Er wollte doch nur Abfälle reduzieren
Hotelier Züllig wird vom Lebensmittelamt zurückgepfiffen

Eine Gruppe von Hoteliers hat ihren Lebensmittelabfällen den Kampf angesagt. Unter ihnen auch der ehemalige Präsident von Hotelleriesuisse, Andreas Züllig. Doch er hat die Rechnung ohne die kantonale Lebensmittelkontrolle gemacht.
Publiziert: 01.04.2024 um 19:08 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2024 um 09:54 Uhr
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Andreas und Claudia Züllig halten Nachhaltigkeit in ihrem Hotelbetrieb hoch. (Archivbild)
Foto: Kurt Reichenbach
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Ein üppiges Frühstücksbuffet bringt die Augen von Hotelgästen zum Leuchten. Je reichhaltiger der Tisch gedeckt wird, desto mehr Lebensmitteln droht ein Ende auf dem Abfall. Hotelier Andreas Züllig (65) setzt schon seit vielen Jahren auf Nachhaltigkeit und sagte im Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR der Lebensmittelverschwendung den Kampf an. Mit der Unterstützung der Initiative United Against Waste stellte Züllig im eigenen Hotel fest: «Bei uns wurden am Frühstücksbuffet die meisten Lebensmittelabfälle registriert.» Züllig sprach dazu im Rahmen eines Netzwerktags der Responsible Hotels of Switzerland. Bis Ende 2023 war er noch Präsident des Dachverbands Hotelleriesuisse.

Deshalb beschloss das Team um Züllig, wieder Portionen zu servieren und beispielsweise Müsli in Weckgläsern anzubieten. Statt aus grossen Schüsseln oder Platten mit Käse, Fleisch, Birchermüesli oder Früchten bedienten sich die Gäste mit portionierten Gläsern. Das System hatte sich bereits während der Corona-Pandemie bewährt und die Lebensmittelverschwendung damals um rund 70 Prozent reduziert. Doch Züllig machte die Rechnung ohne die kantonale Lebensmittelkontrolle. Diese beanstandete die Weckgläser.

«Es kann doch nicht sein, dass wir uns als Responsible Hotels of Switzerland für Food Save einsetzen und dies von den Behörden verhindert wird», ärgert sich Züllig.

Das können Hotels tun

Das kantonale Amt für Lebensmittelsicherheit verweist gegenüber Blick im konkreten Fall auf die Schweigepflicht. «Grundsätzlich unterstützt die amtliche Lebensmittelkontrolle des Kantons Graubünden die Bemühungen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung», schreibt das Amt. Selbstredend müssten dabei die gesetzlichen Vorgaben der Hygienepraxis eingehalten werden. Weil der Aufwand dafür zu gross gewesen wäre, musste der «Schweizerhof» wieder auf ein herkömmliches Buffet umsteigen.

Für Hotels gibt es noch viele andere Wege, ihre Lebensmittelabfälle zu reduzieren, wie Valentin Bot (46), Hoteldirektor der Kartause Ittingen im Thurgau, sagt. «Bei vielen Hotels fallen pro Gast und Mahlzeit Lebensmittelabfälle von 80 bis 120 Gramm an. In einigen Fällen sind es gar über 300 Gramm», so Bot. Er zählt auf, wo die Betriebe ansetzen können: Am Buffet nicht mehr bis zum Schluss alle Schüsseln und Platten voll auffüllen. Nicht unaufgefordert Häppchen an den Tisch bringen. Rüstabfälle verwerten. Wenig Brot vorschneiden und in Körbe legen. Oder beim Mittag- oder Abendessen halbe Portionen anbieten. Im Schnitt können Betriebe dank der Unterstützung von United Against Waste ihre Abfälle um rund 35 Prozent reduzieren.

Denner überlässt unverkauftes Fleisch den Caritas-Märkten

Denner und Caritas spannen zusammen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Neu gefriert die Migros-Tochter unverkauftes, geprüftes Fleisch ein, und die Caritas-Märkte verkaufen es dann günstig an Armutsbetroffene. Und das funktioniert so: Ist das Ablaufdatum des Fleischs erreicht, friert Denner dieses in den eigenen Filialen ein. Damit bleibe es für weitere 90 Tage geniessbar. Mitarbeitende von Caritas Markt holen es danach auf ihren Wochentouren ab. Das Denner-Fleisch als Tiefkühlware wird in den Caritas-Märkten mit einem Rabatt von 66 Prozent angeboten. Gegenwärtig wird das Projekt in 15 Denner-Filialen umgesetzt. Nach der erfolgreichen Pilotphase werde es bis Ende Jahr schweizweit auf 140 Filialen ausgeweitet, mit Schwerpunkt auf die Regionen Zürich und Luzern, Genf und Lausanne sowie Winterthur, Bern und St. Gallen.

Denner und Caritas spannen zusammen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Neu gefriert die Migros-Tochter unverkauftes, geprüftes Fleisch ein, und die Caritas-Märkte verkaufen es dann günstig an Armutsbetroffene. Und das funktioniert so: Ist das Ablaufdatum des Fleischs erreicht, friert Denner dieses in den eigenen Filialen ein. Damit bleibe es für weitere 90 Tage geniessbar. Mitarbeitende von Caritas Markt holen es danach auf ihren Wochentouren ab. Das Denner-Fleisch als Tiefkühlware wird in den Caritas-Märkten mit einem Rabatt von 66 Prozent angeboten. Gegenwärtig wird das Projekt in 15 Denner-Filialen umgesetzt. Nach der erfolgreichen Pilotphase werde es bis Ende Jahr schweizweit auf 140 Filialen ausgeweitet, mit Schwerpunkt auf die Regionen Zürich und Luzern, Genf und Lausanne sowie Winterthur, Bern und St. Gallen.

Grosses finanzielles Einsparpotenzial

Die Mitglieder der Hotelgruppe Responsible Hotels of Switzerland widmen dem sparsamen Umgang mit Lebensmitteln in diesem Jahr zusätzliche Aufmerksamkeit. Ihr Ziel ist es, die Lebensmittelabfälle pro Gast und Mahlzeit auf 50 Gramm zu senken. Die Gruppe wurde 2022 gegründet und zählt mittlerweile 40 Betriebe, die mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit punkten.

Darunter auch das Hotel Valsana in Arosa GR, das durch Food-Save-Massnahmen jährlich rund 18'000 Franken einspart. Das Sparpotenzial ist das eine. Bot betont: «Immer mehr Gäste achten bei ihrer Hotelwahl darauf, dass in den Betrieben nachhaltig gearbeitet wird.»

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