Experte Oliver Hümbelin erklärt, was ihnen helfen könnte
Familien rutschen schneller in die Armut ab

Wenn die Ausgaben steigen, leiden Familien besonders rasch darunter. Oliver Hümbelin, Professor an der Berner Fachhochschule, erklärt weshalb – und wie Familien geholfen wäre.
Publiziert: 04.06.2024 um 10:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2024 um 10:51 Uhr
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Kinder sind das schönste Geschenk auf Erden.
Foto: Shutterstock
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Egal ob Miete, Krankenkassen, Strom und gar Lebensmittel: Alles ist seit Anfang Jahr teurer geworden. Darunter leiden Familien besonders stark. «Gemäss Bundesamt für Statistik (BfS) lebt jedes achte Kind in einem Haushalt, für den es sehr schwierig ist, finanziell über die Runden zu kommen», weiss Oliver Hümbelin (43), Professor an der Berner Fachhochschule für Soziale Arbeit. Dazu zählt auch die Familie von Daniela N.*, über die Blick berichtet. Auf einen Aufruf in der Community, von ihrem Leben am Limit zu berichten, haben sich neben N. auffällig viele Familien und Alleinerziehende bei Blick gemeldet. Bei Letzteren hat gemäss BfS gar jeder Fünfte Mühe, über die Runden zu kommen. 

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Der Experte sieht dafür zwei Hauptgründe: «Erstens ist es schwieriger, erwerbstätig zu sein, weil Kinderbetreuung Zeit braucht. Zweitens fallen mit Kindern auch mehr Kosten an.» Schliesslich brauche man eine grössere Wohnung und zahlt mehr für Lebensmittel und Krankenkasse. Geschweige denn die Kinderbetreuung. 

Knapp über der Armutsgrenze

Paare mit Kindern laufen eher Gefahr, in die Armut abzurutschen: Die Armutsgefährdungsquote lag bei Paaren mit Kindern 2022 bei 12,3 Prozent, bei kinderlosen gerade mal bei 6,1 Prozent. Und seit 2022 hat sich die finanzielle Situation vieler verschlechtert. Eine Studie von Hümbelin von 2022 basierend auf Daten der Steuerveranlagung zeigt zudem, dass Familien unmittelbar oberhalb der Armutsgrenze deutlich übervertreten sind.

Zahlen des Familienbarometers 2023 untermalen das: Ganze 45 Prozent der befragten Familien empfinden ihre finanzielle Situation als knapp. 7 Prozent der befragten Familien sagen gar, ihr Haushaltseinkommen reiche für das gemeinsame Familienleben nicht. Für die repräsentative Umfrage haben Pax und Pro Familia Schweiz Ende letzten Jahres 2123 Familien befragt. 

Am meisten Sorgen bereiten Familien die Krankenkassenprämien (47 Prozent). Gemäss dem BAG sind die Prämien in den letzten zehn Jahre im Durchschnitt jährlich um 3,7 Prozent gestiegen. Nicht so aber die Löhne.

«Prämienverbilligungen sind ein Weg, die Familien zu entlasten. Eine Entlastung bei den Mietzinsen wäre ein weiterer», sagt der Experte. In beider Basel gibt es beispielsweise Mietzinsreduktionen für Familien und Alleinerziehende, die darauf angewiesen sind. Ein Viertel der befragten Familien sorgt sich zudem um die Wohnkosten. 

Immer weniger bekommen Kinder

Schweizweit erhalten Familien Betreuungszulagen oder Spezialabzüge bei den Steuern. Die Kantone Tessin, Waadt, Genf und Solothurn bieten zudem noch zusätzliche Ergänzungsleistungen speziell für Familien.

Trotzdem bereitet die steigende Inflation 37 Prozent der befragten Familien Kopfzerbrechen. Zudem ist die externe Kinderbetreuung in der Schweiz besonders teuer, wie ein internationaler Vergleich der OECD zeigt. «Hier könnte man Familien deutlich mehr entlasten», meint Hümbelin.

Die jungen Generationen scheinen sich die Nachkommensplanung deshalb zweimal zu überlegen. Die Geburtenziffer ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Hümbelin erklärt: «Junge Menschen hinterfragen zunehmend, ob sie sich ein Kind überhaupt leisten können.»

*Name von der Redaktion geändert

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