Erst die Ankündigung, dann die definitive Abrechnung der Nebenkosten: Mieterinnen und Mieter erhalten in diesen Tagen und den kommenden Monaten Post ihrer Liegenschaftsverwaltungen. So manchem Mieter droht der Kosten-Schock, vor allem denjenigen, deren Akonto-Zahlungen bislang kleiner ausfielen als die tatsächlichen Kosten sind. Auch wer kein Mietrechtsspezialist ist, kann mit ein paar Kniffen ungerechtfertigte Forderungen und Nachzahlungen vermeiden, wie sie beispielsweise Blick-TV-Moderatorin Sylwina Spiess (33) erhalten hat.
Genau hinzuschauen, lohnt sich. Blick hat Tipps und Ratschläge von Expertinnen zusammengestellt.
Kosten, die der Vermieter an mich weitergeben darf.
Das sind beispielsweise Heizkosten, Wasserverbrauch und Kosten für die Kehrrichtabfuhr. «Nach Gesetz alle Nebenkosten, die mit dem Gebrauch des Mietobjekts im Zusammenhang stehen», sagt Laurent Bühler (54), Rechtsexperte im Bereich Immobilienrecht der Axa-Tochter Arag Rechtsschutzversicherung.
Kosten, die der Vermieter an mich nicht weitergeben darf.
Das sind etwa Gebäudeversicherungsprämien oder Reparatur- und Unterhaltskosten. «Eine Heizungsreparatur oder das Neustreichen des Treppenhauses darf die Vermieterin nicht auf die Mieter abwälzen», sagt Alexandra Pestalozzi, Rechtsanwältin bei Arag.
Wo ich bei der Nebenkostenabrechnung genau hinschauen muss.
Mieterinnen und Mieter sollten die Nebenkostenabrechnung als Erstes mit dem Mietvertrag vergleichen. Gibt es auf der Abrechnung Positionen, die im Mietvertrag nicht aufgeführt sind, müssen diese nicht bezahlt werden. Beispiel: Positionen auf der Abrechnung wie Heizkosten und Wasserverbrauch müssen im Mietvertrag eindeutig als Nebenkosten aufgeführt sein. Praktisch ist auch, wenn man die Nebenkostenabrechnungen vergangener Jahre zur Hand hat. Überdurchschnittliche Kostensteigerungen fallen beim Vergleich dann schnell auf.
Nachzahlungen für die Nebenkosten sind rechtens.
Viele Mieter bezahlen monatlich mit dem Mietzins einen fixen Betrag für die Nebenkosten ein. Sind diese sogenannten Akontozahlungen kleiner ausgefallen als die tatsächlichen Kosten, muss der Mieter nachzahlen.
Unbedingt die Abrechnungsperiode prüfen.
Die Nebenkostenabrechnungen, die in den letzten Wochen und Monaten verschickt wurden, gelten oft für die Periode zwischen Juli 2021 bis Juni 2022. Ein Teil der Kosten bezieht sich also noch auf die Zeit vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs, als Heizen noch nicht teurer war. Die Preise steigen erst seit Anfang Jahr.
Einsicht in die Nebenkosten-Belege verlangen.
Die Vermieter müssen Einsicht in die Belege der Nebenkosten gewähren. So kann der Mieter prüfen, ob der Kostenanstieg gerechtfertigt ist. «Es lohnt sich zudem, einen Blick auf den Verteilschlüssel zu werfen», sagt Experte Bühler. Die Heiz- und Nebenkosten müssen mit einem nachvollziehbaren Verteilschlüssel auf alle Mietobjekte einer Liegenschaft aufgeteilt werden.
Wenn ich die Nebenkostenabrechnung nicht verstehe.
Allgemein gehaltene Formulierungen haben in einer Nebenkostenabrechnung laut den Rechtsexperten nichts verloren. Schwammige Begriffe wie «allgemeine Betriebskosten» sind nicht zulässig. Vermieterinnen und Vermieter müssen die Kosten genau bezeichnen und auf Verlangen belegen. Solange die Liegenschaftsverwalter das nicht machen, muss der Mieter auch nicht bezahlen.
Wenn ich mit der Abrechnung nicht einverstanden bin.
Miteinander reden kann Rechtsstreitigkeiten vorbeugen. «Suchen Sie zuerst das Gespräch. Fehler oder Missverständnisse lassen sich so am einfachsten klären», sagt Expertin Pestalozzi. Verwaltung oder Vermieter können in einem ersten Schritt telefonisch oder per Mail kontaktiert werden – es muss nicht immer gleich ein eingeschriebener Brief sein.
Nach Erhalt der Abrechnung schnell reagieren.
Nicht auf die lange Bank schieben, raten die Experten. Es sei von Vorteil, wenn Mieter innert 30 Tagen nach Erhalt der Nebenkostenabrechnung aktiv werden. Eine gesetzliche Frist gibt es allerdings nicht. Falls es trotz Klärungsversuch zu Streitigkeiten kommt, können sich Mieterinnen und Mieter an eine Fachperson für Mietrecht wenden.
Kosten-Schock mit höherer Akontozahlung vorbeugen.
Viele Mieter fragen sich nun mit Blick auf das kommende Jahr, ob sie die Akontozahlungen für Nebenkosten erhöhen sollen. Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz (MV) rät zum Sparen. «Ich empfehle den Mietern, das Geld für die gestiegenen Energiepreise zu sparen», sagt Präsident Carlo Sommaruga (63). «Es muss jedoch nicht unbedingt in Form einer Erhöhung der Akontozahlung sein.» Jeder könne selbst entscheiden, wie er das Geld auf die Seite lege. Wer diszipliniert genug ist, kann den Betrag auch auf ein privates Sparkonto überweisen. Ansonsten empfiehlt Sommaruga, die Akontozahlungen zu erhöhen. Der MV empfiehlt Bewohnern einer 4½-Zimmer-Wohnung pro Monat rund 100 Franken mehr zu bezahlen.