Langstrecke fliegen in der Economy ist selten pure Freude: Schulter an Schulter zum Nachbar, die Knie am Vordersitz mehr eingeklemmt als ausgestreckt. Viele Reisende schauen neidisch ein paar Sitzreihen nach vorne, wenn sie stundenlang in der Holzklasse unterwegs sind. Weiter vorne im Flieger herrschen deutlich bessere Verhältnisse.
Was bei Eco-Passagieren daher nun öfter zu reden gibt, ist die Premium Economy – also jene Sitzplätze zwischen der schnöden Eco und der extravaganten Business-Klasse. Manche Airlines haben sogar noch eine First-Klasse eingebaut.
Mit der Zwischenklasse Premium Eco bietet sich für die Kundschaft auf immer mehr Flügen eine komplett neue Reisekategorie. So hat zum Beispiel die Golf-Airline Emirates ihre Premium Eco im Sommer 2022 lanciert und baut sie zunehmend in ihre Flugzeuge ein.
Bei der Swiss waren die ersten Premium-Eco-Sitze ebenfalls schon im vergangenen Jahr verfügbar – zu Beginn in den Langstreckenfliegern vom Typ Boeing 777-300ER. 24 Sitze gibt es dort bei der Swiss in der Premium Eco. Die neuen A350-Maschinen der Swiss sollen sogar 38 Premium-Eco-Sitze bekommen, zulasten der normalen Eco. Das zeigt, dass sich nicht nur die Swiss von der Premium Eco einiges verspricht, zumal solche Investitionen teuer sind.
Fluggesellschaften setzen verstärkt auf Premium Economy
«Die Premium Economy wird von der Swiss-Kundschaft sehr gut aufgenommen», sagt Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour. «Wir werden die Kabinen unserer Langstreckenflotte ab 2025 im Rahmen des neuen Kabinenkonzeptes ‹Swiss Senses› weiter erneuern, nicht nur was die Premium Economy angeht, sondern auch in der Economy, Business und First.» Die Swiss-Schwester Edelweiss hat ebenfalls eine Zwischenklasse, sie heisst Economy Max.
Emirates-Schweiz-Chef Juerg Mueller sagt: «Emirates hat derzeit zwanzig Airbus A380 mit der neusten Premium-Economy-Class in der Flotte. Im Rahmen unseres laufenden 2-Milliarden-Dollar-Retrofit-Programms werden 47 weitere A380 und danach 53 Boeing 777 mit dem neusten Kabinenprodukt ausgestattet.»
Das Geschäft laufe sehr gut, so Mueller, die Maschinen seien ab Dubai zu Langstreckenzielen wie Sydney, Singapore oder Auckland unterwegs, andere Orte wie Mumbai oder Tokio kämen in Kürze hinzu. «Wir sehen im Schweizer Markt ein grosses Nachfragepotenzial und sind überzeugt, dass Premium Economy ab Zürich und Genf erfolgreich verkauft werden kann.» Wann die Einführung der neuen Klasse im Schweizer Markt erfolgt, will Emirates noch bekannt geben.
Allerdings kämpft die gesamte Airline-Branche derweil mit Lieferengpässen, sodass sich neue Flieger inklusive der Einführung neuer Kabinenprodukte zum Teil deutlich verspäten können.
Swiss und Emirates kommen spät mit Premium Economy
Die Zwischenklasse Premium Eco ist dabei alles andere als neu: Anbieter wie Eva Air aus Taiwan sind Pioniere – und das schon seit Anfang der 1990er-Jahre. Emirates und Swiss, die bisher mit Eco, Business und First drei Klassen hatten, kommen vergleichsweise spät ins Premium-Eco-Geschäft, sind aber nun mit vier Klassen unterwegs.
Was wird in der Premium Eco geboten? Lohnt es sich, einige 100 Franken pro Flug mehr zu zahlen, um nicht mehr in der Eco zu sitzen? Oder generiert die Klasse doch eher Premium-Einnahmen für die Airlines, als dass sie ein Premium-Erlebnis für die Kunden und Kundinnen schaffen würde?
Die Angebote sind je nach Airline verschieden. Typisch ist: Die Sitze sind breiter. Die Rückenlehne neigt sich stärker, es gibt eine Auflage für die Füsse. Auch sind pro Stuhlreihe weniger Sitze als in der Eco eingebaut. Und es gibt ein Pre-Boarding, mehr Gepäckmitnahme und besseres Essen als in der Eco. Ebenso sind die Bildschirme grösser.
Luftfahrtexperte Florian Dehne von der Unternehmensberatung Roland Berger sagt: «Viele Passagiere shoppen lieber nach oben, statt zu sparen. Sie buchen Premium Eco statt Eco.» Der Grund: «Sie wollen sich etwas gönnen beim Reisen, es gibt eine starke Nachfrage bei Premium-Eco-Tickets.»
Premium Economy ist besonders lukrativ für Airlines
Die Fluggesellschaften frohlocken: «Für Airlines ist die Premium Eco die profitabelste Klasse pro Quadratmeter im Flugzeug», so Dehne. Zwar würden für First und Business viel höhere Ticketpreise verlangt, doch bei der Marge sei die Premium Eco bei vielen Airlines erfolgreicher.
Die Herausforderung für Fluggesellschaften: Sie müssen mit der Premium Eco der Eco-Kundschaft zwar Verbesserungen liefern, sie dürfen die Premium-Eco-Tickets aber nicht so hoch ansetzen, dass Reisende den Mehrwert nicht erkennen und in der Eco bleiben. Gleichzeitig darf die Premium Eco nicht zu attraktiv sein. Sonst fragen sich Businesskunden und -kundinnen, warum sie Tausende Franken für ihren Platz zahlen, wenn es gleich hinter ihnen beinahe den gleichen Service gibt.
Daher wird es in der Premium Eco keine Sitze geben, die sich zu einem Bett ausfahren lassen. Das ist und bleibt Standard in der Business und in der First. Auch Trennwände für mehr Privatsphäre zwischen den Sitzen haben Premium-Eco-Sitze nicht. Das ist in immer mehr Business-Klassen zu sehen: Jeder Passagier erhält einen kleinen, abgetrennten Rückzugsort.
«Premium Eco lohnt sich für Menschen, die eine Flugdauer von fünf bis sechs Stunden haben», sagt Aviatikberater Dehne. «Auf der Kurzstrecke macht es natürlich weniger Sinn.» Seiner Einschätzung nach sind typische Premium-Eco-Kunden nicht nur Eco-Ticket-Käufer, die mehr Komfort wünschen, sondern auch Firmenkunden, die ihren Mitarbeitenden mehr bieten, aber aus Kostengründen nicht die Business zahlen wollen.
Premium-Eco-Tickets deutlich teurer als Eco-Preise
Und die Kosten? Die Flugticketpreise haben sich generell deutlich erhöht. So auch in der Premium Eco. Gemäss einer Erhebung der Vergleichsplattform Kayak für die «Handelszeitung» stiegen die Ticketkosten für Premium Economy im ersten Halbjahr 2023 mit rund 5 Prozent zum Vorjahr aber deutlich weniger stark als für die Business und die Economy.
Dennoch zahlten Reisende für einen Retourflug in der Premium Economy durchschnittlich fast viermal so viel wie in der Holzklasse und nur einen Drittel weniger als in der meist viel luxuriöseren Business-Klasse. Hinzu kommt: Im Vergleich zur Economy ist der CO2-Fussabdruck bei einem Flug in der Premium Economy grösser. Gäste in der Eco brauchen weniger Platz an Bord.
Viel Marketing
Statt Klimadebatten zu führen, wirbeln Airlines in Sachen Premium Eco lieber marketingmässig – und dies stets mit dem Unterton, dem Gefühl und Erlebnis der Business-Klasse ein Stückchen näher zu kommen.
So heisst es bei Emirates, die Premium-Eco-Sitze seien «mit cremefarbenem Anti-Fleck-Leder und mit von der Automobilbranche inspirierten Nähten bezogen – sowie mit einer Holzverkleidung versehen, ähnlich wie in der Business-Class».
Und Eva Air preist ihr «Schlaf-Kit» in der Premium Eco an, welches mit «feuchtigkeitsspendender Creme und Lippenbalsam, Socken, einem Kamm, Ohrstöpseln und einer Schlafmaske» bestückt sei. Damit habe die Kundschaft «in der Premium-Economy-Class einen Hauch von Business-Class-Luxus».