Es war nie eine Liebesgeschichte. Das Freihandelsabkommen mit China wurde in der Schweiz hart bekämpft. Doch die Bedenken hatten keine Chance, nicht mal zu einem Referendum kam es: Das Parlament sprach sich klar für den Freihandel mit Peking aus. Am 6. Juni 2013 wurde das Abkommen abgeschlossen, ein gutes Jahr später trat es in Kraft. Es war das erste Freihandelsabkommen eines kontinentaleuropäischen Landes mit China – ohne Einschränkungen, die den Schutz der Menschenrechte berücksichtigt hätten.
Die Schweiz hat von diesem Entscheid profitiert. Und das offenbar sogar mehr als China. Das zeigt eine neue Studie von Forschenden der Universität St. Gallen und der University of International Business and Economics (UIBE) in Peking, die am Freitag erscheint.
Der Bericht zeigt, dass Schweizer Exporteure das Freihandelsabkommen erfolgreich nutzen − mit einer Nutzungsquote, die in den letzten fünf Jahren um 13 auf 71 Prozent gestiegen ist. Im Jahr 2022 erzielten Schweizer Unternehmen so effektive Einsparungen von 220 Millionen US-Dollar, verglichen mit 70 Millionen Dollar im Jahr 2018. Auf chinesischer Seite fiel die Nutzungsquote im selben Zeitraum hingegen von anfänglich stabilen 42,2 sogar auf 39,3 Prozent. In der Folge zahlen chinesische Exporteure und Schweizer Importeure von chinesischen Waren nach wie vor mehr als 400 Millionen Dollar an jährlichen Zollgebühren.
Uhren, MEM und Schoggi gewinnen
Viele Schweizer Produkte erreichten China mittlerweile vollständig zollfrei, so zum Beispiel Armbanduhren, Kaffee und Kaffeemaschinen, Gebäck und Süssigkeiten sowie Käse. Am meisten profitierte die Uhrenbranche mit mehr als 130 Millionen Dollar Einsparungen jährlich, gefolgt von der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM), die mehr als 60 Millionen Dollar spart. Auch der Chemie-, Textil- und Lebensmittelindustrie bringe das Abkommen Vorteile.
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Ein Wachstumssieger: die Schweizer Schoggi-Industrie. Die Schweizer Schokoladenexporte nach China sind in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen und haben sich auf mehr als 3000 Tonnen pro Jahr mit einem Wert von mehr als 30 Millionen Franken mehr als verdreifacht. Zwei Drittel dieser Exporte sind dank Nutzung des Freihandelsabkommens zollfrei. Schweizer Produzenten erzielen zudem durch den Export von Schweinsfüssen und -ohren nach China jährliche Einsparungen von etwa einer Million Dollar.
Trotz der bereits guten Effekte ist laut den Forschenden noch Potenzial nach oben. Aufgrund von Versandvorschriften, komplexer Formulare, begrenzten Wissens und begrenzter Erfahrung sowie zeitlicher Verzögerungen belaufe sich die geschätzte jährliche Summe der noch zu zahlenden Zölle auf Schweizer Produkte auf etwa 200 Millionen Dollar.
Schweiz will Abkommen modernisieren
Die Schweiz und China planen bereits seit längerem eine Weiterentwicklung des Abkommens. Nachdem die Gespräche lange auf Eis lagen, wird nun offenbar wieder Anlauf genommen. «Ich habe den Auftrag, neue Verhandlungen zu führen. Anlässlich des G20-Treffens konnte ich mit dem chinesischen Vizehandelsminister Wang Shouwen einen Termin vereinbaren», sagte Seco-Staatssekretärin Helene Budliger-Artieda im September zur «Handelszeitung». Sie hoffe, noch dieses Jahr nach Peking reisen zu können.
Während sich die Wirtschaft eine Modernisierung wünscht, ist die Kritik am Abkommen in den vergangenen Jahren allerdings nicht kleiner geworden. Neben menschenrechtlicher Bedenken spielen auch geopolitische Spannungen eine Rolle. Wegen der Unterstützung für Russland und wegen des Taiwan-Konflikts drohen westliche Sanktionen. Für die Schweiz wäre es daher nicht ohne Risiko, sich wirtschaftlich enger an China zu binden.