich. Mehr Vitamin D werde dadurch auch nicht produziert: «Nur mit dem Besonnen der Perianalregion mehr Vitamin D aufnehmen zu wollen, ist Blödsinn», sagt die Fachärztin.
Sunburning
Nicht nur absurd, sondern sogar gefährlich: Bei der Praxis des «Sunburnings» ermutigen Influencer dazu, sich ohne Sonnenschutz in die Sonne zu legen, ihre Haut zu verbrennen und dadurch Akne «zu heilen». Doch der Trend führt nicht wie versprochen zu einem ebenmässigeren Hautbild, sondern schlimmstenfalls zu tödlichem Hautkrebs. Dermatologin Kleeman ist von diesem Hype auf Social Media alarmiert.
«Man sollte sich nicht einfach ungeschützt an die Sonne begeben. Jede Belastung durch Sonneneinstrahlung auf den Körper erhöht das Risiko, Hautschäden und Hautkrebs zu entwickeln. Ich halte den Trend deshalb für unverantwortlich», warnt sie.