Am Einkaufsregal steht «Neu zum Aldi-Preis». Eine Anpreisung, die wohl viele Konsumenten missverstehen. Denn das Produkt ist keineswegs besonders günstig. Es kostet genau gleich viel wie bei Migros und Coop.
Aldi benutzte den Preis-Slogan bis vor Kurzem für ein neues Markenprodukt: Die Hafermilch «ohne Zucker» von Alpro. Sie ist seit Juli im Aldi-Sortiment. Der Discounter verkauft den Liter für 3.49 Franken. Bei Migros und Coop kostet er 3.50 Franken.
Rivella, Thomy oder Ovomaltine mit identischen Preisen
Das ist kein Einzelfall, wie eine Stichprobe des Beobachters zeigt. Von zehn Markenprodukten kosten neun Produkte gleich viel bei Migros, Coop, Aldi und Lidl. Berücksichtigt wurden nur Artikel in identischen Verpackungsgrössen, die alle vier Detailhändler verkaufen. Das ist nur bei wenigen Produkten der Fall. Etwa bei Rivella, Coca-Cola, Evian, Feldschlösschen Alkoholfrei, Thomy-Mayonnaise, Thomy-Tomatenpüree sowie Ovomaltine-Schokolade, Ovomaltine-Petit-Beurres und Ovomaltine-Biscuits. Die vier Händler verkaufen sie zum gleichen Preis.
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Nur bei einem von zehn Produkten gibt es einen winzigen Preisunterschied: Der Becher Caffè Latte Macchiato von Emmi kostet bei Aldi und Lidl 5 Rappen weniger als bei Migros und Coop.
55 Prozent teurer als in Deutschland
Die Neueinführung der Alpro-Hafermilch zeigt, wie solche Einheitspreise zustande kommen können: Aldi hat sich dem hohen Schweizer Preisniveau angepasst, das Migros und Coop vorgeben. Denn zwingend ist der hohe Verkaufspreis nicht. So verkauft Aldi in Deutschland dasselbe Produkt für umgerechnet nur 2.25 Franken. In der Schweiz verlangt Aldi also 55 Prozent mehr, obwohl das Produkt zollfrei importiert werden kann.
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Die Aldi-Medienstelle schreibt: «Im Vergleich zu Deutschland fallen in der Schweiz entlang der gesamten Wertschöpfungskette unter anderem höhere Lohn-, Transport- und Gebäudekosten an.» Diese Kosten hätten Auswirkungen auf den Verkaufspreis.
Preisüberwacher kritisiert schwachen Wettbewerb
Klar, die Schweiz ist teurer als Deutschland. Aber gleich 55 Prozent? Der Preisüberwacher spricht von einem Preisunterschied von durchschnittlich 30 Prozent gegenüber dem europäischen Ausland. Anfang Jahr schrieb er zudem in einem Bericht zu den Lebensmittelpreisen: «Eine Folge der hohen Marktkonzentration von Migros und Coop in der Schweiz sind die hierzulande höheren Preisaufschläge.» Anders als beispielsweise in Deutschland seien hier Preiskämpfe womöglich «viel weniger intensiv».
Händler verweisen auf die Hersteller
Die Detailhändler bestreiten das vehement. Der Wettbewerb sei sehr intensiv. Und wie kommen die gleichen Preise zustande? Coop schreibt: «Entscheidend für die Verkaufspreise sind die Einstandspreise.» Man setze sich für faire und marktgerechte Preise ein. Laut der Migros sind die ähnlichen Preise für die identischen Markenartikel unter anderem mit den Forderungen der Produkthersteller erklärbar. «Die Margen im Detailhandel sind sehr bescheiden, kein Wunder also, dass sich Markenprodukte in einer ähnlichen Preisspanne bewegen.»
Doch auch das «Marktumfeld» beeinflusst die Preise
Die Hersteller schreiben den Detailhändlern allerdings keine Ladenpreise vor. Die Migros gibt offen zu, dass sie auch «das Marktumfeld» berücksichtigt, bevor sie die Ladenpreise festlegt. Das Marktumfeld sind in diesem Fall die Preise der anderen.
Tipp: Sparen lässt sich in der Regel, wenn man Eigenmarken kauft statt Markenprodukte. Haferdrink gibts bei Migros und Aldi als Eigenmarken bereits für rund 2 Franken pro Liter in Bioqualität.