Kommt im Winter die Gaslücke, müssen wir uns warm anziehen! Wenn die Spar-Appelle des Bundes nicht ausreichen, wird der Bundesrat die Energie-Schraube nämlich anziehen. Und wie! Dann sieht die Regierung Heizverbote von ungenutzten Gebäudeteilen oder Pools vor und Verwendungsverbote von Heizstrahlern, Cheminées zu Dekorationszwecken oder Hochdruckreinigern.
Und nun kommt es faustdick: Vorgesehen sind auch Einschränkungen in Innenräumen, die mit Gas beheizt werden. Diese dürfen höchstens noch auf 19 Grad geheizt werden. Auch Wasser darf nur noch auf 60 Grad erwärmt werden. Ausgenommen sind nur Spitäler, Praxen, Geburtshäuser oder Alters- und Pflegeheime. Kontrolliert werden soll die Einhaltung der Beschränkungen und Verbote durch die Kantone.
Etappiertes Vorgehen
Bis es so weit ist, sind aber noch einige andere Schritte vorgesehen. Gleich zwei Verordnungen mit stufenweisem Vorgehen gibt der Bundesrat nun in Konsultation. Kantone, Verbände und weitere Interessierte können dann ihre Anliegen einbringen. Betroffene sollen so auch frühzeitig über Aufgaben und Pflichten in einer Mangellage orientieren.
In einem ersten Schritt sollen Zweitstoffanlagen von Gas auf Öl umstellen. Dann würden Einschränkungen und Verbote schrittweise gesteigert. Betroffen wären zuerst öffentliche Gebäude und Büros. Privathaushalte wären erst im Notfall betroffen. Umgekehrt wäre es etwa bei Schwimmbädern. Heizverbote gäbe es erst bei privaten Bädern und erst in einem weiteren Schritt die öffentlichen Bäder.
SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) betonte vor den Medien, dass die Verordnung jeweils der aktuellen Situation angepasst würde. So ist eine gestaffelte Umsetzung möglich. Ebenso können auch nur einzelne Regionen von den Vorgaben betroffen sein, wenn nur dort Gas fehlt, in anderen Landesteilen aber nicht – das hängt jeweils von den Nachbarländern ab, welche das Gas liefern. «Wir sind beim Gas total abhängig vom Ausland», so Parmelin.
Ziel des Bundesrats ist sowieso, eine Mangellage mit freiwilligen Sparmassnahmen zu verhindern, so dass es gar nicht staatliche Anordnungen braucht.
Startschuss für Energiespar-Kampagne
So fiel am Mittwoch auch der Startschuss für eine neue Energiespar-Kampagne des Bundes. Dafür spannt er mit Wirtschaft, Kantonen, Verbänden und Organisationen in einer «Energiespar-Allianz» zusammen.
Die Anstrengungen laufen unter dem Slogan «Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht.» Die Kampagne soll aufzeigen, wie Bevölkerung und Wirtschaft mit einfach umsetzbaren Tipps Energie – Gas, Heizöl, Strom und andere Energieträger – sparen können und soll bis April 2023 laufen.
Dabei sollen altbekannte Sparmöglichkeiten wieder ins Bewusstsein gerufen werden. «Ein Grad weniger heizen spart fünf bis sechs Grad Energie», machte SP-Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) ein konkretes Beispiel. Oder wer zu Hause einen Wasserkocher statt eine Pfanne benutze, spare 50 Prozent Energie. Für weitere Tipps gibt es auch eine Internetseite (nicht-verschwenden.ch) und sogar eine Telefon-Helpline unter der Nummer 0800 005 005.
Auch Strom sparen
Der bundesrätliche Fokus liegt beim Sparen vorerst noch auf der Freiwilligkeit. Insgesamt soll 15 Prozent des Erdgas-Verbrauchs eingespart werden. Ein entsprechendes Stromsparziel hingegen fehlt vorerst noch.
Trotzdem richten sich die Sparanstrengungen auch auf den Strombereich. Denn: «Das Risiko einer Strommangellage ist gross und real», warnte Michael Frank (59), Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Alles, was man jetzt schon unternehme, werde sich später auszahlen. «Der Stromverbrauch muss gedrosselt werden», so Frank. Jede gesparte Kilowattstunde, die heute im Speichersee bleibe, könne im Winter helfen.
Eine Mangellage könne nur verhindert werden, wenn alle mithelfen und ihren Verbrauch drosseln würden, unterstrich Frank. Und: «Eine sichere Stromversorgung ist keine Selbstverständlichkeit.»
SP-Magistratin Sommaruga zeigte sich überzeugt, dass es in der Bevölkerung eine grosse Bereitschaft zum Energiesparen gebe. Und Parmelin betonte: «Jede Kilowattstunde zählt – ob sie neu produziert, eingespart oder nicht verschwendet wird.»
Städte wollen Vorbild sein
Bereits reagiert hat am Mittwoch der Städteverband. Mit einer Liste hat er Massnahmen erarbeitet, wie Städte Energie einsparen können. Darunter finden sich etwa kühlere Räume, kein warmes Wasser und in der Adventszeit keine Weihnachtsbeleuchtung in den Verwaltungsgebäuden.
Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen den Städten als Orientierungshilfe dienen, schreibt der Städteverband in seiner Mitteilung. Jede Stadt habe andere Voraussetzungen und nicht überall seien dieselben Massnahmen sinnvoll und umsetzbar.
Damit es nicht zur Mangellage kommt, wollen die Städte als Vorbild vorangehen und Energie sparen, wie sie schreiben. Neben dem Senken von Raumtemperaturen wird weiter auch vorgeschlagen, dass das Wasser in Hallenbädern zwei Grad weniger warm geheizt werden könnte, die Beleuchtung etwa von historischen Gebäude oder Reklameschildern abgeschaltet oder auch Aufzüge oder Rolltreppen wo möglich nicht mehr betrieben werden könnten.