Swisscom-Kunden, die ein Problem haben und telefonische Unterstützung brauchen, werden ab kommendem Frühjahr in den Kosovo verbunden – zumindest teilweise. Der Telekomkonzern, der mehrheitlich dem Bund gehört, lagert 45 Call-center-Arbeitsplätze in den Balkanstaat aus.
Swisscom-Sprecher Sepp Huber bestätigt gegenüber SonntagsBlick eine entsprechende Meldung von «20 Minuten»: «Wir testen in kleinem Umfang ab Frühjahr 2022 einen Pilotversuch im Kosovo.»
Huber sagt, dass von der Verlagerung keine eigenen Mitarbeitenden betroffen seien, sondern Angestellte eines langjährigen Outsourcing-Partners in der Schweiz. Die ausgelagerten Arbeiten würden schon heute vom Partnerunternehmen übernommen. Bisher geschah das in der Schweiz, künftig im Kosovo.
«Swisscom-Qualität» made in Kosovo
Der Telekomriese betont, dass die «bewährte Swisscom-Qualität» trotz Verlagerung beibehalten werde. Die 45 Callcenter-Angestellten im Kosovo würden selbstverständlich alle Deutsch sprechen.
Zudem weist das Unternehmen darauf hin, dass man insgesamt über 2000 Callcenter-Stellen habe, rund die Hälfte davon intern, die andere Hälfte extern. «Nach dem Pilot, welcher bis Ende 2022 dauert, wird Swisscom entscheiden, ob und wie es mit einem Callcenter-Standort im Ausland weitergeht.»
So oder so: Es ist nicht das erste Mal, dass die Swisscom im Ausland Arbeitsplätze schafft. 2019 baute sie im niederländischen Rotterdam ein Entwicklungszentrum auf, 2020 kam in der lettischen Hauptstadt Riga ein weiteres dazu.
Bundesrat steht in der Verantwortung
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erwartet die Gewerkschaft Syndicom, dass sich die Swisscom klar zum Werkplatz Schweiz bekennt. «Swisscom hat in den letzten Jahren auf die sinkenden Preise mit linearen Kostensenkungen beim Personal und mit Personalabbau reagiert», sagt der zuständige Gewerkschaftssekretär Daniel Hügli. Dies habe den Druck auf das verbleibende Personal weiter erhöht und könne die Gesundheit der Arbeitnehmenden beeinträchtigen.
«Es braucht deshalb Entlastungsmassnahmen aufseiten des Personals, besonders bei der Arbeitszeit, damit die Qualität und die Stabilität sichergestellt werden können», so Hügli weiter. Hier stehe auch der Bundesrat mit seiner Eignerstrategie in der Verantwortung.
Surselva statt Pristina
Die Parlamentarier in Bern haben ebenfalls wenig Freude an den Kosovo-Plänen der Swisscom. «Ein bundesnaher Betrieb hat eine gewisse Verpflichtung gegenüber der Schweiz», sagt Nationalrat Martin Candinas (41, Mitte). Der Bündner ist überzeugt: «Wenn die Swisscom im Kosovo geeignete Callcenter-Mitarbeiter findet, würde sie diese auch in der Surselva, im Oberwallis oder Toggenburg finden. Das wäre sinnvolle Standortförderung.»
Auch Michael Töngi (54, Grüne), Präsident der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, ist sehr skeptisch: «Die Kommission wird am 25. Oktober die strategischen Ziele für die Swisscom diskutieren. Dort werden wir den Eigner sicher auch fragen, was er von dieser Auslagerung hält.» Je nach Diskussion müssten die strategischen Ziele in diesem Bereich angepasst werden.