Als Blick-TV-Moderatorin und Mieterin Sylwina Spiess (33) diesen Juni ihre Nebenkostenabrechnung fürs Jahr 2021 öffnet, traut sie ihren Augen kaum. Ihr Vermieter informiert sie in einem Schreiben darüber, dass die bereits eingezahlten 3000 Franken fürs Jahr 2021 nicht ausgereicht hätten. Spiess muss 2979.30 Franken nachzahlen.
Fast 6000 Franken für eine 2,5-Zimmer-Mietwohnung im Zürcher Kreis 5 mit rund 80 Quadratmeter Wohnfläche. «Die Höhe der Rechnung hat mich stutzig gemacht», sagt Spiess. Zudem wurden die bereits bezahlten Nebenkosten in der Abrechnung als Akontozahlung beschrieben. Im Mietvertrag wurden diese jedoch nicht so gekennzeichnet.
Nachzahlen oder nicht?
«Ich bin davon ausgegangen, dass es Pauschalzahlungen sind», sagt Spiess. Das ist ein wichtiger Unterschied. Denn wenn die Nebenkosten pauschal abgerechnet werden, ist ein fixer Betrag geschuldet – beispielsweise immer 250 pro Monat. Der Vermieter kann im Nachhinein keine Nachzahlungen verlangen.
Bei Akontozahlungen dagegen kann der Vermieter Mehrkosten – beispielsweise aufgrund steigender Energiekosten – geltend machen und vom Mieter eine Nachzahlung verlangen. Aus dem Mietvertrag von Spiess geht nicht hervor, ob die Nebenkosten pauschal oder als Akonto abgerechnet werden.
Krieg sorgt für steigende Preise
Spiess dürfte aktuell nicht die einzige Mieterin sein, die sich mit ihren Nebenkosten befassen muss. Diese Thematik beschäftigt ganz viele Mieterinnen und Mieter in der Schweiz. Denn spätestens nächstes Jahr müssen sie mit massiv höheren Nebenkosten rechnen.
Die Energiepreise haben sich in den letzten Monaten aufgrund des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine erhöht. Mehrere Vermieter gingen deshalb bereits auf Bewohner zu. Sie schlagen zum Teil eine freiwillige Erhöhung der Akontozahlungen vor – um einen Kostenhammer zu verhindern.
Einsicht in die Kostenabrechnung
Im Fall der Mieterin Spiess rechtfertigt das den riesigen Kostenanstieg jedoch nicht. Denn die Abrechnung stammt aus dem Jahr 2021. Der Krieg brach erst im Februar 2022 aus.
Die Mieterin verlangte deshalb beim Vermieter Einsicht in die Abrechnung. Ihr Vermieter ist ein privater Stockwerkeigentümer. Er schickte ihr darauf die Betriebskostenabrechnung der Stockwerkeigentümer der Liegenschaft in Zürich. «Wirklich schlau werde ich daraus nicht», sagt Spiess.
Betriebskostenabrechnung bringt keine Klarheit
In der Betriebskostenabrechnung, die Blick vorliegt, werden alle Kosten der Stockwerkeigentümer aufgelistet – da werden beispielsweise Ausgaben für Versicherungen aufgelistet, Kosten für den Lift und die Tiefgarage, Umgebungsarbeiten, Zahlungen an den Erneuerungsfonds und vieles mehr. «Da steht ganz viel drin, was in meinem Mietvertrag unter Nebenkosten nicht aufgelistet ist», sagt Spiess.
Nicht nur für sie als Laiin, auch für Profis ist es anhand einer Betriebskostenabrechnung unmöglich, nachzuvollziehen, wie hoch die Nebenkosten der Wohnung sind. Blick hat die Kostenzusammenstellung dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband vorgelegt. «Die Betriebskostenabrechnung nützt der Mieterin nichts, um mehr über ihre Nebenkosten zu erfahren», sagt Fabian Gloor (37), Leiter der Hotline für die Rechtsberatung des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz.
Einsicht in die Originalbelege verlangen
Weder lässt sich damit nachvollziehen, was ihr konkret als Nebenkosten verrechnet wurde, noch wie hoch ihr Anteil an den Kosten ist. «Der Vermieter müsste der Mieterin eine Zusammenstellung der Nebenkosten ihrer Wohnung zur Verfügung stellen und Einsicht in die Originalbelege gewähren», sagt Gloor.
«Dass die Mieterin Einsicht in die Nebenkosten verlangt hat und ihr daraufhin die Betriebskosten zugestellt wurden, ist enttäuschend», sagt der Rechtsberater.
Nachhaken lohnt sich
Genau hinzuschauen lohnt sich. Denn ungerechtfertigte Kosten lassen sich mit ein paar Tipps und Tricks einfach entdecken. Und Mieter haben die Möglichkeit, dagegen vorzugehen.
«Wir raten Mietern in einer solchen Situation, noch einmal nachzuhaken, um Einsicht in die Belege zu bekommen», so der Rechtsberater Gloor. Falls die Einsicht seitens der Vermieterschaft nach wie vor verweigert wird, könne Spiess die Nebenkostenabrechnung bei der Mietschlichtungsbehörde anfechten.
So weit kommt es bei Spiess nicht. Als sie ihren Vermieter erneut um Details zur Nebenkostenabrechnung bittet, macht dieser einen Rückzieher. Er verzichtet auf alle zusätzlichen Forderungen.