Drohender Engpass beim Strom
Hotels bunkern Batterien – und fürchten die Schliessung

Wenn der Strom knapp wird, droht der Bund mit der Schliessung von Wellnessanlagen. Schweizer Hoteliers bibbern um ihren Umsatz. Aber die möglichen Konsequenzen einer Stromlücke gingen weit über die Sauna hinaus. In den Hotelküchen etwa stünde der Herd still.
Publiziert: 02.09.2022 um 16:13 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2022 um 09:40 Uhr
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Hotelière Ariane Oswald bereitet sich auf mögliche Stromlücken vor.
Foto: Zvg
Sarah Frattaroli

Ariane Oswald (42) hat gerade ziemlich viele Batterien eingekauft. Nicht für sich. Sondern für die vier Sorell-Hotels in und um Zürich, die sie führt. Dazu gehört unter anderem das Hotel Rütli mitten im Niederdorf.

Die Gäste gelangen mit einer Keycard ins Zimmer. «Wenn der Strom ausfällt, laufen die Türschlösser mit Batterie», erklärt die Hoteldirektorin. Es gäbe im Notfall auch für jede Tür einen herkömmlichen Schlüssel. «Aber die haben wir seit Jahren nicht benutzt», sagt Oswald. Wenn einem Gast aus Versehen ein Universalschlüssel ausgehändigt wird, hat er plötzlich einen Passepartout fürs ganze Hotel.

Oswald will keine Panik vor einem Blackout verbreiten. «Aber je eher wir den Notfallplan in der Schublade haben, desto einfacher wird es», begründet sie. Oswald ist nicht allein: Von anderen Hoteliers ist zu hören, dass sie neben Batterien auch Kerzen, Taschenlampen und Powerbanks einkaufen. Schliesslich soll der Gast auch während einer drohenden Stromlücke das Handy laden können.

Einige Hotels wollten sich kurzerhand einen Notstromgenerator in den Keller stellen – doch diese sind europaweit ausverkauft.

30 Prozent weniger Umsatz

Am Mittwoch hat der Bundesrat seine Sparpläne für Strom und Gas konkretisiert – und nimmt die Wirtschaft dabei in die Pflicht. Auf den Hotels liegt ein besonderes Augenmerk, erwägt der Bund doch die Schliessung von Schwimmbädern, Saunas und Wellnessbereichen, wenn die freiwilligen Stromsparappelle nicht ausreichen.

Auch Ariane Oswald wäre von einem Wellnessverbot betroffen. Im Sorell-Hotel Rigiblick gibt es Suiten mit privatem Dampfbad und Sauna. «Wenn wir die nicht mehr vermieten können, fallen 30 bis 40 Prozent des Umsatzes weg.» In der Berghotellerie wären die Umsatzeinbrüche gar noch grösser.

Die Mitarbeitenden der Hotel-Spas stünden plötzlich ohne Arbeit da. Der Branchenverband Hotelleriesuisse fordert für den Fall von Einschränkungen, Verboten oder Kontingenten denn auch Unterstützungsmassnahmen – unter anderem Kurzarbeit wie während der Pandemie.

Fondue und kalte Platten

Das Horrorszenario: Netzabschaltungen. Diese gibt es zwar erst auf Stufe vier des bundesrätlichen Stromsparplans, als Ultima Ratio. «Aber selbst wenn es nicht dazu kommt, rechnen wir aufgrund der unsicheren Versorgungslage mit Stromschwankungen», erklärt Hotelière Oswald. Der Strom würde in diesem Fall immer mal wieder für kürzere Zeit ausfallen.

Das kann verheerende Folgen haben: Etwa, wenn es während eines Stromunterbruchs zu einem Brand kommt. Die Brandmeldeanlage setzt in diesem Fall keinen automatischen Notruf an die Feuerwehr ab. «Wir müssten mehr Kontrollgänge durchs Hotel machen», so Oswald.

Wenn der Strom ausfällt, läuft auch der Herd nicht mehr. In der Branche kursieren Ideen, den Gästen bei Kerzenlicht kalte Platten oder ein Fondue zu servieren. Das braucht keinen Strom, sondern nur Brennpaste. Oswald ist trotzdem skeptisch. «Wenn der Strom wegbleibt, können wir die Kühlkette nicht mehr aufrechterhalten, und dazu sind wir laut Lebensmittelgesetz verpflichtet.» Der ungekühlte Käse wandert in den Abfall statt ins Caquelon.

Zimmer etagenweise belegen

Sollte es tatsächlich zu wiederkehrenden und länger dauernden Netzabschaltungen kommen, ist der Fall für Oswald denn auch klar: «Dann können wir unsere Dienstleistung nicht mehr erbringen. Der Gast kommt ja nicht ins Hotel, um mit Taschenlampe und Kerze im Zimmer zu sitzen.»

Stattdessen stünden dann wohl erneut Hotelschliessungen zur Debatte. Um Schliessungen zu verhindern, werde man tatkräftig zum Energiesparen beitragen, verspricht die Branche. Das hat auch ökonomische Gründe. «Bei uns machen die Energiekosten 3 Prozent der Gesamtkosten aus», rechnet Oswald vor. Strom sparen heisst angesichts der steigenden Preise vor allem auch Geld sparen. «Wir setzen auf energieeffiziente LED-Lampen und installieren Bewegungssensoren in den Gängen, damit das Licht nicht ständig brennt.»

Das wird wohl kaum ausreichen, um die drohende Stromlücke zu vermeiden. Die Branchenverbände gehen daher in die Offensive. Gastrosuisse etwa gibt seinen Mitgliedern in einem 12-Punkte-Plan Tipps zum Energiesparen. «Belegen Sie die Zimmer nach Gebäuden und Etagen», heisst es dort unter anderem. «In nicht belegten Zonen kann so die Heizung flächendeckend reduziert werden.» Hotelleriesuisse bietet gar ein Webinar zum Energiesparen an.

«Damit die Wintersaison wie geplant stattfinden kann, müssen jetzt alle am gleichen Strick ziehen», heisst es beim Verband etwas pathetisch. Auch Ariane Oswald hofft trotz drohender Energielücke auf einen soliden Winter. «Wir haben während Corona massiv gelitten. Ohne Unterstützung ertragen wir das nicht noch einmal.»

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