Der Stadthotellerie steht das Wasser bis zum Hals. Seit bald einem Jahr sitzt sie mit dem Ausbleiben ausländischer Gäste auf dem Trockenen. Hilfeschreie um finanzielle Unterstützung gehören da schon fast zur Tagesordnung. Immerhin: Im Gegensatz zur Gastronomie dürfen Hotels ihre Gäste noch immer in den eigenen Restaurants bewirten. Gastronomie-Vertretern stösst dieses Schlupfloch sauer auf – sie fühlen sich gegenüber den Hotels benachteiligt.
Dazu kommt: Inzwischen rühren sogar führende Touristiker kräftig die Werbetrommel für das Schlupfloch in der Corona-Verordnung. Martin Nydegger (49), Chef von Schweiz Tourismus, schreibt auf Twitter: «Hast du mal wieder Lust im Restaurant zu essen? Bei diesen Hotelangeboten ist das Abendessen inklusive.» Der oberste Touristiker des Landes lädt Herr und Frau Schweizer also geradezu ein, eine Hotelübernachtung nur für den Genuss der Gastronomie zu buchen.
Vom Bund finanziert
Das ist zwar rechtlich gesehen nicht verboten. Was aber fragwürdig ist: Schweiz Tourismus ist eine öffentlich-rechtliche Organisation, die unter Aufsicht des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) steht. Jährlich schiesst der Bund rund 50 Millionen Franken zur Finanzierung des Tourismus-Verbandes ein, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Werden öffentliche Gelder also dazu benutzt, die bundesrätlichen Corona-Massnahmen zu unterwandern?
Das Seco sagt dazu: «Die notwendige Abstimmung zwischen Tourismusförderung und Pandemiebekämpfung ist eine Herausforderung, derer sich Schweiz Tourismus bewusst ist.» Und auch Schweiz Tourismus sagt dem «Tages-Anzeiger», es sei eine Gratwanderung zwischen Marketingauftrag und Pandemiebekämpfung.
Kritischere Töne gibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) von sich. Dort sagt ein Sprecher über Leute, die ein Hotelzimmer nur für den kulinarischen Aspekt buchen: «Dieses Verhalten ist nicht im Sinne epidemiologischer Massnahmen und wurde auch vom Bundesrat nicht in diesem Sinne beschlossen.» (ste)