Digitalisierungslücke bei den Medizinern
Fast jeder fünfte Arzt nutzt noch den Fax

Das Faxgerät erlangte in Pandemiezeiten Legendenstatus – weil es beim Bundesamt für Gesundheit immer noch fleissig zum Einsatz kommt. Eine neue Umfrage bei Ärztinnen und Ärzten zeigt nun: Auch anderswo im Gesundheitswesen herrschen Bürokratie und Digitalisierungslücken.
Publiziert: 17.02.2024 um 00:30 Uhr
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Statt bei den Patientinnen und Patienten ...
Foto: Keystone
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Wann hast du zuletzt ein Fax verschickt? Wenn du Ärztin oder Arzt bist, dürfte es nicht allzu lange her sein. 17 Prozent der Ärztinnen und Ärzte benützen bei der Arbeit regelmässig ein Faxgerät. Das hat eine aktuelle Umfrage des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) ergeben.

Rezepte und Zertifikate werden gefaxt, ebenso wie Spitex-Verordnungen oder Berichte von Hausarztpraxen an Spitäler. Und das Faxgerät ist nur die Spitze des Eisbergs!

Noch problematischer mit Blick auf Bürokratie und Digitalisierungsrückstand sind laut VSAO-Umfrage «schlecht gemachte Klinikinformationssysteme (KIS)». Im KIS tragen Spitalärztinnen und -ärzte Diagnosen oder Medikamentenverordnungen ein. Selbst innerhalb eines Spitals gibt es auf den verschiedenen Stationen teils unterschiedliche Systeme, die nicht miteinander kompatibel sind. Informationen werden von Hand von einem System ins andere übertragen – ein Zeitfresser.

Ärzte sind mehrheitlich Bürogummis

Ebenso wie die Kommunikation mit den Krankenkassen: 26 Prozent der Befragten geben an, pro Woche zwei bis vier Stunden mit den Krankenkassen am Telefon zu verbringen. Zwei Drittel der Rückfragen seitens der Krankenkassen seien ungerechtfertigt, so die Befragten. Vielfach erfolgten Rückfragen auf Papier statt elektronisch. 

Über 1000 konkrete Beispiele von «ineffizienter Bürokratie und Administration» hat der VSAO mithilfe der Umfrage zusammengetragen. «Nach ohnehin schon langen Arbeitstagen müssen Ärztinnen und Ärzte auch noch administrative Tätigkeiten erledigen, deren Sinn oft nicht erkennbar ist», kritisiert Philipp Thüler, stellvertretender Geschäftsführer des VSAO. «Das ist frustrierend und bringt viele an den Rand der Erschöpfung.»

56 Stunden arbeiten Ärztinnen und Ärzte gemäss Erhebungen pro Woche – erlaubt wären laut Arbeitsrecht maximal 50 Stunden. Spitalärztinnen und -ärzte verbringen – je nach Quelle – gerade einmal die Hälfte oder noch weniger Arbeitszeit am Krankenbett. Der Rest geht für den Papierkrieg drauf.

Es braucht Hunderte Millionen

«Indem man die Bürokratie abbaut, könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen», argumentiert Thüler: «Zeit für die Patientenbetreuung gewinnen. Und die Frustration reduzieren, die entsteht, wenn man mühselig Berichte schreibt, von denen man nicht einmal weiss, wer sie am Ende liest.»

Einige stiegen aufgrund des «administrativen Desasters» gar aus dem Beruf aus, so der VSAO. Die Lösung? Soll unter anderem das elektronische Patientendossier bringen. Doch dessen Einführung läuft seit Jahren harzig. Das Programm Digisanté des Bundes soll mit einem 400-Millionen-Kredit die Digitalisierung im Gesundheitswesen zusätzlich vorantreiben. «Das ist ein guter Anfang», so Thüler. «Aber wir haben einen grossen Rückstand.» Dieser ist nicht von heute auf morgen aufzuholen.

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