Das Lucerne Festival ist das wichtigste Klassikfestival der Schweiz – und aktuell im Mittelpunkt einer Kontroverse.
Wie die «Sonntagszeitung» berichtet, haben die langjährigen Hauptsponsoren Sibylla und Christoph M. Müller ihr Engagement nicht erneuert. Laut Insidern soll es um einen mittleren sechsstelligen Betrag gehen, den sie zuletzt mit dem Unternehmen Vaillant als Hauptsponsor einschossen.
Kern des Sponsoring-Rückzugs ist die Mitgliedschaft von zwei früheren Bossen der inzwischen untergegangenen Credit Suisse (CS) im Stiftungsrat des Lucerne Festival.
Rohner ging, Kielholz blieb
Bereits im März 2023 forderten die Müllers den Rücktritt der ehemaligen CS-Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner und Walter Kielholz aus dem Stiftungsrat. Müller erklärte gegenüber der «Sonntagszeitung»: «Es ist mit den Werten einer Kulturinstitution nicht vereinbar, dass sich die früheren CS-Chefs dank des Festivals weiterhin in ein gutes Licht stellen können.»
Rohner trat zurück, doch Kielholz blieb im Amt. Christoph M. Müller wusste davon nichts und erneuerte sein Sponsoring für 2024. Dies führte zu einem Eklat bei einem Treffen zwischen Müller und Intendant Michael Haefliger. Unternehmer Müller betont die Wichtigkeit gesellschaftlicher Ächtung: «Die sollen die gesellschaftliche Ächtung spüren, das ist wichtig.»
Das Lucerne Festival reagierte mit einer Stellungnahme, die auch dem Blick vorliegt. Darin bedauert es den Entscheid und dankt den Müllers für ihr langjähriges Engagement. Die Finanzlage sei solid, dazu habe das Lucerne Festival bereits Ersatz für die Müllers gefunden: Die Familie Schwöbel, Besitzerin der Medizintechnologiefirma B. Braun, wird ihr Engagement ausbauen. Dazu wurde mit der Jörg G. Bucherer-Stiftung ein zusätzlicher Sponsor gewonnen.
Und: Das Lucern Festival weist darauf hin, dass Walter Kielholz «im Rahmen der geplanten Verjüngung» in diesem Jahr aus dem Stiftungsrat zurücktreten werde.
Kultursponsoring als Wertevermittlung
Die Kontroverse um das Lucerne Festival wirft Fragen zur Rolle von Kulturinstitutionen in der Gesellschaft und zur Verantwortung von Wirtschaftsführern auf. Müller sieht in eine grössere gesellschaftliche Relevanz: «Kultursponsoring ist immer auch Ausdruck einer Wertehaltung und von Verantwortung. Dieser Debatte sollte man sich stellen.» Er warnt vor den Folgen eines schlechten Rufs von Spitzenmanagern und Unternehmern.
Nun planen die Müllers, die für das Lucerne Festival vorgesehenen Mittel anderen Institutionen zukommen zu lassen. Es fehle nicht an Ideen – wer konkret in den Genuss des Geldes kommt, verraten sie noch nicht.