Es könnte ein mühsamer Winter werden. Kälter und dunkler als sonst. Die Sparappelle an die Haushalte sind klar. Weniger heizen, Licht löschen, Kochen nur mit Deckel auf der Pfanne – und nur kurz Duschen statt ein Vollbad nehmen. So die klare Ansage.
Doch nicht nur Private sind wegen des drohenden Strommangels zum sorgfältigen Umgang mit Energie angehalten. Auch Firmen brüten seit Wochen über Konzepten, wie man möglichst viel Strom und Gas einsparen kann. Blick hat sich bei den grössten Unternehmen des Landes umgehört, wie sie den Herausforderungen des kommenden Winters begegnen.
«Jede Kilowatt-Stunde zählt»
«Jede Kilowatt-Stunde, die wir zusätzlich einsparen können, zählt – und jede und jeder ist aufgerufen, dabei mitzuhelfen», appelliert etwa die Schweiz-Chefin der UBS, Sabine Keller-Busse (56), in einem internen Schreiben, das Blick vorliegt, an ihre Mitarbeitenden. «Wir haben eine Task Force ins Leben gerufen, die analysiert, wo und wie wir unseren Energiekonsum konstant reduzieren können.
Erste Sofortmassnahmen: Die Büros werden um ein Grad weniger geheizt. In den Gebäuden wird immer um 18 Uhr das Licht ausgemacht.
Die Konkurrentin Credit Suisse «ist zum Thema Energie mit den Behörden und anderen Akteuren in Kontakt und hat bereits frühzeitig Massnahmen getroffen», wie es auf Anfrage heisst. Und: «Wir prüfen derzeit weitere Optionen.»
Konzentration auf wichtige Medikamente
Für den Fall, dass die Schweizer Behörden im Winter von den Unternehmen verlangen, den Stromverbrauch zu reduzieren, ist Novartis gerüstet. «Wir sehen unter anderem hybride Arbeitsmodelle vor und reduzieren wo immer möglich die Beheizung von Gebäuden», sagt ein Sprecher. Zudem würde man sich auf die Herstellung und Bereitstellung von wichtigen Medikamenten konzentrieren.
Ähnlich tönt es bei Roche. «Wir haben umfangreiche Pläne erstellt, um auf mögliche Mangellagen vorbereitet zu sein. Ziel ist es, die Erforschung und Produktion von lebenswichtigen Medikamenten und Diagnostika stets aufrechtzuerhalten», sagt eine Sprecherin zu Blick. Man stehe in einem intensiven Austausch mit den Behörden.
50 Prozent weniger Strom dank LED
Die Swiss «nimmt die Debatte rund um die Stromversorgung sehr ernst», wie es heisst. Verschiedene Massnahmen, um Einsparungspotenziale zu eruieren, würden ausgearbeitet. Zudem wolle man die Angestellten mit einer eigenen Kampagne sensibilisieren.
Was sicher einschenkt: «Zusammen mit dem Flughafen Zürich rüsten wir alle Lampen in unserem Hangar auf LED um», sagt eine Sprecherin. «Das führt zu einer Stromersparnis von über 50 Prozent.»
Auch bei den SBB ist man wegen des drohenden Energiemangels unter Strom. Kein Wunder, Gebäude und Anlagen der SBB verbrauchen 500 Gigawattstunden Energie im Jahr. «Deshalb möchten wir mit gutem Beispiel vorausgehen», sagt ein Sprecher.
Die SBB bereiten sich darauf vor, Beleuchtung, Klimatisierung und Beheizung in ihren Gebäuden so rasch wie möglich zu reduzieren und das Warmwasser abzustellen. Zudem sollen die SBB-Logos nicht mehr beleuchtet werden und der grossen Uhr vor dem Hauptsitz in Bern Wankdorf wurde bereits vor Tagen der Strom abgedreht.
Lüften statt Klima
Beim Versicherer Zurich Schweiz laufen Energiesparmassnahmen bereits. «Wir verzichten beispielsweise auf das künstliche Herunterkühlen der Büros und setzen auf Frischluftzufuhr», sagt ein Sprecher. Man beziehe nur noch Strom aus erneuerbaren Energien und habe auf dem Hauptsitz in Zürich Oerlikon eine Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen.
Die Post hat eine Taskforce ins Leben gerufen. «Wir arbeiten mit Hochdruck an möglichen Szenarien und bereiten verschiedene Massnahmen vor, damit die Post bei Strom- oder Gasknappheit ihre Dienstleistungen möglichst aufrechterhalten kann», heisst es.
Die Temperatur in den Gebäuden der Post wird per sofort um zwei Grad gesenkt. «Damit sparen wir schweizweit jährlich 8,8 Millionen Kilowattstunden ein», sagt eine Sprecherin. Zudem werden Aussenbeleuchtungen früher abgeschaltet. Leuchtreklamen bleiben dunkel.
«Wir haben beschlossen, gemeinsam einen Beitrag in den kritischen Monaten zu leisten, damit die Schweiz auch in den Wintermonaten mehr Energie zur Verfügung hat, sagt sie. In einer internen Kampagne würden Angestellte dazu aufgefordert, keine Geräte im Standby-Modus laufen zu lassen und konsequent das Licht zu löschen.
Keine Weihnachtsbeleuchtung
Und die Detailhändler? Für Coop hat die Aufrechterhaltung des Versorgungsauftrages oberste Priorität. «Wir beschäftigen uns grundsätzlich mit dem Szenario einer Strommangellage und entwickeln entsprechende Notfallpläne», sagt eine Sprecherin zu Blick. Seit September würden freiwillige Energiesparmassnahmen umgesetzt.
Heisst konkret: «Alle Leuchtreklamen und Innenbeleuchtungen der Verkaufsstellen werden umgehend bei Ladenschliessung ausgeschaltet.» Ausserdem werden Aussenparkplatz-Beleuchtungen nach Ladenschluss ausgeschaltet. Zudem werden die Temperaturen in Büros, Läden, in der Logistik sowie im Lager um zwei Grad reduziert. Die Weihnachtsbeleuchtung ist gestrichen.
Auch die Migros verzichtet auf beleuchtete Christbäume. Und bereitet sich auf einen allfälligen Strommangel vor. Dann würden zum Beispiel nur noch fünf Sorten Brot gebacken, wie Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen (52) im Blick-Interview verraten hat. Die Öffnungszeiten der Filialen würden reduzier, allenfalls sogar einzelne Läden geschlossen.
Einsatz von Notstromaggregaten
Die Swisscom prüft dieser Tage verschiedene Möglichkeiten zur Reduktion des Stromverbrauchs. «Bei gleichzeitiger Beibehaltung der Qualität wichtiger Sprach- und Datendienste», wie ein Sprecher betont.
Ein Thema: Der temporäre Einsatz von besehenden Notstromaggregaten im Krisenfall, um das Stromnetz zu entlasten. Swisscom führt entsprechende Gespräche – unter anderem mit der Netzbetreiberin Swissgrid.
Der Nahrungsmittelmulti Nestlé «führt solide Risikoanalysen durch», wie es heisst. Man habe bereits Massnahmen ergriffen, um die Energieversorgung aufrechtzuerhalten. «Angesichts der gegenwärtigen Situation evaluieren wir momentan weitere Energiesparmassnahmen für alle unsere Standorte.»
Bildschirme früher dunkel
Die Werbegesellschaft APG schaltet ab dem 1. Oktober ihre Reklame-Bildschirme abends eine Stunde früher aus. So will sie 5 bis 7 Prozent Strom einsparen. Aktuell würden mit den Partnern individuelle Gespräche geführt.
Was macht die Axpo, die in Sachen Strom eigentlich an der Quelle sitzt? «Wir sind bestrebt, unsere Gebäude effizient zu betreiben und die Anlagen auf einem energieeffizienten Stand zu halten», sagt ein Sprecher. Zudem setzt man auf Homeoffice, um Pfuus zu sparen.