Verletzung der Menschenrechte, gefälschte Markenware
Bürgerliche Begeisterung für China bröckelt

Wie steht die Schweiz zum Reich der Mitte? Das Parlament ist dabei, die Beziehungen zur Grossmacht neu zu gestalten.
Publiziert: 12.09.2021 um 15:04 Uhr
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GLP-Nationalrat Fischer: «Dass Menschenrechte verletzt werden, ist eine Tatsache.»
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Lange galt das Freihandelsabkommen mit Peking in Bern als Hauptgewinn. Neidisch schielte die europäische Konkurrenz auf den privilegierten Zugang der Schweiz zum chinesischen Riesenmarkt. Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt.

Nicht nur Vertreter der Linken räumen ein, dass sich Wirtschaft und Politik doch nicht so leicht getrennt betrachten lassen – gerade im Umgang mit einer aufstrebenden Weltmacht, die einen anderen Kurs eingeschlagen hat als im Westen erhofft. Auch an der konkreten Ausgestaltung des Freihandels wird Kritik laut. Die von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis Anfang Jahr präsentierte China-Strategie geht vielen nicht weit genug.

Bundesrat soll Dialog führen

Dass Schweizer Firmen besser vor ausländischen Übernahmen geschützt werden sollen, gilt im Parlament bereits als beschlossene Sache. In der morgen beginnenden Herbstsession aber steht eine ganze Reihe von Vorstössen zur Debatte, die das Verhältnis der Schweiz zu China direkt berühren. Bemerkenswert: Sie stammen zum grossen Teil aus der Feder bürgerlicher Politiker. Noch wichtiger: Sie haben Aussicht auf eine Mehrheit.

Die GLP drängt darauf, dass der Bundesrat im Freihandelsabkommen ein Kapitel verankert, das die Einhaltung der internationalen Standards im Bereich Menschen- und Arbeitsrechte festhält. Dass Peking da mitmacht, scheint ausgeschlossen. Eine Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission (APK) unterstützt das Anliegen trotzdem. Es sei Aufgabe des Bundesrats, diesen Dialog mit China zu führen, sagt GLP-Nationalrat Roland Fischer (56). «Dass Menschenrechte verletzt werden, ist eine Tatsache, die niemand in Zweifel ziehen kann», so der Luzerner.

«Unwohlsein gegenüber der chinesischen Dominanz»

Eine Mehrheit der Aussenpolitiker im Ständerat votierte im Vorfeld für drei China-kritische Vorstösse, die nun im Rat traktandiert sind. Der freisinnige Ständerat Matthias Michel (58, ZG) plädiert dafür, dass sich die in China tätigen Akteure aus Wirtschaft und Politik besser koordinieren. Es sei ein Geben und Nehmen mit China, stellt er fest. «Die Schweiz profitiert, aber sie muss sich auch nicht verkaufen.»

Schärfer sind die Anträge des parteilosen Schaffhauser Ständerats Thomas Minder (60), Mitglied der SVP-Fraktion. Er verlangt im Kampf gegen «chinesische Piraterie-Ware» einen besseren Schutz Schweizer Marken und pocht auf Gleichstellung bei Firmenbeteiligungen: Während chinesische Investoren Betriebe in der Schweiz aufkaufen können, sind Investitionen im Reich der Mitte stark eingeschränkt. Grundsätzlich stellt Minder in Volk und Parlament «ein Unwohlsein gegenüber der chinesischen Dominanz» fest.

Menschenrechte dürfen nicht ausgeklammert werden

SP-Nationalrat Fabian Molina begrüsst das «langsame Umdenken der Bürgerlichen», warnt aber vor einer Blockade beim Freihandelsabkommen.

Wenn das Parlament darin die Menschenrechtsvereinbarungen stärken möchte, würden die Chinesen das nie und nimmer akzeptieren.

Zugleich werde seine Partei jede Erneuerung des Vertrags bekämpfen, die Menschenrechte ausklammere.

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